Musst Du schon gehen?. Bernd Majewski

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Musst Du schon gehen? - Bernd Majewski

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      Wir schon. Und wie!

      Wir vereinbarten einen 20 Jahre dauernden Mietvertrag mit Option auf Verlängerung und legten los.

      Es war vereinbart, dass wir alle Kosten selbst tragen müssen. Dafür wurde so gut wie keine Miete fällig.

      Das Haus war nicht bewohnbar.

      Aber nicht für uns.

      Nach einem halben Jahr waren wir drin. Zwar beileibe nicht fertig, aber drin.

      Wann kommt es schon vor, dass ein Ehemann seine Angetraute über die Schwelle einer Schrottimmobilie trägt und beide überglücklich sind?

      Zuerst war die Werkstatt im Haus selbst untergebracht. Dietlinde konnte arbeiten und sich um die Kinder kümmern. Ich düste draußen herum und verkaufte Leuten Dinge, von denen sie glaubten, sie zu brauchen. Wenn ich abends zu Hause war, kümmerte ich mich um Haus und Hof.

      Auf dem Grundstück befindet sich noch ein zweites kleineres Haus. Das war noch ein funktionierendes halbautomatisches Wasserwerk.

      Als in Ismaning die Ruhr ausbrach und dreitausend Menschen krank wurden, behauptete man, wir seien angeblich die Ursache. Man wollte uns sofort aus dem Haus werfen, suchte uns bundesweit mit Haftbefehl.

      Wir veranstalteten gerade eine Ausstellung in Wilhelmshafen.

      Sie wurde geschlossen. Die Besucher nach Hause geschickt.

      Wir wurden kurzfristig verhaftet.

      Völlig überzogene und unsinnige Maßnahmen.

      Wir waren vorher in Israel zum Tauchen. Wegen der Hitze und der damals noch überirdisch verlaufenen Trinkwasser-leitungen, erkrankten wir an der Ruhr. Das ist dort keine große Sache. Es kam oft vor. Wir wussten das.

      Ein Woche Scheißerei, Tee oder Cola trinken und fertig.

      Aber die Gemeinde Ismaning hatte es „geschafft“, unsere Sickergrube – das Haus ist nicht an die Kanalisation angeschlossen – mit der Trinkwasserversorgung Ismanings kurzzuschließen.

      Päng!

      Schnell wurde festgestellt, dass man das Oberflächengrundwasser schon der Bauern wegen, nicht mehr trinken sollte. Der von ihnen ausgebrachte Odel sickerte damals innerhalb von einer halben Stunde ins Grundwasser.

      Das halbautomatische Wasserwerk musste geschlossen werden, Ismaning baute ein neues. Und für uns eine neue Sickergrube.

      Weit, weit weg von uns.

      Unserem Anwalt gelang es, sich gegen die Gemeinde, alle Krankenkassen und Versicherungen zu wehren. Man wollte natürlich sofort über uns herfallen.

      Als sich alles langsam wieder beruhigt hatte, konnten wir den Bürgermeister überreden, das nun leerstehende Wasserwerk-Gebäude auch noch an uns zu vermieten.

      Nun begann erneut das Ausbauen. Maschinen raus. Werkstatt rein. Dietlinde hatte nun eine ca. 85 qm große Werkstatt, getrennt vom Wohnhaus.

      Für Aufträge und Ausstellungen, die wir bundesweit für sie organisierten, wollte und musste sie mehr arbeiten.

      Oft zog sie sich auch übers Wochenende in ihr Refugium zurück. Sie wollte, durfte nicht gestört werden.

      Ich habe ihr einmal, ein einziges Mal versucht reinzureden. Das wurde so klar und deutlich fürs ganze Leben abgeschmettert, dass ich es nicht einmal gewagt habe, mich auf die Drehscheibe zu setzen.

      Dieser Platz gehörte ihr allein. Punkt.

      Wenn sie die Wochenenden durcharbeitete, lernte ich, mich um die Kinder und den Haushalt zu kümmern. Kochen, waschen putzen. Alles, was Dietlinde bisher fast allein tun musste.

      Dietlinde war mit ihrer Werkstatt selbständig, ich als Musikverlagskaufmann noch angestellt. Das änderte sich in den 1980er Jahren mit dem Aufkommen der Musikkassetten. Die Branche implodierte und spuckte fast die Hälfte aller Mitarbeiter auf den Arbeitsmarkt.

      So auch mich.

      Verlagsleiter und Prokurist.

      Zwei Jahre arbeitslos.

      Das mir.

      Die Welt brach zusammen.

      Nicht für Dietlinde. Sie schaffte es, meinem beleidigten Hirn auf sanfte aber beharrliche Weise klar zu machen, dass ich verdammt noch mal eine Familie habe und Geld ins Haus kommen müsse.

      Als Dipl. Kaufmann. und/oder Verlagsleiter wollte mich niemand. Überqualifiziert. Unterqualifiziert. Nebenqualifiziert. Was auch immer.

      Ich habe zwei wesentliche Talente: Ich bin musisch begabt, war aber zu faul. 3. Geige 4. Pult wäre wohl nicht befriedigend für mich gewesen und vor allem auch nicht für meinen Vater. Also setzte er mich zwischen die Stühle: Ich wurde Musikverlags-Kaufmann.

      So nahm ich denn meine neue Rolle als reiner Kaufmann an, nahm das Köfferchen und wurde selbständiger Handelsvertreter.

      Den künstlerischen Part in unserer Ehe überließ ich Dietlinde.

      Alles auf null.

      Mein erster Monatscheck: 34,60 DM.

      Aber: Ich merkte schnell, dass mir das Verkaufen liegt. Also änderte sich das Einkommen bald.

      Und wie! Ich arbeitete ausschließlich auf Provision. Übernahm das volle Risiko.

      Dietlinde war inzwischen Keramikmeisterin. Gegen Widerstände der Lehrkräfte an der Fachschule, legte sie im Fernstudium die Meisterprüfung ab.

      Ihr Meisterstück, ein Kachelofen, wärmt bis heute die Werkstatt.

      Schon früh wurde uns klar, dass sich Lebensängste oder Krisen am besten abbauen lassen, wenn man sich gegenseitig hilft. Auch schon bald erkannten wir, dass ein Leben zu kurz ist, um dauernd Dinge zu tun, die man nicht mag.

      So ließen sich zwar keine „Karrieren“ machen, aber, aufgrund der ständigen Suche nach Gemeinsamkeiten und täglich neu zu findenden Lebenszielen, konnten wir ein intensives Leben führen.

      Als wir einen Sporttauchkurs am roten Meer geschenkt bekamen, musste eine wichtige Weiche gestellt werden.

      Dietlinde konnte zwar schwimmen, hatte aber vor dem Kurs noch nie ihren Kopf unter Wasser gesteckt.

      Sie war überaus neugierig auf diese fremde Welt, hatte aber panische Angst.

      Eine Entscheidung musste her: Gehen wir durch diese Ängste und entdecken neue Welten, oder nicht? Wenn ja, machen wir das in jedem Fall nur gemeinsam.

      Tauchen ist ein derart intensiver Sport, dass man die Erlebnisse teilen können sollte. Außerdem braucht man immer einen Partner, um aufeinander aufzupassen.

      Lebensqualität auf Kosten des anderen zu genießen, kann nicht funktionieren.

      Wenn

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