Musst Du schon gehen?. Bernd Majewski

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Musst Du schon gehen? - Bernd Majewski

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style="font-size:15px;">      Daraus wurde unser Lebensprinzip: Wichtige Dinge im Leben nur gemeinsam zu tun.

      Und: sie dann im Rahmen unsere Möglichkeiten tatsächlich auch anzugehen und nicht auf 22

      „St. Nimmerlein“ zu verschieben. Manches Mal ergab sich die Umsetzung nicht sogleich, aber wir arbeiteten zielstrebig daran, Wege zu finden.

      Es fanden sich Wege: immer!

      Das Lebensziel-Zeitkonto blieb daher fast immer leer.

      Viele Jahre flogen oder fuhren wir nun zum Tauchen ans Rote Meer. Mal mit Kindern, mal ohne. Wir übernachteten in aller Regel im ‚Million Star Hotel‘ am Strand.

      Dietlinde verwandelte sich Unterwasser in einen Fisch. Ausgestreckt und ruhig zog sie ihre Bahnen. Wenn meine Luftflasche nach einer Stunde leer war, hätte sie noch ohne weiteres eine halbe dranhängen können.

      Wenn ich Hektiker in 20 Metern Tiefe an einem Felsen hing, weil mein Ohrendruckausgleich nicht funktionierte, umrundete sie mich mit langen, ruhigen Flossenschlägen, ihre Arme vor der Brust verschränkt und glubschte mich aus großen Taucherbrillenaugen an: „Na, Männe, was is? Kommste wieder nicht zu Potte?“, schien sie mir zu sagen.

      Als Tauchen zu einem Massensport zu werden drohte, und wir zusehen mussten, wie Massen von Anfängern auf den Korallen herumtrampelten, verabschiedeten wir uns mit einem Trip auf dem Kamel durch den Sinai.

      Lagerfeuer, furzende Kamele, zwei Beduinenführer, auf heißen Steinen gebackenes Fladenbrot mit Beduinentee und dann Million Star Hotel.

      Wir waren glücklich.

      So gingen wir Hand in Hand unseren Lebensweg.

      Wir reisten viel.

      Übten unsere beruflichen Fähigkeiten aus.

      Zogen die Kinder groß.

      Bauten die Berghütte, richteten das heruntergekommene Wasserwerk im Grünen zum Wohnen her.

      Lebten dort ab Ende 1976 und bauten daran 40 Jahre lang herum. Nicht nur am Haus, sondern auch an unseren Leben.

      Was Handwerker können, konnten wir zumindest auch lernen.

      Abwechslungsreiche Ernährung, körperliche Bewegung und Freude am Leben sorgten für unsere Gesundheit. Von Zipperlein abgesehen, waren wir nie wirklich krank.

      Dietlinde hatte sich 1999 zwar den Hals, gebrochen, als sie vom Pferd stürzte, betrachtete dies aber nicht als Krankheit, sondern überstand die Operationen und Rekonvaleszenz mit ihrem eisernen Willen.

      Ehekrisen, die natürlich auch vorkamen, wurden von uns beiden hinterfragt, immer mit dem Ziel, herauszufinden, ob man gemeinsam weitergehen möchte oder nicht.

      Wenn ja, sollten beide Partner ihren Beitrag leisten.

      Wir unterstützten uns gegenseitig dabei, erwachsen und selbständiger zu werden.

      Meist war ich Ursache der Krisen. Mein Vater hat mir sein cholerisches Wesen vererbt. Zwar ist meines nicht so extrem, wie seins, aber doch ausreichend, um Ärger zu produzieren.

      Dietlinde verstand es von Anfang an, mich so runter vom Baum zu holen, dass kein größeres Problem für mich, für sie, für die Kinder und sogar für Freunde und Bekannte entstand.

      Zumindest zwei größere Einschnitte gab es im Laufe unserer Ehe: Dietlinde war wieder mal in Tansania, wo wir eine kirchliche Partnerschaft mit Kitandililo betreuten.

      Dieses Mal blieb Dietlinde länger. Sie wollte mit den Frauen Brennöfen bauen.

      Das konnte dauern, da die Damen sehr an ihren Traditionen hängen.

      Ich hatte ein komisches Gefühl im Bauch, konnte das aber nicht definieren. Wir hatten vorher zu wenig geredet. Lebten nebeneinander her. Zuviel Routine vielleicht?

      Mein Bauchgrimmen wurde stärker.

      Ich brachte unsere Kinder und unseren Hund bei Freunden unter und flog hinterher.

      Telefon gab es im südlichen Teil Tansanias nicht.

      Ich kam überraschend.

      Und richtig: Sie überlegte tatsächlich ernsthaft, dort zu bleiben.

      Sie war den ewigen Druck leid. Wollte einfach mal ihre Ruhe.

      Viel Reden, viel Zuwendung, viel Weinen und die Einsicht, sich mehr Mühe füreinander geben zu wollen, half uns.

      Nach ein paar Monaten hatten wir sie wieder.

      Das andere Mal ergab sich, während ich Verkaufsleiter beim Brockhaus Enzyklopädie-Vertrieb in Wangen wurde. Dietlinde richtete mir das Büro ein und bekam schnell mit, dass ich anfing die Bodenhaftung zu verlieren.

      Meine Leute und ich verdienten 10- 20- 30.000 Mark und mehr, wenn wir gut waren. Monatlich.

      Mir, wie den meisten, stieg das zu Kopf. Ich wurde arrogant, gierig und familienuntauglich.

      Wieder half Reden und Nachdenken, was uns wichtig ist.

      Nun lernte ich die wichtige Lektion: Geld macht nicht glücklich.

      Wir wollten uns.

      Wir wollten Zufriedenheit und ein gemeinsames Leben.

      Nachdem unsere Kinder aus dem Hause waren, mussten wir das Miteinander neu justieren.

      Mein allmählicher Rückzug aus dem Berufsleben machte es möglich, wieder größere Reisen zu planen.

      Zu Fuß über die Alpen.

      Mit dem Boot die Donau runter bis zum Schwarzen Meer.

      Mit dem VW Camper Europas Küsten „abwandern“.

      Wir hatten wieder mehr Zeit füreinander.

      Im Sommer 2009 saß das etwas ältere Ehepaar, so nannten uns die Jungspunde, die wir während der Alpenüberquerung trafen, auf einer Bank am Weiher und resümierten: Es ist unglaublich, wir lieben einander inniglich.

      Alle unsere Träume und Wünsche sind in Erfüllung gegangen.

      Wir haben alles in die Tat umgesetzt, was uns wichtig war.

      Ein erfüllteres Leben ist fast nicht möglich. Was jetzt noch kommt, ist ein Nachschlag fürs Leben.

      Dietlinde kümmerte sich verstärkt um ihre ehrenamtliche Arbeit in der Partnerschaft mit Kitandililo in Südtansania.

      Ich war als Vorstand mit dem Umbau der hiesigen Musikschule beschäftigt.

      Bis zum Oktober 2009.

      Für uns beide völlig überraschend, weil wir keinerlei Anzeichen vorher bemerkt hatten, kam der Knall: Dietlinde erlitt „aus heiterem Himmel“ epileptische Anfälle.

      Paralysiert

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