Schlaflose Nächte. Carl Hilty

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Schlaflose Nächte - Carl Hilty

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sondern aus einer fremden Kraft, die sich nicht täuschen lässt — ganz im Gegensatz zu den meist sehr leichtgläubigen Kranken, die auf allen Wegen und allzu eifrig Hilfe suchen.

      Am allerwenigsten aber lässt sich eine solche Heilgabe durch ein Amt übertragen oder in besonderen Familien vererben. Es ist eine ganz individuelle Gnadengabe Gottes, die sich auch nicht an bestimmte Heilstätten oder sogenannte »Reichs-Gottes-Orte« bindet. Das gehört vielmehr schon in den Bereich des Aberglaubens, der auf diesem Gebiet stets bereit ist, die Stelle des Glaubens einzunehmen, sobald es ihm an völliger Reinheit und Freiheit von allem »Menschlichen« zu fehlen beginnt. Dann geht es gewöhnlich mit raschen Schritten abwärts, selbst bei guten Anfängen. Solche Beispiele sind zu allen Zeiten vorhanden gewesen und werden in unserer nächsten Zukunft wieder häufiger werden, da wir uns in einer großen Übergangs- und Entwicklungszeit sowohl der Theologie als auch der Medizin, und darin ganz besonders der Psychiatrie und der Nervenheilkunde, befinden.

      Von diesen Gesichtspunkten gehen die hier wiedergegebenen Gedanken für schlaflose Nächte aus. Die Einteilung in Tage eines Jahres ist eine ganz zufällige und unverbindliche, bloß dazu da, um eine natürliche Begrenzung zu gewinnen und eine Häufung von zu viel auf einmal zu vermeiden.

      Es sind keine Gedanken dabei, die nicht auf eigenem Nachdenken und eigener Erfahrung im Leben beruhen. Sie müssen aber in schlaflosen Nächten, oder doch vorzugsweise in schwerer Zeit gelesen werden; dafür sind sie am geeignetsten.

      Grund muss erst gegraben werden,

       Eh’ man Türme bauen mag,

       Und das Korn muss in die Erden,

       Vorher kommt kein Erntetag;

       Wir erfahren mit den Jahren, Was wir denen, die uns fragen, Von der Hoffnung Zions sagen. (Zinzendorf)

      »Wer rein nicht sein Gewissen nennen darf,«

       Sprach er, »wen eigne Schmach, wen fremde drücket,

       Dem schmeckt wohl deine Rede streng und scharf.

       Dennoch verkünde ganz und unzerstücket

       Was du gesehn, von jeder Schminke frei,

       Und lass nur den sich kratzen, den es jücket.

       Ob schwer dein Wort beim ersten Kosten sei,

       Doch Nahrung hinterlässt’s zu kräft’germ Leben,

       Ist des Gerichts Verdauung erst vorbei.«

       (Dante, Paradiso 17)

      Januar

      1. Januar

      Beständig in großen Gedanken zu leben und das Kleinliche zu verachten; das führt — im Allgemeinen gesprochen — am leichtesten über die vielen Beschwerden und Kümmernisse des Lebens hinweg.

      Der größte und zugleich allgemein fasslichste Gedanke ist jetzt der Glaube an Gott in der Form des Christentums.

      Es gibt aber auch seit jeher ein verkümmertes, zu eng geartetes Christentum, das dem Wesen und der Lehre Christi nicht ganz entspricht und schon viele hochgemute und hochgebildete Personen von ihr entfernt hat.

      Wenn dir dein Lebensglück am Herzen liegt, so lass dir das Christentum durch keine Theologie oder Kirchlichkeit ersetzen, sondern suche es selber an der Quelle auf, in den Evangelien, und auch in diesen vorzugsweise in Christus' eigenen Worten, die in keiner Philosophie ihresgleichen haben.

      Mt 21 GBG 67 GBG 691

      Man kann mitunter wählen, wie stark und sogar auf welche Weise man geläutert sein will. Aber darüber muss man sich klar sein, dass das reine Gold des Charakters nur aus einer kräftigen und öfter wiederholten Läuterung hervorgeht.

      Krankheit, richtig aufgefasst und benutzt, ist das leichteste Mittel dazu.

      Jes 43 10 2 Sam 24 13-16

      2. Januar

      Wenn ihr in mir bleibt und meine Worte in euch bleiben, werdet ihr bitten, was ihr wollt, und es wird euch widerfahren. (Joh 15 7)

      Dies ist vielleicht der denkwürdigste Ausspruch der ganzen Bibel. Wenn das wahr ist, so ist ja eine stets bereite Hilfe für alle Übel vorhanden, die den Menschen während seines Erdenlebens bedrohen.

      Dann ist es aber auch wahr, dass Christus, der dieses Wort spricht, kein gewöhnlicher Mensch war.

      Lass diesen Punkt aber, wenn es dir lieber ist, einstweilen noch dahingestellt sein und versuche vorerst die Voraussetzungen zu erfüllen, unter denen dieser Spruch Hilfe verheißt. Das kann dir auf keinen Fall schaden, vielleicht aber das Heil deines Lebens werden.

       GBG 1009

      3. Januar

      Das einzige vernünftige Ziel des Lebens ist die Beförderung des Reiches Gottes auf Erden, eines Reiches des Friedens und der Liebe, anstatt des Unfriedens und des Kampfes ums Dasein. Nur soweit wir daran mitgearbeitet haben, hat unser Leben einen Zweck und Wert gehabt. Und daran mitarbeiten kann jeder, durch Tun oder durch Leiden.

      GBG 652 GBG 656 GBG 785

      Beständig etwas Nützliches arbeiten, aber weder hetzen noch sorgen; Herr bleiben der Dinge, die an uns herankommen, und unserer eigenen Stimmungen, niemals sie Herr über uns werden lassen — das ist ein richtiges Programm für jedes neubeginnende Lebensjahr. Aber ausführbar ist es nur, wenn man mit dem Herrn aller Dinge in einem engen und festen Bund steht und sich entschließt, seiner Führung unbedingt zu folgen. Sonst ist jeder Mensch, auch der weiseste und mächtigste, ein Spielball der ihn umgebenden Menschen und Verhältnisse, gegen die er sich im besten Fall beständig zur Wehr setzen muss. Und das Leben ist dann eine mit jedem Jahr anwachsende Last von größtenteils kleinlichen und doch mühseligen Beschäftigungen, unter denen es zuletzt unfehlbar (und meistens kläglich) zusammenbricht.

      Die frommen Leute schlagen manchmal einen Mittelweg ein, indem sie zwar im Allgemeinen Gottes Führung wünschen, aber doch für gewisse Dinge, wie zum Beispiel Heiraten, Geselligkeit, Politik und Geldsachen eine eigene Abteilung des Denkens und Handelns haben, in die sie Gott nicht einmal gern hineinsehen lassen, geschweige denn, dass sie ihn darüber auch um Rat fragen. Denn sie wissen wohl, dass ihre Denkungsart nicht richtig ist und eigentlich aufgegeben werden müsste; aber sie sorgen, plagen und treiben sich und andere in diesen Dingen dennoch kaum weniger als alle Welt. Bloß wenn sie damit ins Unglück kommen, schreien sie wieder zu Gott um Hilfe. Das

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