Changerider. Philipp Depiereux

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an. Er hat nichts zu verlieren, sondern muss stattdessen angreifen. Er muss Investoren eine möglichst große Geschichte erzählen. Er muss zeigen, wie umfangreich und bedeutungsvoll die Veränderung ist, die er mit seinem Start-up erreicht.“

      Auf der einen Seite sind also die Start-up-Revoluzzer, die alles hinterfragen. Die jeden Stein umlegen und etwas komplett Neues bauen müssen, um für Investoren attraktiv zu sein. Auf der anderen Seite sind die Verantwortlichen etablierter Unternehmen, die schützen müssen, was da ist, und dementsprechend vorsichtig agieren. „In den meisten Branchen herrscht ein enormer Druck. Man hat vieles ausoptimiert, hat also kaum Handlungsspielraum. In dieser Situation fehlt Unternehmen die Freiheit, ein Team allein für die Disruption aufzustellen.“ Allerdings stehen auch Start-ups irgendwann vor Prozessen, in denen etablierte Unternehmen mehr Know-how haben. Dann sind etablierte Unternehmen Best Owner für Start-ups. Ein Nutzen für beide Seiten: Das Start-up profitiert von den Erfahrungen und Kontakten der etablierten Organisation. Die wiederum entwickelt durch die Zusammenarbeit eine Offenheit, nicht sofort mit Konzern-Instrumenten zu agieren – erst recht, wenn man später das Start-up in den Konzern integrieren möchte. Ist ein Start-up jedoch zeitgemäßer aufgestellt und erfüllt die Kundenbedürfnisse besser, kann ein radikaler, aber Erfolg versprechender Weg sein, das etablierte Geschäft ins Start-up zu integrieren. „Das sollte aber behutsam erfolgen. Etablierten Organisationen ihre DNA zu nehmen, kann ihr Geschäft ebenso gefährden, wie einen 25-Jährigen Start-up-Gründer zum CEO eines etablierten DAX-Konzerns zu machen.“

      Erfolgreiche Unternehmer glauben, Herr ihres Schicksals zu sein. Wer immer anderen die Schuld gibt, nie um Ausreden verlegen ist, sollte daher nicht Unternehmer werden. Der nämlich hat stets die Verantwortung für alles – und kann sich entsprechend nur an die eigene Nase fassen. „Zum anderen haben erfolgreiche Unternehmer ein ordentliches Selbstbewusstsein. Ihr Glaube, dass sie ihre hochgesetzten Ziele auch erreichen, lässt sie bisweilen allerdings auch unangenehm erscheinen. Außerdem, und das differenziert wahrscheinlich am meisten, haben sie den Biss oder die Triebfeder nach dem Motto: Ich will irgendjemandem irgendetwas beweisen.“

      „Ich bin ein großer Fan von Frauen als Unternehmerinnen!“

      Schoss weiß, wovon er spricht, denn der Entwicklung von Scout24 stand die Selbstüberschätzung der Gründer im Weg. „Wir haben mit Scout24 viel zu früh expandiert. Zwar war die Überlegung richtig, wenn man zu den First Movern gehören will. Wir haben uns jedoch total überschätzt, dass wir das alles gleichzeitig stemmen können. Zu diesem Zeitpunkt gab es ja nicht nur Auto- und ImmobilienScout24, sondern auch HealthScout24, Finance-Scout24 usw.“ Am Ende schufen die Gründer aber dennoch ein durchaus profitables Unternehmen mit ImmobilienScout24 in Deutschland und der Schweiz sowie ein paar anderen AutoScout24-Ländern. „Man kann sich viele Fehler erlauben, wenn man ein Geschäft mit hoher Marge hat. Heute allerdings beschäftige ich mich mehr und mehr mit Social Entrepreneurship, wo die Marge schon minimal ist. Wenn du dann zwei Fehler machst, bist du eigentlich schon erledigt.“

      In Deutschland sind Vorstände noch immer überwiegend männlich, nur wenige Frauen schaffen den Karrieresprung nach ganz oben. Dabei ist ihr Einfluss auf Unternehmen positiv, wie die Studie „Empirical Studies on Gender Diverse Boards: Be Aware of the Value Bias in Corporate Debt“ zeigt. „Ich bin ein großer Fan von Frauen als Unternehmerinnen! Leider sind immer noch viel zu wenig in Führungspositionen oder in Gründerteams. Ein Unternehmen meiner Frau beispielsweise führt Persönlichkeitsmessungen durch, die bei Rekrutierungsprozessen und Teambildungen zum Einsatz kommen. Damit werden Persönlichkeitseigenschaften wie Dominanz, Sicherheitsorientierung, Empathie, Rationalität, Bindungsorientierung etc. abgefragt. Bisher haben über 40.000 Menschen an der Messung teilgenommen. Der Mittelwert der Männer zeigt dabei, dass sie dominanter, also durchsetzungswilliger sind. Der Mittelwert der Frauen zeigt, dass sie sicherheitsorientierter sind. Das ist jetzt sehr allgemein, aber vielleicht ist das Verhalten genetisch programmiert: Frauen bekommen die Kinder, haben vor allem in der Schwangerschaft die Verantwortung, eine Sicherheitsorientierung hat sich also bewährt.“

      „Ein exzellentes Gründerteam hat mindestens eine Frau“

      Gläserne Decken oder verkrustete Rollenmuster erschweren Frauen nach wie vor den Weg in die Führungsetagen. Sinnvoll ist sicher nicht, Frauen wider ihrer Natur risikofreudiger zu machen. Ferner hat Risikoaversion in einem Gründerteam auch einen bedeutenden Beitrag. „Ich würde Frauen nicht zu besseren Männern machen, denn ihre vielen positiven Eigenschaften wie stärkere Bindungsorientierung und Empathie sind neben Vision, Durchsetzungswillen und Perfektionismus essenzielle Elemente eines guten Gründerteams. Daher hat meiner Meinung nach ein exzellentes Gründerteam mindestens eine Frau.“ Der Female Founders Monitor macht deutlich, dass Frauen in der Start-up-Welt unverändert drastisch unterrepräsentiert sind. Vor allem externe Finanzierungen sowie die Vernetzung zur etablierten Wirtschaft stellt Gründerinnen-Teams vor große Herausforderungen. „Männer verfügen meist über enormes Selbstvertrauen und Selbstbewusstsein – wichtige Eigenschaften für gute Unternehmer. Sie haben das Gefühl, ihnen gehört die Welt und erobern sie. Frauen hingegen sind sehr viel bescheidener, treten weniger aggressiv auf – vor allem beim Erobern. Und auch wenn Start-ups vor allem Märkte erobern müssen, empfehle ich Gründerteams, mehr Frauen in die Führungsebene zu holen. Denn Unternehmen mit einem hohen Anteil weiblicher Führungskräfte gelingt es besser, ihre Risiken zu senken und nachhaltigen Erfolg sicherzustellen.“

      „In unserer Zeit mit der hohen und weiter beschleunigenden Veränderungsgeschwindigkeit braucht es politische Start-ups“

      Disruption entsteht immer dann, wenn alte Systeme träge werden, überheblich sind und keine Vision haben. Daher kommt Disruption auch mehr aus Start-ups und weniger aus etablierten Unternehmen. Und auch die Politik mit ihren sehr traditionellen Strukturen und ihren etablierten Parteien agiert träge, selbstgerecht und zukunftsblind. „In unserer Zeit mit der hohen und weiter beschleunigenden Veränderungsgeschwindigkeit braucht es politische Start-ups. Wir brauchen in der Politik das revolutionäre Denken, was sich in der Wirtschaft und den Start-ups bereits niederschlägt – und so die Wirtschaft enorm belebt. Das lässt unsere aktuelle Politik praktisch aber nicht zu. Wenn sie sich verändern wollen würde, könnte sie Menschen verschiedener Fachrichtungen zusammenbringen und gemeinsam an Prototypen tüfteln lassen. Denn ob Brexit oder Trump, diese Entwicklungen spiegelt das Bedürfnis der Bürger nach Disruption wieder. Leider haben sie in der Politik aber nur eine Option, um zu zeigen, dass sich etwas ändern muss. In der Wirtschaft hingegen existieren viele Start-ups. Hier setzen sich nur die mit sinnvollen Veränderungen und besseren Konzepten durch. Eine hoch riskante Entwicklung in der Politik. Wir sollten daher mehr Revolution in der Politik erlauben.“

      „Die Ausbildung von Pädagogen muss neu gedacht werden“

      Aber auch in der Bildung, die eigentlich die beste Zukunftsinvestition ist, sieht es düster aus. Dabei ist die Digitalisierung nur eine der Baustellen im Bildungsbereich. „Die Ausbildung von Pädagogen muss neu gedacht werden. Viele Lehrer sind nicht IT- und technikaffin, vielmehr sind es die Schüler, die digitalaffin sind. Bettermarks, eine meiner Beteiligungsgesellschaften, hat die gesamte Schulmathematik digitalisiert in ein interaktives, adaptives Online-Learning-System. Es passt sich an die Fähigkeiten des Schülers an, versteht, was der Schüler nicht kann und hilft ihm mit Nachhilfeeinheiten. Es ist nachweislich deutlich effizienter als die Schule. Aber bis solche Systeme eingeführt sind, vergehen zehn und mehr Jahre.“

      Dabei wird die künstliche Intelligenz einen wesentlichen Einfluss auf die Welt haben. „Europa hat an vielen Stellen den Anschluss verpasst. Wir sind zwar in der Industrie und auch bezüglich IOT gut. Bezüglich der künstlichen Intelligenz jedoch sind wir Schlusslicht – vor allem wenn man sich anschaut, wer die Weltmacht anstrebt. Von Amerika über Russland bis China, die zumindest teilweise ernst zu nehmen sind, steht Deutschland in der zweiten Reihe. Daher müssen wir uns darauf einstellen, dass die Welt der Zukunft von anderen Kontinenten beherrscht wird.“

      „Was macht KI mit uns Menschen?“

      Und

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