Fremd- oder Selbstbestimmung?. Frank Föder
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Zwar verhungert oder erfriert in den westlichen Demokratien kaum ein Bürger. Auch das aber ist nicht das Verdienst der staatlichen Sozialämter. Ohne die Tätigkeit gemeinnütziger Privatdienste bliebe eine Vielzahl nötiger Hilfen aus.
Aus nachhaltiger Sicht ist besonders bedeutsam, daß das demokratische System die Regierungen zwingt, den Bürgern beständig Verbesserungen darzureichen. Ihre Abhängigkeit von Wahl und Wiederwahl nötigt die hohen Amtsträger, ihre Mitbürger fortwährend neu zu beglücken. Demokratie lebt vom Wachstum. Nur gesteigerter Konsum bietet ihr Halt. Damit aber steht sie der ökologischen Anforderung zum Maßhalten diametral entgegen.
Die Institution stellt Ansprüche. Um diese zu befriedigen, reichen die Staatseinnahmen zumeist nicht aus. Die Regierungen sind gezwungen, Verbindlichkeiten einzugehen. Sie häufen Schulden an. Dies gegenwärtig in unvorstellbarer Menge. Schon lange ist klar, daß die gewaltigen Schuldenberge durch Sparanstrengungen nicht mehr zu beseitigen sind. Helfen könnten nur Formen der Enteignung. Die aber sind den Bürgern nicht zuzumuten. Deshalb mindern die Regierungen die Folgen ihrer Überschuldung, indem sie weitere Verpflichtungen aufnehmen. Sie setzen auf einen Schelm anderthalbe.
Die Staaten leben in einem Ausmaß auf Pump, für das die Geschichte kein Beispiel kennt. Das verbreitete Motto „Der Staat zuerst!“ (America first) heißt nichts anderes als „Nach uns die Sintflut!“.
Bisher haben sich die Staaten durch das Anzetteln eines Kriegs saniert. Dabei befanden sich ihre Vorgänger nie in einer so schlimmen Lage, wie die gegenwärtigen.
In der Monarchie galt Politik als schmutziges Geschäft. Von der Demokratie wurde erwartet, daß sie sie zum Besseren läuterte.
Doch gerade in ihr führt höchster Einsatz auf diesem Gebiet in fast allen Fällen zur Vermehrung und Verschlimmerung der Probleme. Wahrscheinlich ist die Politik ein Teil von jener Kraft, die das Gute will und stets das Böse schafft (frei nach Goethe).
Es mag durchaus rechtschaffene Damen und Herren in den Palästen und Kanzleien geben. Der Staat aber degradiert seine Vorstände zur Handlangerschaft, läßt sie vollstrecken, was seiner Eigenart, seiner Natur entwächst.
Der Staat verdirbt jeden, der in seinen Dienst tritt. Wer in ihm ein Amt übernimmt, hat der Institution förderlich zu sein, hat ihren Nutzen zu mehren, sie größer, mächtiger, sicherer zu machen. Die Bedürfnisse der Einrichtung selbst haben Vorrang vor allen anderen Anliegen. Die Begehren des Bürgers, auch die Belange der Umwelt, landen unvermeidlich im Drittrangigen. Ehrbarkeit kann sich kein Staatsdiener bewahren
Täglich wird die Welt Zeuge, wie irgendein Potentat mit gewaltigem Pomp vor dem Palast einer Kapitale empfangen wird. Er wird nach Stunden oder Tagen voller Prachtentfaltung mit gleichem Gepränge verabschiedet, ohne daß sein Besuch von Nutzen für die Bürger des betroffenen Staates oder gar für die Menschheit als ganzer war.
Die humane Welt torkelt unübersehbar auf einen Abgrund zu. Diejenigen aber, die in ihr das Sagen haben, schieben die Problemlösung in die Zukunft, verschlimmern derweilen, was ansteht, ereifern sich ersatzweise über Nebensächlichkeiten und haben Zeit und Geld für jede Menge Firlefanz. Es muß erlaubt sein zu fragen, ob die Erdenbürger noch bei Trost sind.
Von dem als Demokratie gestalteten Staat sei Friedfertigkeit zu erwarten, weil in ihm der Bürger das Sagen habe. Das war ein Ausgangspunkt dieser Erörterungen. Dem wissenschaftlichen Mainstream gilt diese Auffassung nach wie vor als Grundpfeiler ihrer Veröffentlichungen.
Wer mitentscheiden soll indes, braucht vorab zutreffende Informationen.
Auch demokratische Regenten jedoch können auf Propaganda, jene Erfindung der Alleinherrscher, nicht verzichten. Daß der Bürger absichtsvoll fehlinformiert wird oder gar vorsätzlich irregeführt, ist in der Demokratie der Neuzeit keine Erscheinung, die als außergewöhnlich zu betrachten ist.
Aktuell zum Beispiel wird der Wähler in Europa über die Modalitäten des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) getäuscht. In seinem Vertragstext wecken Formulierungen den Anschein, als würde der Fond im Falle der Insolvenz eines Staates den Status eines „bevorrechtigten Gläubigers“ haben. Daß dies der Fall sei, behaupten dessen Schöpfer, die 17 Finanzminister, gegenüber den Parlamentsabgeordneten, um deren Zustimmung zu erhalten. Für den Kenner jedoch gibt die genaue Analyse des Textes diesen Sachverhalt nicht her (Siehe dazu Deutsche Wirtschaftsnachrichten vom 18.7.2012: „Juristische Analyse enttarnt ESM-Vertrag als Täuschung des Steuerzahlers“).
Die Berichte der Sachverständigen sind oft sehr umfangreich. Der Dritte Teilbericht zum fünften Sachstandsbericht des Intergovernmental Panel of Climate Change (IPCC) vom April 2014 ist mehrere Tausend Seiten stark. Sein Technical Summary umfaßt immer noch 99 Seiten. Daraus fertigten deutsche Ministerien eine Zusammenfassung der „Kernbotschaften“ auf vier Seiten. In dem Bericht geht es um die Frage, welche Maßnahmen geeignet seien, die Erderwärmung einzudämmen. Zur deutschen Klimapolitik bemerkten die Fachleute (235 Wissenschaftler aus 58 Ländern), daß sie den nötigen Nutzen nicht erbrächte. Die Kurzfassung aber, die das deutsche Umweltministerium den Medien übereignete, stellt die Sache so dar, als habe das IPCC das Gegenteil erklärt.
Wenn ein demokratisch gewähltes Staatsoberhaupt zu einer wahrscheinlich von der Mehrheit seiner Mitbürger nicht getragenen Maßnahme entschlossen ist, scheut es selbst die handfeste Manipulation nicht. Durch eine kaltblütige Täuschung sind die Bürger der USA dazu gebracht worden, dem Eintritt ihres Landes in den Zweiten Weltkrieg zuzustimmen. Und auch der Krieg gegen den Irak ist den US-Bürgern durch vorsätzlich gefälschte Angaben annehmbar gemacht worden.
Was gewichtige Entscheidungen anbelangt, so ist unbenommen, daß ein Regierungschef nicht stets vor jeder Kreuzwegsituation das Parlament oder gar das Volk befragen kann. Dennoch sollte man annehmen, daß in der vermeintlich perfektesten aller Staatsformen bedeutende Schritte stets von mehreren Weitblickenden abgesegnet werden. Indessen, selbst die Entscheidung über Krieg und Frieden liegt auch in der modernen Demokratie oft in der Hand eines einzelnen Menschen. Man denke nur an Kennedy, der in die Schweinebucht einfallen ließ und dadurch den Anstoß für die Kubakrise gab, und an Nixon, der den Vietnamkrieg forcierte.
Von George Bush junior und Wladimir Putin wird folgender Deal kolportiert: Laß du mich, sagte der Amerikaner, in Afghanistan einfallen, dafür halte ich still, wenn du deine Tschetschenen umbringst.
Immerhin, die Bürger der USA haben den Abzug ihrer Truppen aus dem Irak erzwungen. In Afghanistan müssen Soldaten der Großmächte noch standhalten, weil deren Regierungen ihr Gesicht nicht verlieren wollen.
Je größer ein Staat ist, um so mehr werden dessen Vorsitzer verführt, der Institution statt dem Bürger zu dienen. Dies in erster Linie, weil dem Gebilde Eigenheiten innewohnen und mit der Größe zuwachsen, denen kein Mitglied der Administration sich entziehen kann. Dabei ist nicht nur an den Gebietsfetischismus und den Wirtschaftsenthusiasmus zu denken. Hinzu kommen Emotionen, die aus der Geschichte hervorgehen oder schlicht aus dem Staatsverständnis. Jedes Oberhaupt eines Staates muß dessen Fahne hoch halten.
Demokratie gehorcht eindeutig nicht dem Wünschen und dem Wollen ihres Souveräns, des Bürgers. Sie hat eigene Ansprüche, die ihre Diener zu erfüllen haben.
Zusammengefaßt ist zu konstatieren: Der Staat als Demokratie leistet nicht, was eine gedeihliche Ordnung darreichen muß. Sein Bürger erhält keine Sicherheit vor Verletzung und Verlust. Statt dessen wird er fortgesetzt betrogen. Ihn