Weihnacht!. Karl May

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Weihnacht! - Karl May

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als er dies that, wurde die Thür geöffnet, und die Wirtin trat herein. Der liebe Franzl mochte darüber wohl ein wenig erschrecken, beherrschte sich aber unsertwegen so, daß ihm nichts anzumerken war. Mein Busenfreund duckte sich zusammen, als ob er der Schuldige sei. Die fremde Frau sah dem Kommenden mit sichtlicher Bangigkeit entgegen. Franzl brannte sich, um sich für den Kampf zu stärken, eine neue Cigarre an.

      Die Wirtin blieb erst ganz verwundert an der Thür stehen; dann kam sie langsam näher, bis sie vor ihrem Manne stehen blieb.

      »Was brennst du denn da, Franzl?« fragte sie ihn in einem eigentümlich freundlichen Ton, dessen Bedeutung ich damals noch nicht kannte.

      »Den Baum,« antwortete er mit ganz derselben Liebenswürdigkeit.

      »Warum?«

      »Weil's Weihnacht ist.«

      »Für wen?«

      »Für mich.«

      »Seit wann?«

      »Seit kurzer Zeit.«

      »So, so, schau, schau! Seit kurzer Zeit! Da sind die Lichte ein Viertel abgebrannt und vorher waren sie schon halb abgebrannt. Woher mag das wohl kommen?«

      »Weil es wahrscheinlich eine Sorte ist, die vom Verbrennen länger wird.«

      »So eine gute Sorte kenne ich nicht; die möchte ich mir auch gleich kaufen! Es wird aber wohl so sein, daß du erst die halben verbrannt und dann noch neue angezündet hast, damit ich nichts merken soll. Du hast gedacht, daß ich wie gewöhnlich nicht wieder hereinkommen werde. Ist es so, oder ist es nicht so, Franzl?«

      »Es ist schon so.«

      »Höre, ich will dir sagen: Es ist gut, daß du es wenigstens zusiehst! Also für dich brennst du den Baum?«

      »Ja.«

      »Nur für dich?«

      »Für mich und diese Herren Studenten.«

      »Dagegen hätte ich nichts, wirklich nichts, denn du bist auch einer gewesen, worüber wir beide noch heute unsere Freude haben. Also du brennst ihn für sonst weiter gar niemand?«

      »Nein.«

      »Schön! Jetzt sagst du mir die Wahrheit nicht. Du magst für dich und die Herren Studenten anbrennen, was und wann du willst, Wein trinken und Cigarren rauchen, so viel du willst, aber – aber –« und jetzt stieg ihre Stimme plötzlich um eine Septime höher, und sie stemmte die Hände in die Hüften – – »für wen, frag ich, hat er denn vorhin gebrannt, als die Wurst und der Kuchen und die Kleider und das Geld darunterlagen und dieser Herr Student ein so schönes Gedicht geredet hat, von dem ich jedes Wort verstanden hab'?«

      Jetzt sprang Franzl auf.

      »Weib,« rief er, »du hast gehorcht!«

      »Ja, gehorcht hab ich,« nickte sie triumphierend.

      »Wo?«

      »Dort am Fensterladen.«

      »Grad dort am Fenster, wo der Baum auf dem Tische steht?«

      »Ja, grad dort am Fenster, wo der Laden ein großes Astloch hat!«

      »Du, das machst du mir nicht wieder!«

      »Nicht? Warum sollte ichs nicht wieder machen? Das Haus ist mein; der Laden ist mein, und das Astloch ist also auch mein; ich kann hindurchgucken, wann es mir beliebt. Von dem ganzen Hause ist nicht einmal dieses Astloch dein, und du verschenkst mein Geld und meine Sachen und willst mir auch noch zu befehlen haben?«

      »Höre, beleidige mich nicht in Gegenwart von Studenten, sonst zeige ich dir, was Sapienti pauca heißt!«

      Er wußte höchst wahrscheinlich ebenso wenig wie sie, was diese beiden Wörter bedeuteten, dennoch verfehlten sie den Zweck, ihr zu imponieren, nicht. Er wollte ihr durch sein Latein nur zeigen, daß er ihr geistig überlegen sei; mochte sie nun dies anerkennen oder dem Worte pauca einen etwas gewaltthätigen Sinn beilegen, kurz und gut, sie antwortete:

      »Einverstanden! Pauke deine Sapienti jetzt, aber morgen früh sehen wir uns wieder!«

      Sie drehte sich um und ging hinaus.

      »Bei allen Heiligen,« seufzte er, indem er sich wieder niedersetzte, »sie hat gelauscht; sie hat alles gesehen und gehört! Dieses Astloch, das verteufelte! Na, morgen nagle ich es zu; ich nehme das dickste Brett und schlage es drauf!«

      Die Wirtin aber hatte die Thür nicht zugemacht, sondern nur angelehnt; sie war draußen stehen geblieben und hatte seine Worte gehört. Jetzt kam sie wieder herein, ging auf ihn zu, legte ihm die Hand vertraulich auf die Achsel und sagte lachend:

      »Franzl, ich weiß ein Brett, das so dick wie kein anderes ist; du hasts vor deinem Kopf. Nimm das und nagle es vor das Loch; dann geht nicht nur kein Blick, sondern sogar auch keine Kanonenkugel durch! Kennt dieser Mann seine Frau noch nicht! Sollte man das für möglich halten? Bin ich etwa eine Geizkatze, he? Sehe ich dir auf die Finger, wenn du Geld ausgiebst? Ist nicht alles, was wir verdienen, ebenso gut dein wie mein? Aber es ist mir nicht gleichgültig, wer in meinem Hause wohnt, und wenn du eine Christbescherung machst und meine Kleidungsstücke verschenkst, so will ich auch dabei sein und vorher erst gefragt werden! Den Kuchen, den du verschenkt hast, habe ich gebacken, und die Wurst habe ich mir langsam und mit saurer Mühe, weil das Schwein partout nicht fett werden wollte, heranfüttern müssen; da will ichs wenigstens wissen, wenn du etwas davon verschenkst! Also so etwas nicht wieder hinter meinem Rücken machen! Verstanden? Man muß nicht nur geben, sondern auch sparsam sein können! Und nun komm her, du alter überguter, offenhändiger Studente du! Da will ich dir nun auch etwas schenken, wenn es auch keine Speckwurst ist. Hier! Und damit gute Nacht!«

      Sie nahm ihn beim Kopfe und gab ihm einen Kuß von solcher Resonanz, daß er eigentlich eine volkstümlichere Bezeichnung verdiente. Dann ging sie wieder fort und machte die Thür nun wirklich hinter sich zu. Franzl sah ihr schmunzelnd nach, wischte sich den Mund mit dem Ärmel ab, schlug dann mit der Faust auf den Tisch und rief:

      »Hab ich's nicht immer gesagt, was für eine kreuzbrave Frau ich hab'? Wer eine andere Meinung von ihr hat, der mag nur herkommen; ich haue ihn zusammen, daß er sich selber nicht mehr finden kann! Das ist eine Frau, die sich gewaschen hat! Verstanden? Es giebt ihresgleichen nicht im ganzen, weiten Böhmerland! Wie hat sie mich geheißen? Du alter, überguter Studente du! Ja, die weiß, was für einen Mann sie an mir hat! Nicht so einen, der den Schnitt eines Buches nicht vom Rücken unterscheiden kann, sondern einen hochgebildeten und studierten Mann, der sein Latein versteht. Qui tangit picem, contaminabitur; so ist die Sache. Was sagen Sie dazu, meine lieben, hochgeehrten, jungen Freunde?«

      Ehe einer von uns beiden antworten konnte, stand Frau Wagner von ihrem Stuhle auf und sagte, indem sie sich mit der Hand über das schmerzlich verzogene Gesicht strich:

      »Auch ich habe gehört, was für eine brave Frau Sie haben und es thut mir leid, daß Sie sich meinetwegen beinahe mit ihr überworfen hätten. Müßte ich nicht Rücksicht auf meinen armen Vater nehmen, so würde ich noch diese Nacht, gleich jetzt, Ihr Haus verlassen; aber er muß und muß heut schlafen, wenn er morgen nicht im Schnee liegenbleiben und erfrieren soll. Dann werden wir Sie keinen Augenblick länger belästigen. Nehmen Sie meinen herzlichsten Dank, und leben Sie wohl, meine Herren!«

      »Aber,

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