Die Hohlgesinnten. Thomas Häring

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Die Hohlgesinnten - Thomas Häring страница 2

Автор:
Серия:
Издательство:
Die Hohlgesinnten - Thomas Häring

Скачать книгу

im Land zu unseren Angestellten, was bedeutete, daß sie sich bei uns krankmelden mußten, Urlaub beantragen gehörte ebenfalls zu ihren Pflichten, Bewerbungen hatten sie zu schreiben, Vorstellungsgespräche mußten sie führen, wenn sie denn mal zu einem eingeladen wurden, wir forderten und förderten unsere Arbeitslosen, wir schulten sie um, wir bildeten sie fort, kurz und gut, wir kümmerten uns so gut und intensiv es nur ging um sie, damit wir sie wieder möglichst schnell loswurden und in den ersten Arbeitsmarkt entlassen konnten. Dort wollte sie jedoch fast niemand haben, was ich, unter uns gesagt, durchaus verstehen konnte, denn bei unseren Arbeitslosen handelte es sich nicht unbedingt um die Crème de la crème der Gesellschaft, wenn Ihr versteht was ich meine. Wie die schon rumliefen, eine ästhetische und olfaktorische Zumutung, weil sie dazu meist auch noch fürchterlich stanken. Manche von ihnen schienen beweisen zu wollen, daß sich die Evolution umgekehrt hatte und der Mensch wieder auf dem besten Wege dazu war, ein Affe zu werden. Wir waren keine Menschenfeinde, doch wenn man jeden Tag mit dem Abschaum der Gesellschaft zu tun hatte, dann blieb einem einfach nicht Anderes übrig, als sich angewidert abzuwenden. Ich spreche dabei natürlich in erster Linie von meinen Kolleginnen und Kollegen, denn zu mir nach oben kamen ja nur die, die noch einen Funken Hoffnung in sich trugen und die wenigstens versuchen wollten, aus der Arbeitslosigkeit zu entkommen. Leider handelte es sich dabei jedoch nur um die Ausnahmen von der Regel, welche besagte, daß der normale Leistungsempfänger nur an seinen Rechten als Arbeitsloser, nämlich am Anspruch auf Kohle, interessiert war, nicht aber an seinen Pflichten, nämlich der gottverdammten, sich endlich einen Job zu suchen und nicht länger der Gemeinschaft auf der Tasche zu liegen! Und dann kamen sie immer angekrochen, die Klugscheißer sowie die Besserwisser und behaupteten, sie hätten ja jahrelang in das System eingezahlt und deshalb auch einen rechtmäßigen Anspruch auf die Moneten. Daß ich nicht lache! Warum bekommt dann ein Arbeitsloser, der 35 Jahre lang gearbeitet hat, nach einem Jahr das gleiche „Gehalt“ wie einer, der in seinem ganzen Leben noch nie einen Finger krummgemacht hat? Na also, damit wäre das doch auch eindeutig geklärt. Was sich diese komischen Leute immer alles einbilden! Einfach nur lächerlich und bemitleidenswert, aber Mitleid ist ein Zeichen von Schwäche und deshalb gab es keine Gnade mehr mit den Parasiten und Schmarotzern, welche den Sozialstaat aussaugten. Wir mußten uns gegen jene Brut erwehren, denn sonst hätte sie das ganze Land lahmgelegt und irgendwann ganz bestimmt zerstört. Wir konnten uns so etwas doch nicht gefallen lassen, das waren gemeingefährliche Terroristen, die nur Zerstörung im Sinn hatten. Außerdem ging es denen die ganze Zeit nur um sich selbst und ihr eigenes, kleines, beschissenes Leben. Wenn sie sich wenigstens für das große Ganze interessiert hätten, zum Beispiel einen Modellentwurf für eine neue, andere, von mir aus auch bessere Gesellschaft ins Spiel gebracht hätten, dann wären sie für mich noch einigermaßen ernstzunehmende Gesprächspartner gewesen, so aber waren sie für mich egoistische, kleingeistige, unbrauchbare Nichtstuer, welche ihre Klappe aufrissen und sich immer benachteiligt fühlten, obwohl sie selbst es waren, die es nicht gebacken bekamen, vernünftig und anständig zu arbeiten. Immer waren die Anderen Schuld, wenn in ihrem Leben etwas schieflief, sie hatten jedes Mal nichts damit zu tun und der beliebteste Sündenbock war meistens Vater Staat. Nein, das konnten und durften wir uns nicht länger anschauen, wir mußten einfach handeln und dagegen vorgehen, denn sonst hätten irgendwann die Arbeitslosen und Asozialen bestimmt, wofür in unserem Land die Steuergelder ausgegeben werden. Ich gebe ja zu, daß es auch unter den Managern, Bankern, Firmenchefs und Politikern schwarze Schafe gab, aber was sich da unter den Arbeitslosen alles tummelte, das wollte man eigentlich lieber erst gar nicht wissen.

      Vielleicht habt Ihr jetzt das Gefühl, daß ich übertreibe, um meine Taten, jene sogenannten Verbrechen gegen die Menschlichkeit, zu rechtfertigen, aber dem ist nicht so. Ich kann mir nach wie vor vor dem Spiegel in die Augen schauen und weiß, daß ich mir im Grunde nichts vorzuwerfen habe. Diese Arbeitslosen waren eine gigantische Bedrohung für unseren Staat, denn wir wurden sie einfach nicht los. Wie wir unsere Statistiken auch frisierten und fälschten, es blieben immer über sechs Millionen Hartz IV-Empfänger und auch wenn wir offiziell verkündeten, die Zahl der wirklich Arbeitslosen, also für den Arbeitsmarkt brauchbaren und zur Verfügung stehenden Leute, würde unter drei Millionen liegen, so wußten wir doch auch, daß wir den ganzen restlichen Menschenmüll ebenfalls zu unterstützen hatten und das war etwas, das uns störte, weil keine Aussicht bestand, daß sich daran irgendwann mal etwas ändern würde. Aber damit nicht genug, diese Kretins vermehrten sich auch noch wie die Karnickel und es stand zu befürchten, daß irgendwann sowohl die deutsche als auch die muslimische Unterschicht die Macht in Deutschland an sich gerissen hätten und das konnten wir ja nun wirklich nicht zulassen. Die Hartzies und Neohartzies rammelten wie die Wilden, sie dachten immer nur ans Ficken, aber nie ans Verhüten und produzierten so einen Leistungsempfänger nach dem anderen. Ja, so sah es damals aus im Land und wer heute so tut, als wären wir Schurken, Halunken und Verbrecher, der sollte sich erst mal mit den damaligen Zuständen auseinandersetzen und die Frage beantworten, wie er denn auf solche Gefahren und Herausforderungen reagiert hätte. Man muß sich das einmal vorstellen, es gab seinerzeit tatsächlich ein Elterngeld für Hartz IV-Empfänger, eine völlig sinnlose Geldverschwendung sondergleichen und daß das dann mit der Stütze verrechnet wurde, war nicht nur zwangsläufig und dringend notwendig, sondern die einzige Möglichkeit, um das Staatsschiff halbwegs auf Kurs zu halten. Schließlich konnte und durfte man die Arbeitslosen und Asozialen nicht länger auch noch mit Geldgeschenken dazu ermuntern, sich fortzupflanzen; ganz im Gegenteil, eigentlich hätte man die alle zwangssterilisieren müssen, aber so leicht war das damals halt nicht, denn in Deutschland trug man die eigene, nicht immer glorreiche Geschichte wie eine Monstranz vor sich her und entschuldigte sich andauernd für die Taten der Großväter, obwohl man damit eigentlich überhaupt nichts mehr zu tun hatte. Wie dem auch sei, wir hatten jedenfalls mit unserem Arbeitslosenproblem zu kämpfen und da uns die deutsche Wiedervereinigung nicht nur Friede, Freude und Eierkuchen sowie Einigkeit und Recht und Freiheit, sondern auch jede Menge zusätzliche Arbeitslose gebracht hatte, blieb uns nichts Anderes übrig als gegenzusteuern. Meistens versuchte man das mit Steuererhöhungen, aber in dem Fall mußten drastischere Maßnahmen ergriffen werden, denn wer fast keine Steuern zahlte, den störten Steuererhöhungen nicht sonderlich. Wir mußten den Arbeitslosen im Land klarmachen, daß wir kein Interesse mehr daran hatten, sie noch länger durchzufüttern und deshalb begannen wir damit, die Gesetze zu verschärfen und die Leistungsempfänger dazu zu zwingen, endlich mehr Eigeninitiative zu zeigen. Aber es blieb kompliziert, denn die sahen zum Beispiel überhaupt nicht ein, warum sie sich von einer Zeitarbeitsfirma ausbeuten lassen sollten oder was es ihnen bringen würde, einen 400 Euro-Job anzunehmen, sie weigerten sich weiterhin und blieben stur. Na ja, es war eben alles Interaktion, nicht wir allein waren die vermeintlich Bösen, sondern jene Sturköpfe zwangen uns dazu, sie zu sanktionieren und ihnen ihr Geld vorzuenthalten. Sie bekamen nur noch Essensgutscheine und das machte dann schon Eindruck auf sie, auch wenn der leider nicht lange anhielt. Aber der Staat hatte endlich seine Zähne gezeigt und deutlich gemacht, daß nun endgültig Schluß mit lustig war und alle, die noch glaubten, daß es sich dabei nur um einen Bluff handelte, sollten noch ihr blaues Wunder erleben.

      Ich persönlich hatte grundsätzlich überhaupt nichts gegen die Arbeitslosen, allerdings sah ich es genauso wie viele Millionen meiner Landsleute einfach nicht ein, warum die für ihr Nichtstun auch noch belohnt, also bezahlt, wurden. Das machte aus meiner Sicht wenig Sinn, denn auf diese Art und Weise verstärkte man ihr Fehlverhalten auch noch positiv und so verwunderte es nicht, daß viele Leistungsempfänger keinen Bock darauf hatten zu arbeiten, denn wenn sie mit Rumlungern fast dasselbe verdienten, wieso sollten sie sich dann den Arsch aufreißen? Das war eben das Grundproblem in unserem Land: Der Abstand zwischen Hartz IV und den niedrigsten Löhnen war viel zu gering, so daß man die Arbeitslosen in gewisser Weise auch verstehen konnte. Wir vom Staat aber mußten hart durchgreifen, denn sonst hätten sich noch mehr Leute arbeitslos gemeldet und niemand hätte mehr im Niedriglohnsektor arbeiten wollen. Ich bin wirklich nicht der Meinung, daß nur ein Leben mit Arbeit lebenswert wäre, doch wer nicht arbeiten will, der soll gefälligst selber schauen, wie er über die Runden kommt und nicht die Hand aufhalten, das ist meine Auffassung. Ich weiß, solche Sätze klingen ziemlich schroff und abweisend, aber das Zeitalter der christlichen Nächstenliebe, das an Scheinheiligkeit und Doppelmoral nicht zu überbieten gewesen war, ist nun mal zum Glück endgültig vorbei, von daher können wir uns endlich wieder auf das Wesentliche

Скачать книгу