Kowalskis Mörder. Ole R. Börgdahl

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Kowalskis Mörder - Ole R. Börgdahl Marek-Quint-Trilogie

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Margarine, in Papier eingewickelter Käse, der an der Frischetheke eines Supermarktes gekauft worden war, drei Becher Naturjoghurt. Thomas schloss die Kühlschranktür wieder. Er sah sich weiter um. Genauso wie der kleine Esstisch und ein einzelner Stuhl passte dies alles zu einem Singlehaushalt. Dann stellte Thomas fest, dass sein Schuh backte. Der Fliesenboden war an einer Stelle klebrig. Irgendetwas Zuckerhaltiges hatte getropft. Ansonsten war der Boden sauber. In einer Ecke der Küche hing ein Besen mit Kehrblech an der Wand, so dass sich auch nirgends Brotkrümel fanden.

      Das fensterlose Bad prüfte Thomas im Schnelldurchgang. Alles war sehr sauber, keine Wasserflecke in der Badewanne, selbst der Duschvorhang war trocken, obwohl es immer noch nach einem Dusch- oder Schaumbad roch. Thomas sah sich die Fläschchen und Tuben auf der Ablage über dem Waschbecken an. In einem Glas stand nur eine einsame Zahnbürste. Auf einem Hocker lag eine Kulturtasche, die Kerstin aber vermutlich nicht gehörte, weil sie mit Metall- und Kunststoffhaarspangen angefüllt war.

      Thomas schaltete das Licht im Bad wieder aus und ging über den Flur ins Schlafzimmer, in dem nur ein Einzelbett stand. Auf dem Teppichboden waren aber noch die Abdrücke eines Doppelbettes zu erkennen. Mit diesem Möbel musste das Schlafzimmer recht beengt gewesen sein, während jetzt zwischen Bett und dem dreiflügeligen Kleiderschrank ausreichend Platz war. Thomas öffnete den Schrank, warf aber nur einen kurzen Blick hinein. Ihm fiel ein rotes Abendkleid auf, an dem noch die Preisschilder hingen. Er verzichtete darauf, weiter in Steffanie Hartfelds Privatsphäre zu wühlen und verließ das Schlafzimmer wieder.

      Das Wohnzimmer war der letzte Raum, den er sich näher ansah. Neben einer hellbezogenen Zweiercouch, einem dazu passenden Sessel, einem Beistelltisch und einer Schrankwand mit Fernseher, gab es in einer Ecke des Wohnzimmers noch einen kleinen Schreibtisch, bei dem eine der beiden Schubladen ein wenig vorstand. Thomas zog die Schublade vorsichtig auf. Der Inhalt war offensichtlich durchwühlt worden. Es war keine auffällige Unordnung, doch sein geschulter Blick erkannte sofort, dass jemand etwas in der Schublade gesucht hatte. Es war die Art, wie die Dinge, wie Papiere, ein Locher und ein Etui mit Schere und Brieföffner wieder in die Schublade einsortiert worden waren. Durch den Fund alarmiert öffnete Thomas auch die zweite Schreibtischschublade. Eine Schatulle mit einem teuren Federhalter. Der Schnappverschluss war geöffnet, der Inhalt aber vollständig.

      Thomas griff mit der Hand in die Tiefe der Schublade, ertastete das raue Holz und fand nur einen alten Kassenbon vom MediaMarkt. Der Kauf eines billigen Handys mit Schutzhülle. Das Telefon selbst war aber auch nach weiterem Tasten nicht in der Schublade zu finden. In der Schrankwand neben dem Schreibtisch standen neben dem Zweiunddreißig-Zoll-Flachbildfernseher genau zwei Aktenordner. Und wieder ein Indiz. Die Klemmbügel, mit denen Rechnungen und andere Korrespondenz fixiert wurden, waren nachlässig über die Bügel geschoben, so dass sich das Papier in den stehenden Ordnern bog. Entweder war das alles die normale Ordnung von Steffanie Hartfeld oder jemand hatte sich genauso wie Thomas jetzt, in der Wohnung umgesehen.

      Thomas zögerte mit seiner letzten Untersuchung, doch dann nahm er sich noch einmal jeden einzelnen Raum und alle Möbel und Gegenstände darin vor. Er suchte nach Spuren eines Kampfes, nach angetrocknetem Blut auf den Holzflächen, nach abgestoßenen Kanten, nach Kratzern. Er suchte nach Spuren auf dem Teppichboden, den Fliesen und an den Türrahmen. Er wiederholte seinen Rundgang ein zweites Mal. In der gesamten Wohnung waren allerdings keine Tatortspuren zu finden oder doch zumindest nicht mit bloßem Auge zu erkennen. Die Arbeitsplatte in der Küche wies allerdings einige Rillen auf, die von einem Messer stammen konnten, aber wahrscheinlich nur gewöhnliche Gebrauchsspuren waren.

      Auf dem Weg aus der Wohnung kontrollierte Thomas als letztes die Garderobe und die Kleidungsstücke, die darin hingen. Er zog den Vorhang ganz auf, bückte sich als erstes und wühlte in einem Knäul von Schals, die am Boden der Garderobe in einer Klappbox lagen. Außer den Schals und einem Paar Wollhandschuhen fand er nichts. Er richtete sich wieder auf und verschob jetzt die Jacken und Mäntel, die auf der dünnen Garderobenstange hingen. Er musste aufpassen, denn die Stange war auf der rechten Seite ein Stück aus der Halterung gerutscht.

      Er war vorsichtig, als er die Taschen der einzelnen Kleidungsstücke durchsuchte, um die Garderobe nicht zum Absturz zu bringen. Erst jetzt fiel ihm die dunkelrote Wellensteyn Jacke mit dem schwarzen Pelzbesatz auf. Eine solche Jacke derselben Marke und derselben Farbe hatte Kerstin noch letzte Woche getragen. Es konnte ein Zufall sein. Thomas schlug die Jacke auf und roch am Innenfutter, in das das Label Belvedere eingenäht war. Ein Hauch Chanel Nr. 5, Kerstins Parfum, was ebenfalls ein Zufall sein konnte.

      Thomas dachte an die Ablage im Badezimmer. Welches Parfum benutzte Steffanie Hartfeld? Er konnte sich weder an einen Flakon, noch sonst an irgendein Parfum erinnern. Vielleicht bewahrte sie es im Schlafzimmer auf. Er schloss das Innenfutter der dunkelroten Wellensteyn Belvedere diesmal um seinen Kopf und atmete erneut tief ein. Und da war er, dieser leichte Geruch, den Uneingeweihte vielleicht nicht einmal wahrnahmen.

      Thomas testete weitere Kleidungsstücke, die in der Garderobe hingen. Hier nahm er bei zwei Mänteln und einer schwarzen Lederjacke sofort ein anderes Parfum wahr. Es war eindeutig ein anderer Geruch. Kerstins Jacke hing in Steffanie Hartfelds Garderobe. Der Februar war kalt und Kerstin wäre ohne dieses Kleidungsstück niemals freiwillig nach draußen gegangen. Thomas überlegte. Es gab aber noch andere Erklärungen. Kerstin hatte eine zweite Jacke dabei und die Wellensteyn hier nur bei ihrer Freundin Steffanie vergessen. Es gab noch keinen Grund alarmiert zu sein und auch der Zustand der Wohnung, die kaum sichtbare Unordnung, mochte eine einfache Erklärung haben.

      Thomas überlegte. Er zückte sein Smartphone und hatte auch den Zettel mit Mareks E-Mail-Adresse zur Hand. Er übernahm die Adresse erst einmal in seinen Kontakten. Dann begann er eine Nachricht zu schreiben. Nach den ersten Worten zögerte er und sah auf die Uhr. Marek würde die Nachricht zur nächsten vollen Stunde abfragen, wenn überhaupt, und wenn er Kai Bokels Handy benutzen konnte. Thomas löschte, was er geschrieben hatte und begann von vorne. »WOHNUNG IN KÖPENICK LEER. NICHTS AUFFÄLLIGES. SUCHE WEITER.«

      *

      Marek stand draußen vor dem Säulengang und betrachtete die Reliefskulpturen, die die Eingangstür zur Schwimmhalle in der Finckensteinallee zierten. Diese Art der Kunst war noch häufig in Berlin zu sehen. Es waren die Gegenstücke der sogenannten entarteten Kunst. Das ganze Gebäude trug den Stempel der Zeit und dennoch war die Schwimmhalle zweckmäßig und musste von dem ideologischen Gedankengut losgelöst werden. Es war heute eben nur ein Schwimmbad, das seit kurzer Zeit wieder der Öffentlichkeit zugänglich war.

      Marek ging ein Stück weiter an die Stirnseite des Gebäudes vorbei hinter die Schwimmhalle. Hier gingen die Sprossenfenster von der Decke bis hinunter zum Boden. Wasser spiegelte sich in den Scheiben. Im Inneren brannte Licht. Marek vermied es, vor eines der Fenster zu treten. Er ging einen kleinen Weg entlang, der von der Schwimmhalle wegführte und hinter einer Hecke verlief. Am anderen Ende näherte er sich wieder dem Gebäude und kam schließlich zurück auf den Parkplatz. Er ging zu seinem Wagen und wollte gerade einsteigen, als ein bulliger Audi Q7 vorfuhr.

      Der Wagen bremste zunächst, rollte dann ein Stück weiter, direkt auf Marek zu und kam einige Meter vor ihm zum Stehen. Die Fahrertür öffnete sich. Ein Mann im blauen Anzug mit dunkelblauer Krawatte stieg aus und musterte Marek ein, zwei Sekunden.

      »Bist du KOK Marek Quint?«

      »Kollege Bokel?«, stellte Marek die Gegenfrage.

      Kai Bokel lächelte, schlug die Fahrertür hinter sich zu und streckte Marek die Hand entgegen.

      »Sorry, wir haben uns ein wenig verspätet. Wartest du schon lange?«

      Marek schüttelte den Kopf. »Kein Problem, ich war extra ein paar Minuten früher hier, um mir die Lokation anzusehen.«

      Kai nickte und trat näher an ihn heran. »Ich hätte den

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