Plötzlich ist alles anders. Heidi Oehlmann
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Nachdem wir zu Hause eintrafen, legte ich mich hin. Leider konnte ich nicht schlafen. Es war kein Wunder, schließlich war ich erst vor drei Stunden aufgestanden. Ich stand also nach kurzer Zeit auf und entschied mich, ein Buch zu lesen. Das lenkte wenigstens ab, und wenn es mich noch etwas müde machen würde, könnte ich ein kleines Mittagsschläfchen halten. Das dachte ich zumindest.
Natürlich wurde aus dem Mittagsschlaf nichts. Stattdessen las ich den restlichen Tag. Ich hatte das Buch bis zum Abend durchgelesen und versuchte endlich einzuschlafen. Nach kurzer Zeit gelang es mir. Ich schlief durch bis zum nächsten Morgen und bemerkte nicht einmal, wann Max ins Bett gekommen war. Zugegeben, ich hatte schon immer einen tiefen Schlaf. Aber in dieser Nacht hätte man mir das Bett unter dem Hintern klauen können, ohne dass es mir aufgefallen wäre.
Als ich am nächsten Morgen die Augen öffnete, war dieses Augenflimmern zu meinem Entsetzen noch da. Außerdem verspürte ich ein leichtes Herzrasen. Mein Herz schlug viel schneller als sonst. Ich bekam es mit der Angst zu tun. Denn ich hatte keine Ahnung, was es zu bedeuten hatte und rechnete mit dem Schlimmsten. Mit Herzbeschwerden ist schließlich nicht zu spaßen. Um mich selbst zu beruhigen, redete ich mir ein, es würde am nächsten Tag verschwunden sein, wenn ich mich an diesem Tag ausruhte und auf das Magnesium verzichtete. Ich riss mich zusammen und versuchte, mein viel zu schnell schlagendes Herz zu ignorieren. Es dauerte eine Weile, bis die Panik nachließ und ich es schaffte.
Wir verbrachten den ganzen Sonntag gemütlich zu Hause. Die meiste Zeit des herrlichen Sommertages saßen wir auf unserer Terrasse und genossen die Sonne. Draußen konnte ich mich entspannen.
Am späten Nachmittag normalisierte sich mein Herzschlag wieder. Ich war erleichtert und hoffte, es würde sich nicht wiederholen. Damit war das Thema für mich gegessen.
2. Kapitel
Am nächsten Tag wachte ich mit heftigen Kopfschmerzen begleitet von dem unerträglichen Augenflimmern auf. Auch, wenn das Herzrasen vorbei war, hatte sich mein allgemeines Wohlbefinden kein bisschen verbessert. Ich versuchte die körperlichen Beschwerden zu ignorieren und setzte mich an meinen Arbeitsplatz. Zu der Zeit hatte ich einen kleinen Onlineversandhandel für Bekleidung. Die Tätigkeit machte mir Spaß. Der Vorteil war, ich musste das Haus nicht unbedingt verlassen und konnte dennoch arbeiten. Ich war froh, mein eigener Chef zu sein und keinen Job außerhalb zu haben.
Max verließ schon zeitig das Haus, um seiner beruflichen Tätigkeit nachzugehen. Er arbeitete für eine Versicherungsgesellschaft und hatte an diesem Morgen noch einiges an Papierkram zu erledigen.
Ich war also alleine, arbeitete ein paar Bestellungen ab und kümmerte mich um andere geschäftliche Belange.
Nachdem meine Kopfschmerzen, dank der Schmerztablette, die ich mir nach dem Aufstehen eingeworfen hatte, so langsam nachließen, beschloss ich raus zu gehen, um eine zu rauchen. Leider gingen mir die Zigaretten am Vortag aus. Das war die Gelegenheit einen kleinen Spaziergang zu unserer einzigen Einkaufsmöglichkeit im Ort zu machen, um mein Verlangen zu stillen. Ich glaube, jeder Raucher kann nachvollziehen, wie es sich anfühlt, wenn man Schmacht hat, aber keine Zigaretten da sind.
Der Laden lag knapp zehn Gehminuten von uns entfernt. Ich machte mich also auf den Weg.
Nachdem ich die Hälfte der Strecke hinter mir gelassen hatte, bemerkte ich wieder dieses Flackern der Augenlider und wie mir heiß und kalt gleichzeitig wurde. Natürlich ließ die Schwärze, die mich vor zwei Tagen schon erschreckte, nicht lange auf sich warten. Sie wechselte sich ständig mit dem verschwommenen Bild ab. Es war unerträglich. Ich überlegte, ob ich umkehren sollte, bevor es noch schlimmer wurde. Dann entschied ich mich dagegen. Ich wollte mir von meinem Körper einfach keinen Hausarrest verordnen lassen.
Wie immer in solchen Situationen war auf dem ganzen Weg nicht eine Bank, auf der ich mich hätte, kurz hinsetzen und warten können, bis es vorbei ging. Die einzige Sitzgelegenheit, die mir in den Sinn kam, war auf dem Spielplatz, der noch ein ganzes Stück entfernt lag. Der Weg dorthin war so weit, wie der zurück nach Hause. Also versuchte ich, langsam weiter zu gehen. Es gelang mir, trotz der schlechten Sicht, bis zum Laden zu kommen.
Nachdem ich unseren kleinen Dorfladen betreten hatte, dachte ich, ich würde jeden Moment umkippen. Mein Körper fühlte sich schwach an. Ich war wackelig auf den Beinen und musste mir Mut zureden, den Laden nicht fluchtartig zu verlassen. Ich wollte es einfach ohne peinliche Vorfälle hinter mich bringen.
Glücklicherweise schaffte ich es, ohne umzukippen. Das hätte mir gerade noch gefehlt, dort vor allen Leuten zusammenzubrechen. Es wäre mir unangenehm gewesen, das Gesprächsthema des Tages in unserem Wohnort zu sein. Im Ort kennt sich zwar nicht jeder, sonst wären wir vor drei Jahren woanders hingezogen, aber irgendein bekanntes Gesicht ist in so einer Situation immer zufällig in der Nähe. Und wenn es nur eine flüchtige Bekanntschaft ist.
Eigentlich wollte ich noch ein paar andere Kleinigkeiten einkaufen, aber ich entschied mich, nur ein Päckchen Zigaretten mitzunehmen. So lange mochte ich in meiner Verfassung nicht im Laden bleiben.
Ich stellte mich hinten in die Schlange an der Kasse an. Ausgerechnet an diesem Tag war es brechend voll. Vor mir standen nur ältere Leute, die gerade heute einen Großeinkauf machten. Sie hatten es auch nicht besonders eilig. Am Schlimmsten war für mich, als sie vorhatten passend zu bezahlen, ihr Kleingeld raus suchten und dann bemerkten, sie gingen ohne ihre Brillen aus dem Haus. Ich habe nichts gegen ältere Menschen, wir werden alle alt, aber in dem Moment war ich genervt. Ich wollte nur noch weg, raus aus dem Laden. Mit jeder Sekunde, die ich darauf wartete, endlich dran zu kommen, fühlte ich mich schlechter. Das Gefühl umzukippen wurde immer stärker. Ich atmete tief ein. Das machte es nicht besser. Denn ich nahm Gerüche wahr, die ich früher zwar auch abstoßend gefunden hätte, die in diesem Moment aber zu einem Ohnmachtsgefühl führten. Ich glaubte wirklich, ich würde jede Sekunde ohnmächtig werden. Mein Körper fühlte sich taub an. Ich konnte ihn kaum noch spüren, versuchte dennoch so wenig wie möglich von dieser stinkenden Luft einzuatmen. Es roch nach ekeligem Parfüm, vermischt mit Alkohol und Schweiß. Am liebsten wäre ich jetzt aus dem Laden gerannt, um frische Luft zu bekommen, aber ich wollte unbedingt durchhalten. So schnell konnte ich mich nicht aus der Bahn werfen lassen. Die verminderte Luftzufuhr machte die Situation kaum besser. Im Gegenteil, ich fühlte mich immer schlechter.
Ich bin zwar kein bisschen gläubig, aber ich betete, dass ich jetzt kurz vor dem Ziel, hier raus zu kommen, niemanden treffen würde, den ich kannte. Das Letzte, worauf ich in dieser Situation Lust hatte, wäre ein sinnloses Schwätzchen. Das hätte ich sicher nicht durchgestanden. Wie sollte ich auch so tun, als wäre alles in Ordnung, wenn ich mich hundsmiserabel fühlte?
Glück gehabt! Endlich war ich an der Reihe. Es dauerte nicht lange, bis ich mit einer Packung Zigaretten im Schlepptau draußen war und die frische Luft tief in mich hinein sog. Es tat gut, wieder richtig durchatmen zu können. Ich hockte mich hin, lehnte mich an die Wand des Ladens und wartete, bis ich bereit war, nach Hause zu gehen.
Nach ein paar Minuten ging es mir etwas besser und ich trat den Heimweg an. Der Rückweg verlief ohne irgendwelche Vorkommnisse. Mir ging es einigermaßen gut, wenn da nicht die Angst in meinem Hinterkopf gewesen wäre, mir könnte jederzeit wieder schwarz vor Augen werden.
Zu Hause angekommen, setzte ich mich auf die Terrasse und überlegte, ob es jetzt klug wäre, eine zu rauchen, nach diesem Ereignis. Ich tat es aber doch, ohne dass sich mein Zustand verschlimmerte. Na ja, so viel schlimmer konnte es kaum werden. Das Augenflimmern war nach wie vor da. Nur, weil die anderen Beschwerden sich gerade versteckten, hieß es nicht zwangsläufig, sie würden auch wegbleiben. Aber die Zigarette führte wenigstens zu keiner Verschlechterung.
Nachdem