Schlaflose Nächte. Carl Hilty

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Schlaflose Nächte - Carl Hilty

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Ich bin dir nunmehr herzlich feind;

       Du musst dich jetzt ergeben.

       Ergib dich freundlich in den Tod

       Und sieh, dich drein zu schicken;

       Sonst wirst du sicherlich noch Not

       Und Elend g'nug erblicken.

       II

       Ich räsonniere mit dir nicht;

       Ich halt' mich ganz im Stillen;

       Ich lass dir gern das höh're Licht,

       Behalt' ich nur den Willen.

       III

       So kenn' ich dich, so fand ich dich

       In tausend Niederlagen;

       Kein Mensch bezwingt dich, eig'nes Ich;

       Ein neuer Tag muss tagen.

       Ein andrer Geist, ein andres Herz

       Aus unbekannten Höhen,

       Um jeden Preis, um jeden Schmerz,

       Ich will's, du musst nun gehen!

      13. Januar

      Das Himmelreich auf Erden beginnt dann, wenn der Mensch außer der beständigen Gedankeneinheit mit Gott nichts mehr lebhaft wünscht. Etwas anderes kann auch kein künftiger Himmel sein, und ebenso kann vernünftigerweise nicht angenommen werden, dass ein Mensch ohne diese Gemütsstimmung in einen solchen passen und sich darin wohlfühlen würde.

      14. Januar

      Nur nicht rückwärtsschauen, sondern immer vorwärts, zuletzt sogar über dieses Leben hinaus. Rückwärtsschauen nützt gar nichts, außer: um etwas gutzumachen, was noch zu verbessern ist; sich vor begangenen Fehlern künftig zu hüten; und um empfangene Wohltaten dankbar zu vergelten.

      15. Januar

      Mit der Theologie als Wissenschaft halte dich auf friedlichen Fuße, und achte sie. Sie ist so viel wert wie andere Wissenschaften, aber auch nicht mehr, und für dein inneres Lebenswerk sind solche Kenntnisse nicht erforderlich. Das sagt uns Christus selber: Joh 3 3–12, Lk 10 21–23.

      Bei der Beurteilung geistlicher Personen — von den höchsten Würdenträgern der Kirchen bis zum Missionar oder der Diakonissin und barmherzigen Schwester — kommt es für uns Laien wesentlich darauf an, ob sie eine der großen geistlichen Gaben besitzen: die Gabe des Trostes, des wirksamen Bittens (Joh 15 7), der Krankenheilung (Mk 3 15, Mk 16 17–18), der Vergebung (Mt 18 18, Joh 20 23) oder der Weissagung, genauer gesagt, des richtigen Blickes für die Gegenwart und Zukunft oder des Geistes der Wahrheit (Joh 17 17, 1 Joh 5 20). Vertraue dich keiner Art von geistlicher Führung an, bei der nicht wenigstens etwas davon bemerkbar ist.

      Alles Übrige, theologische Gelehrsamkeit, kirchlicher Eifer, Talent zur Predigt oder was immer sonst, kommt nur in zweiter Linie in Betracht, ist sogar mitunter ein Hindernis für den Empfang der genannten Gaben. Diese können auch nicht erlernt und noch viel weniger durch irgendeine Ordination übertragen werden, sondern sind eine direkte göttliche Legitimation und heute noch so gut wie jemals in allen kirchlichen Genossenschaften möglich.

      Es liegt an dem geistlichen Stand selber, wenn diese Gaben in ihm nicht immer hinreichend vorhanden sind. Dieser Mangel, nichts sonst, ist der wahre Grund, wenn der geistliche Stand zeitweise an Bedeutung und berechtigtem Einfluss auf die Menschheit verliert.

      Lk 10 21 Lk 11 52

      Zu 4 Mos 26 61, 3 Mos 10 1–3, 1 Petr 4 17. Das kommt auch heute noch vor bei geistlichen Personen, die das Wort Gottes, das ihnen anvertraut ist, bloß geschäftsmäßig oder zu politischen oder kirchlichen Zwecken verkünden und nicht so, wie sie es schuldig wären. Der Untergang ihres eigenen geistigen Lebens ist die unmittelbare Folge davon.

      Es muss ja zu allen Zeiten und in jedem Volk eine Anzahl von Leuten geben, die mit sich und der Welt abgeschlossen haben, die für sich selbst keine Wünsche mehr haben und nur in richtiger Weise zur Hilfe für andere da sind. Das ist der wahre »Klerus«; wenn er diese Eigenschaften nicht besitzt, hat er wenig Wert. Wenn du dich imstande fühlst dazuzugehören, dann nimm keine Königskrone mehr dafür. Eine solche ist heutzutage auch nur noch etwas wert, wenn sie mit dieser Gesinnung getragen wird.

      16. Januar

      Dass man in der Gnade Gottes steht, wird gewöhnlich an zwei Dingen deutlich bemerkt werden: zunächst an einer oft ganz plötzlich und ohne äußere Veranlassung eintretenden ganz überirdischen Freudigkeit; sicherer aber noch daran, dass diesen Menschen nie etwas gelingt, was mit Egoismus verknüpft ist (was bei tausend anderen der Fall ist), dagegen Schweres und Ungewöhnliches merkwürdig wohl und leicht.

      Im Übrigen ist es müßig, darüber nachzudenken, ob man diese Gnade besitzt, oder nicht. Wer sie aufrichtig wünscht und bereit ist, sie allen anderen Lebensgütern vorzuziehen, der bekommt sie, ohne alle sonstigen Opfer oder Veranstaltungen; ja er hat sie vielmehr schon, und die oben genannten Zeichen werden auch folgen, so dass er bald nicht mehr daran zweifeln kann.

      17. Januar

      Der Werdegang, den die einzelne Seele in sich erfährt, wenn sie zu einem wirklichen inneren Leben kommt, ist gewöhnlich der folgende:

      Zuerst »wendet euch« — von den unbefriedigenden Weltbestrebungen zu Gott; vom Bösen oder von der Gleichgültigkeit zum Guten. Jes 45 22

      Sodann »trachtet zuerst nach dem Reiche Gottes«, das heißt vorzugsweise: nicht nebenher oder koordiniert mit anderem Streben. Mt 6 33

      Hierauf folgt die Zuversicht, alles wirklich Nötige und Wohltätige stets haben zu können. Joh 15 7, Joh 16 24

      Daraus entstehen am Ende zwangsläufig der beständige innere Friede und

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