Eine wählerische junge Lady. Catherine St.John
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Читать онлайн книгу Eine wählerische junge Lady - Catherine St.John страница 10
Die Herrions setzten sich – nicht neben Lady Eloise, obwohl in ihrer Nähe noch genügend Plätze frei gewesen wären. Bei den Claremonts und den Prestons fanden sie es eindeutig interessanter.
„Und ehrlich gesagt, Melly, haben wir es nicht nötig, uns bei langweiligen Leuten einzuschmeicheln. Unser Ansehen ist wirklich untadelig“, tuschelte Cecilia ihrer Schwägerin ins Ohr.
Melinda wunderte sich nicht zum ersten Mal, woher Cecilia ein solches Selbstbewusstsein bezog, dass sie sich auch Unhöflichkeiten leisten konnte. Aber einen Tanz zu verweigern: das würde sie doch wohl nicht wagen?
Die Kapelle setzte schwungvoll mit einem Walzer ein und die Herren eilten zu den Damen, während die Gastgeberin mit dem Earl of Walford, einem sehr angesehenen hartnäckigen Junggesellen, aufs Parkett schritt und den Tanz eröffnete. Alle anderen schlossen sich an und die Tanzfläche wurde zu einem Gewoge von Pastelltönen und dunkler Abendgarderobe. Cecilia ließ sich brav von Lord Carew herumwirbeln, der ihr im Übermaß Komplimente machte – zu ihren Tanzkünsten, ihrer Robe, ihrer geistreichen Konversation… Dabei hatte sie kaum mehr als „Oh, tatsächlich?“ und „Wie interessant!“ gesagt. Immerhin trat er ihr nicht auf die Füße, dafür musste man ja auch schon dankbar sein…
Sie tanzte danach (ungern) mit Lord Wolves, der schon wieder versuchte, ihr einen Vortrag über angemessene weibliche Gesprächsthemen zu halten, was glücklicherweise durch die Figuren des Tanzes so oft unterbrochen wurde, dass sie recht überzeugend Unverständnis vortäuschen konnte, und dann mit Ben de Lys, den sie wenigstens ehrlich mit ihrer Meinung über die anwesenden Hohlköpfe erfreuen durfte.
Schließlich gab es eine Pause; sie ließ sich von Ben zu ihrem Platz zurückgeleiten und stellte dort fest, dass Melinda recht blass aussah.
„Fühlst du dich nicht recht wohl, Melly?“, fragte sie sofort.
„Nein, nein, es ist alles in Ordnung. Ein wenig schwindelig war mir – dieser Mr. Ortville hat mich sehr schwungvoll herumgewirbelt. Ein sehr guter Tänzer, ich bin mit meinen armseligen Fertigkeiten kaum hinterhergekommen.“ Sie fächelte sich heftig Luft zu.
Sebastian schlenderte mit Sir Michael heran und eilte die letzten Schritte an die Seite seiner Frau: „Melinda! Geht es dir nicht gut? Du bist so blass?“
Melinda wehrte die Besorgnis anmutig ab, kündigte aber an, die nächsten Tänze aussetzen zu wollen.
Die Musik setzte wieder ein und Lord Ruffleby verneigte sich elegant vor Cecilia, die ebenso anmutig seinen Arm nahm und ihm zur Tanzfläche folgte.
Melinda erhob sich, auf Sebastians Arm gestützt, und sah sich nach einem Platz in den hinteren Reihen um. Von dort winkte ihr eine alte Dame munter zu.
„Ach du lieber Himmel, die alte Lady Tenfield“, murmelte Sebastian und verneigte sich höflich.
„Sie sieht nett aus“, fand Melinda und winkte zurück. „Ich würde gerne ein wenig bei ihr sitzen.“
„Hertwood“, nickte Lady Tenfield, als sich die beiden jungen Leute bei ihr niederließen, „schön, Sie einmal wieder auf einem Ball zu sehen. Und das ist Ihre junge Frau? Sehr hübsch, meine Liebe! Gefällt Ihnen der Ball?“
Melinda äußerte sich begeistert und gab zu, dass dies ihr allererster Ball war, dass das Tanzen sie aber erschöpft habe.
„Die Ballsaison ist Schwerstarbeit für die jungen Damen“, nickte Lady Tenfield wieder und sah drein wie eine weise Eule, „gerade die ganz großen Bälle dauern ja oft bis zum Morgengrauen! Dann soll man am Vormittag schon wieder Einkäufe machen, um für den nächsten Abend gerüstet zu sein; am Nachmittag muss man sich herausgeputzt im Park sehen lassen, etwas Kultur wäre auch wünschenswert, wenigstens im Theater muss man gelegentlich gesehen werden, die Zeitung muss studiert werden, damit man nicht vollkommen unwissend wirkt…“ Sie seufzte in komischer Verzweiflung und Melinda lachte leise: „Ein hartes Leben, fürwahr… ich denke aber, die meisten jungen Damen gewöhnen sich schnell daran, nicht wahr?“
„Außerdem hat Melinda ihre Hauptaufgabe ja schon erfüllt“, warf Sebastian ein. „Einen Ehemann muss sie sich nicht mehr suchen.“
Nun kicherte die alte Lady so, dass die Perlenschnüre auf ihrer schwarzseidenen Brust tanzten. „Das muss ja sehr beruhigend sein! Lady Hertwood, Sie stammen aus Kent, nicht wahr?“
Melindas Gesicht verschloss sich ein wenig, als sie dies bestätigte.
„Na, das ist doch kein Grund, verlegen zu sein? Kent ist eine reizende Gegend; mein Lieblingsgroßneffe lebt auch dort, in der Nähe eines Örtchens namens Great Abbington. Davon haben Sie gewiss noch nie gehört, Kindchen?“
Melinda bekannte ihre Unwissenheit, erleichtert darüber, dass Lady Tenfield nicht in der Wunde des Lynet-Skandals herumstocherte.
„Sie sprechen von Mordale, Mylady?“, fragte Sebastian nach. „Ist er nicht Ihr einziger Großneffe?“
„Gewiss. Ach, dann dürfte ich wohl nicht Lieblingsgroßneffe sagen, als hätte ich eine eindrucksvolle Auswahl?“
„Das haben Sie gesagt, verehrte Lady!“
„Julian ist ein guter Junge und jetzt endlich auch unter der Haube.“
Melinda kicherte. „Ein hübsches Bild! Man sollte nur darauf achten, in seine Häubchen blaue Schleifen einzuziehen und sie nicht etwa rosa aufzuputzen.“
Das erfreute Lady Tenfield, die keckernd lachte. „Hertwood, da haben Sie einen guten Griff getan! Eine hübsche und geistreiche Frau, das findet man nicht so häufig…“ Sie sah sich beziehungsreich im Ballsaal um. „Hübsch sind ja viele, aber…“
„Und wann dürfen wir Sir Julian und Lady Mordale einmal hier in London begrüßen? Er ist ja ein anerkannter Forscher auf dem Gebiet der frühenglischen Geschichte, nicht wahr?“
„Und Sarah ist sehr beschlagen, was die römische Literatur angeht, ihre Eltern waren beide begeisterte Forscher. Aber die beiden haben wohl gar kein Interesse daran, nach London zu kommen – es sei denn, um hier die Bibliotheken zu durchstöbern oder Neuerscheinungen zu erwerben. Bei Hatchards trifft man sie wohl eher als bei Almack´s.“
„Das klingt doch sehr interessant“, fand Melinda, die nur hoffen konnte, nicht über die Themen dieser gewiss schrecklich klugen Leute ins Gebet genommen zu werden.
„Nun ja“, tat Lady Tenfield die Studien ihrer Verwandtschaft ab, „aber wir sind jetzt hier, in der Saison in London. Mir ist das Hier und Jetzt wichtiger als die alten Römer oder irgendwelche Umtriebe im alten Britannien. Und Miss Herrion sucht nun also nach einer passenden Partie?“
„Mehr oder weniger“, gab Sebastian zu. „Lieber keinen Ehemann als den falschen, das scheint ihre Devise zu sein.“
„Sehr vernünftig. Und wenn ich mich hier so umsehe… Amelia Ramsworth trifft ja durchaus eine kluge Auswahl, aber ich sehe immer noch etliche Hohlköpfe.“
„Ach