Henochische Magie - Band 1. Frater LYSIR
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Doch bei den ganzen Geschichten um John Dee, Edward Kelley und die henochische Magie, muss man stets berücksichtigen, dass sie auf Aufzeichnungen beruhen, die von dem Mediziner Hans Sloane fast über 150 Jahre nach dem Ableben von John Dee, der Library of the British Museum gespendet wurden, woraus die Magier des 20. Jahrhunderts (aus der Sloane Collection) die henochische Magie publik machten. Ferner muss man bedenken, dass das Mittelalter nicht unbedingt die Zeit war, wo alles haarklein aufgeschrieben wurde. So muss man die folgenden Informationen über John Dee und Edward Kelley erst einmal als „gegeben“ deuten, d. h., man muss selbst stets skeptisch bleiben und nicht alles wortwörtlich auf die „Goldwaage“ legen. Es geht bei diesen Informationen um einen groben Überblick. Es ist keine Biografie. Es soll primär um die henochische Magie gehen. Es geht im Großen und Ganzen auch nicht darum, ob die beiden Magier die henochische Magie ge- oder erfunden haben. War es wirklich ein Erzengel, der ihnen alles diktierte, oder war es ein menschliches Ego, dass eine besondere Sprachbegabung hatte und – ähnlich wie John Ronald Reuel Tolkien in Bezug auf das Elbische – eine Sprache erfunden hat. Es geht in diesem Kapitel um eine Schablone für eigene Ideen und Vorstellungen. Dies ist absolut bedeutend in Bezug auf die henochische Magie, denn die henochische Magie ist etwas, das in der magischen bzw. spirituellen Szene sehr kontrovers diskutiert wird. Mal sind die „Erfinder“ dieser Magie (John Dee und Edward Kelly) einfach nur mittelalterliche Geheimagenten, die in der henochischen Sprache schlicht nur geheime Botschaften geschmuggelt haben, damit „Krone und Vaterland“ auch stolz sein können. Wieder andere sehen die Ideen und Entdeckungen von John Dee und Edward Kelly als Möglichkeit, sich selbst zu erkennen, sich selbst zu harmonisieren und zu verstehen, welche Möglichkeiten das eigene Sein bietet. Wenn man die henochische Magie einfach als „Möglichkeit“ versteht und Dee und Kelley einfach nur als „Namenspaten“ sehen will, kann man für sich ein eigenes System konzipieren. Die henochische Magie ist kein starres System. Es ist mit einem Grundprinzip oder mit einem Skelett zu vergleichen. Es ist eine Schablone, die man individuell einsetzen kann. Das „Skelett“ der henochischen Magie bietet die Möglichkeiten, dass jeder der will, diese Vorlage verwenden kann, um einen vollkommen neuen und individuellen Körper zu erschaffen. Man kann Haut, Muskeln, Organe, Blut und Hormone „erzeugen“ und diese mit dem „henochischen Skelett“ verbinden. Hierzu benötigt man natürlich „magisch-anatomische“ Kenntnisse. Es bringt nichts, wenn man z. B. die Regeln und Muster eines anderen Systems 1:1 auf das henochische System anwenden will. Man muss schauen, welche Arbeitsweisen, individuell für einen selbst am besten sind, sodass man diese auswählen und forcieren kann!
Ist es daher wichtig, ob dieses Skelett „von höheren Mächten“ diktiert wurde? Diese Frage muss sich jeder selbst beantworten, da es hierbei um Selbstvertrauen und Demut geht. Solange man sich selbst treu bleibt, ist es im Grunde egal, ob es eine menschliche oder eine kosmische „Eingebung“ oder „Erdichtung“ war.
Wenn man durch die „henochische Idee“ sich selbst evolutionieren, sich selbst für die Mächte des Kosmos öffnen und sich somit selbst initiieren kann, sollte man maximal einen historischen Wert entwickeln, in Bezug auf die „Erfindung“ bzw. das „Geschenk der Engel“. Wer waren also die beiden Menschen, die Kontakt zu den Engeln hatten?
John Dee war ein Astrologe/Astronom, Alchemist, Politiker, Agent, Mathematiker und natürlich Magier. Man konnte ohne Weiteres sagen, dass John Dee ein Universalgelehrter war. Er war weiterhin ein Experte auf den Gebieten der Kryptologie, der Sprachen (u. a. Hebräisch, Griechisch, Latein) und auf den Gebieten der Geografie, der Navigation und der Architektur. Zusätzlich gehörten auch klassische Gebiete, wie z. B. Malerei, Dichtkunst, Dramatik (verfassen von Theaterdramen), Musik und Philosophie zu seinem Intellekt. Sehr interessant ist sein Spagat zwischen der Theologie und der Hermetik, da diese beiden Bereiche nicht immer leicht zu vereinen sind – gerade dann nicht, wenn die Kirche eine so hohe Toleranz besitzt, wie sie im Mittelalter besaß. „Du lästerst Gott? Verbrennt ihn.“
Dee bezog sich sehr stark auf die Astrologie, da er davon ausging, dass die Astrologie exakt mathematisch berechnet werden konnte – etwas, dass man eher heute mit dem Begriff der Astronomie verbindet. Doch die „mathematische Berechnung“ – so seine Überzeugung – könne „geistige Wahrheiten“ und „globale bzw. internationale Tendenzen“ vorhersagen. Dadurch, dass er aber auch stark in der rituellen Magie beheimatet war, musste er hier und da politisch agieren, um nicht angeklagt zu werden, auch wenn die Inquisition bzw. die Kirche in England recht wenig Macht hatte. Da hohe Ämter stets (damals wie heute) politische Ämter waren, schaffte Dee es, zum Hofastrologen Elisabeths I zu werden. Wer ein Universalgelehrter war, musste außerdem eine gute Bibliothek besitzen, da man nicht alles via Channeling oder Intuition „wissen“ kann. So heißt es in der Literatur, dass die Bibliothek von John Dee im Jahre 1583 ca. 2500 Bücher und über 170 Manuskripte enthielt, andere Quellen sprechen von über 4000 Büchern.
John Dee soll in einem gutbürgerlichen Elternhaus aufgewachsen sein, da sein Vater Rowland Dee Kaufmann (Textilkaufmann und Schneider am königlichen Hofe) war. Eine andere Quelle spricht davon, dass der Vater von John Dee ein „kleiner Staatsbeamter“ war, was nun etwas ganz anderes als Kaufmann bzw. Schneider ist. Zum Glück kann man aber hier einen „gleichen Nenner“ finden, der einfach „finanziell abgesichert“ lautet. Die Mutter von Dee (Johanna Wild bzw. Dee), war die Tochter von William Wild, der angeblich seinen Stammbaum bis zu Roderic den Großen, Prinz von Wales, zurückführen konnte. Dies alles sind deutliche Indizien, dass John Dee zumindest in einem „sozial starken und gebildeten Haushalt“ aufwuchs.
Im Alter von 8 Jahren besuchte Dee eine „gehobene Schule“, letztlich eine Kaderschmiede der intellektuellen Elite. Im Alter von 16 Jahren (im Winter 1542) studierte John Dee am St. John's College in Cambridge (welches erst 1511 gegründet wurde) alte Sprachen (Latein, Griechisch und Hebräisch) sowie Mathematik, Astrologie und Philosophie. Es wird gemunkelt, dass Dee äußerst diszipliniert war und jeden Tag maximal 4h schlief, 2h für Essen und Trinken opferte und ansonsten ausschließlich lernte und studierte.
Dies ist sicherlich möglich, denn wenn man sich selbst im Zustand des „Flow“ befindet (ein Zustand, der eine vollkommene Vertiefung in eine Tätigkeit beschreibt, sodass man überhaupt nicht mitbekommt, wie die Zeit vergeht und dass man hart arbeitet. Man könnte Schaffensrausch oder Funktionslust dazu sagen), bemerkt man nicht, dass man „hart arbeitet“. Vier Jahre später erwarb er seinen ersten Abschluss und wurde im selben Jahr zum Trinity College der University of Cambridge gerufen, welches auch im Jahr 1546 entstand. Hier wurde er Dozent für Griechisch (d. h. er war mit 19 Jahren bereits „Professor“), doch er blieb nur knapp 1 Jahr aktiv als Dozent am College, da er bereits 1547 zu reisen begann und in den Niederlanden enge Freundschaften zu Gerard Mercator (einem Kartografen und Geografen), Gemma Frisius (einem Kosmologen), dem Orientforscher Antonius Gogava und vielen anderen großen Philosophen der damaligen Zeit aufzubauen pflegte. 1548 ging Dee nach Cambridge zurück, um einen weiteren Abschluss zu machen. Kurz darauf verließ er Cambridge wieder, um weiter in Belgien zu studieren. Auch hier schloss er enge Freundschaften zu der damaligen intellektuellen Elite und traf auch seine alten Freunde Frisius und Mercator wieder. Manche Quellen drücken sich hierbei teilweise sehr ungeschickt aus, da Dee in der Zeit, wo er in Belgien (in Löwen) studierte, angeblich auch Agrippa von Nettesheim (ein sehr berühmter Magier des Mittelalters) getroffen haben soll. Gleichzeitig wird aber auch angemerkt, dass Agrippa von Nettesheim „nur“ an der Universität Löwen studierte, deren eigene Geschichte zurück bis in das Jahr 1425 reicht. Da Agrippa von Nettesheim am 18.02.1535 verstarb, kann John Dee ihn nicht im Jahr 1548 in Löwen getroffen haben – es sei denn via Séance.
In der Zeit 1548 – 1550 machte Dee seinen Doktor und ging anschließend