Irr(e)-Fahrt_nach_Wien_-_Ein_Reisetagebuch_. J. B. Camelon

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Irr(e)-Fahrt_nach_Wien_-_Ein_Reisetagebuch_ - J. B. Camelon

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ertönte plötzlich eine Stimme: “Können wir euch helfen?“ und schon stand der Retter neben uns! Ein absoluter Profi:

       Eins-A-gestylt von der Socke bis zu den Handschuhen, die er auch während seines Einsatzes nicht auszog. Das weibliche Pendant dazu, wohl wie er um die vierzig Jahre alt und vermutlich seine Frau, stand daneben und leistete seelischen Beistand.

       Berit:

       Der Retter heißt übrigens Felix, also „der Glückliche“, aber die Glücklichen waren wohl eher wir! Den besagten Mangel entdeckte er übrigens, indem er den Schlauch mit der Zunge befeuchtete (igitt!!).

      Hannah:

      Er wollte dann wissen: „Habt ihr einen Ersatzschlauch?“ und Berit antwortete: „Nein, aber ein Flickzeug.“ So musste er nun wohl oder übel anfangen, das Loch zu flicken.

      Berit:

       Felix diagnostizierte außerdem, dass ein falscher Schlauch im Vorderreifen war, nämlich einer für ein Rennrad, und dass außerdem das Ventil ein nicht austauschbares Blitzventil war, was wir ja auch schon selbst festgestellt hatten. Ich hatte das Rad vor drei Jahren für 100 DM von einem japanischen Studenten gekauft, der nach Tokio zurückkehren wollte und dort kein Rad brauchte. Er hatte es ein Jahr zuvor von jemandem gekauft, der es auch aus zweiter Hand hatte. Kurz nachdem ich es gekauft hatte, fing die schwarze Farbe an, abzublättern. Darunter war das Rad silberfarben! Auch der Markenname war überpinselt, und der Rückstrahler mit einem anderen Markennamen gehörte gar nicht an das Fahrrad. Jetzt erinnere ich mich plötzlich daran, dass, als vor einigen Monaten auch mal irgendwas kaputt war am Rad, ein Bekannter von mir ausrief:“ Die Teile an deinem Fahrrad stammen ja aus verschiedenen Jahrhunderten!“ Ich hatte mir bei dem Satz gar nichts weiter gedacht. Und nun passten nicht mal Schlauch und Mantel zusammen! Wie soll man überhaupt ein richtiges Ersatzteil beschaffen, wenn man nicht mal weiß, wer der Hersteller des Fahrrades ist?

       Erschwerend kam hinzu, dass Hannah und ich das Ventil bei unseren Reparaturbemühungen total verbogen hatten.

       Ich erkundigte mich bei Felix nach den Vorzügen eines Blitzventils, und er sagte: „Damit kann man in einer affenartigen Geschwindigkeit aufpumpen!“ Was er tat auch tat – er pumpte wie besessen. Nur leider hielt der Reifen die Luft nicht, und je mehr Felix sich abmühte, desto tiefer sank sein Stimmungsbarometer. Ziemlich genervt beförderte er plötzlich aus seinen Radtaschen einen neuen Schlauch zutage und machte Anstalten, ihn auf meinen Reifen zu montieren.

      Hannah:

       Ich war total platt und konnte es nicht fassen:“ Den wollen Sie uns wirklich geben?“ „Na ja, es bleibt mir wohl nichts anderes übrig“, sagte Felix in resigniertem Tonfall. Okay, schon verstanden. Nachdem er vorher den Kavalier herausgekehrt hatte, wollte er jetzt nicht kneifen! Wir sagten vorsichtshalber nichts, während Felix sich weiter abmühte, um diese einmalige Chance auf einen nagelneuen Ersatzschlauch nicht zu verderben. Jedoch leider passte der Ersatzschlauch nicht! Nun war auch Felix ratlos. Aber wie es der Zufall wollte: mitten in dieser absoluten Verzweiflungsphase kam Retter Nr. 2: ein sympathischer mitteljunger Mann nebst Freundin. Der stellte dann fest: Das Ventil ist absolut in Ordnung! Nach dem Blas-, Druck- und Knet-Test des Schlauches musste auch Felix dies akzeptieren. Als nun vier fremde Leute sich um unser Reparaturproblem rissen und Berit und ich entmündigt daneben standen, bekam ich einen Lachkrampf und hatte Mühe, ihn zu unterdrücken!

      Berit:

       Hannah schaffte es absolut nicht, ihren Lachkrampf zu unterdrücken und die beiden fremden Männer sahen sie stirnrunzelnd an; sie fühlten sich wohl ausgelacht und nicht ernst genommen. Das junge Paar fuhr weiter. Felix schwang den kaputten Schlauch und fragte uns: “ Probieren wir`s?!“ Wir nickten resigniert, und er montierte den kaputten Schlauch wieder auf den Reifen. Dann fuhren auch er und seine Frau eilig weiter. Er drehte sich noch einmal um und rief: „ Wenn wir uns in Aschach in einer Kneipe treffen, können Sie mir ein Bier ausgeben!“ Wofür denn eigentlich? Höchstens für Mühe und Zeit, bzw. Zeitverschwendung, denn das Ergebnis ist ja leider gleich null! Auch wir radelten eilig weiter, nachdem Hannah ihr zahlreiches Werkzeug zusammengeklaubt hatte. Die Reparaturbemühungen von Felix erwiesen sich bald als unzureichend, was kein Wunder war, nachdem Felix ja eigentlich nichts anderes getan hatte, als den kaputten Reifen wieder aufzupumpen.

       Der Reifen ließ leider sehr bald wieder Luft, ich hielt das Rad fest und Hannah pumpte wie wild.

       Und siehe da – wer kam da wohl hoch zu Rad des Weges? Die Schmeißfliegen! Also die beiden Männer, die wir schon kurz nach der Abfahrt gesehen hatten! Hilfsbereit bleiben sie stehen und sprachen uns an. Sie hatten, wie sie berichteten, zwischendurch auch einen Platten gehabt. Nachdem wir ihnen von unserem Malheur berichtet hatten, waren sie voller Hochachtung, dass wir in zwischen genauso weit gefahren waren wie sie: immerhin inzwischen mehr als 50 km insgesamt!!

       Hannah:

       O je, und dann machten die beiden ihrem Kosenamen alle Ehre….Aber ich muss zu gegeben, dass sie zum Aufpumpen des besagten eigenwilligen Vorderreifens von Berit durchaus zu gebrauchen waren! Ganz Kavalier, nahmen sie mir die Pumpe aus der Hand und mühten sich ihrerseits damit ab. Und tatsächlich: es funktionierte! Die Luft hielt vorläufig! Tja, und dann bot sich eine gemeinsame Weiterfahrt natürlich geradezu an…

       Berit:

       „Glauben Sie ja nicht, wir würden uns absichtlich an Ihre Katzenaugen heften! Mein Computer sagt mir: wir haben die gleiche Geschwindigkeit: 18 km / h!“ sagte der eine. Wir beeilten uns, zu versichern, dass wir uns natürlich in keinster Weise von ihnen verfolgt fühlten!

      Hannah:

       Unter diesen Schmeißfliegen muss man sich zwei Herren um die fünfzig vorstellen, durchaus attraktiv und gepflegt und mit Top-Fahrrädern. Als Begleiter für uns aber natürlich viel zu alt! Sie würden uns irgendwie das Gefühl vermitteln, als wären wir mit zwei Aufsichtspersonen unterwegs, zwei ältliche Onkel oder so!! Sie sind übrigens sehr neugierig: nach Strich und Faden wurde wir nach unserem Studentenleben ausgefragt. Als die beiden mal kurz hinter uns zurückblieben, warf mir Berit einen vielsagenden Blick zu und raunte mir zu: „Die sind doch schwul, oder?“ Auf diese Idee war ich noch überhaupt nicht gekommen!

      Berit:

      Am Nachmittag ist es uns gelungen, sie gleich bei unserer Ankunft hier in Aschach – wohin wir inzwischen ohne weitere Zwischenfälle durchgeradelt sind - abzuhängen, denn wir brauchten dringend eine Werkstatt! Auch die Kaffeeeinladung der Schmeißfliegen konnte uns nicht locken. Kaum verschwanden wir aus ihrem Blickfeld, als eine wild winkende Gestalt am Straßenrand unsere Aufmerksamkeit erregte: Felix! „Und? Hat`s geklappt?“ rief er uns zu. Wir deuteten auf den wieder platten Reifen und er fuhr eilig davon. Er hatte sicher Angst, wir würden ihn erneut um Hilfe bitten! Wir setzten unsere Suche nach einer Werkstatt fort. Auf der anderen Donauseite fanden wir zwar eine, aber die war leider schon geschlossen.

       Aschach soll ja sehr schön sein. Es ist ein altes Schifferstädtchen. Es soll romantische Hinterhöfe und malerische Laubengänge geben. Laut Reisführer haben berühmte Baumeister hier gewirkt. Dieser Satz erinnerte mich an eine Liste lustiger Sätze aus Schulaufsätzen, unter anderem diesen: “In Leipzig haben viele berühmte Leute gelebt und gewürgt“. Das kommt dabei heraus, wenn man so vorsintflutliche Ausdrücke benutzt! Heutzutage wird gearbeitet…früher wurde „gewirkt“! Man stelle sich vor, man würde auf die Frage, wo man beschäftigt ist, beispielsweise antworten:“ Ich wirke bei Firma X als Sekretärin!“

       Da die Werkstatt geschlossen war, kehrten wir zur Ortsmitte zurück und picknickten auf einer Bank direkt an der Donau: Käsebrot und Wasser Ein älteres Ehepaar kam vorbei, und der Mann fragte:

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