Anna Karenina | Krieg und Frieden. Leo Tolstoi

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Anna Karenina | Krieg und Frieden - Leo Tolstoi

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wollen ins Billardzimmer gehen«, sagte er.

      Der Dicke erhob sich gehorsam, und sie schritten zur Tür hin.

      In diesem Augenblick trat der Rittmeister Jaschwin, ein stattlicher Mann von hohem Wuchse, ins Zimmer, nickte durch eine Kopfbewegung nach oben den beiden Offizieren geringschätzig zu und trat zu Wronski.

      »Ah, da ist er ja!« rief er und versetzte ihm mit seiner großen Hand einen kräftigen Schlag auf das Achselstück. Wronski sah sich ärgerlich um, aber sogleich leuchtete auf seinem Gesichte der ihm eigene Ausdruck ruhiger, fester Freundlichkeit auf.

      »Das ist verständig von dir, Alexei«, sagte der Rittmeister mit seiner lauten Baßstimme. »Jetzt mußt du ein bißchen essen und ein Gläschen trinken, aber nicht mehr als eines.«

      »Ich habe gar keinen Appetit.«

      »Da sind ja die beiden Unzertrennlichen«, bemerkte Jaschwin mit einem spöttischen Blicke nach den beiden Offizieren, die in diesem Augenblicke aus dem Zimmer gingen. Er setzte sich neben Wronski, wobei er seine für die Höhe der Stühle viel zu langen, in engen Reithosen steckenden Ober- und Unterschenkel in spitzem Winkel zusammenbog. »Warum bist du gestern nicht nach Krasnoje Selo ins Theater gekommen? Die Numerowa war gar nicht übel. Wo bist du denn gewesen?«

      »Ich habe mich bei Twerskis unvermerkt etwas lange aufgehalten«, antwortete Wronski.

      »Ah!« machte Jaschwin.

      Jaschwin, ein Spieler, ein Trinker und ein Mensch, der nicht nur keine sittenstrengen Grundsätze besaß, sondern sich geradezu die Sittenlosigkeit zum Grundsatz gemacht hatte, dieser Jaschwin war im Regimente Wronskis bester Freund. Wronski mochte ihn zunächst wegen seiner außerordentlichen physischen Kraft gern, die er hauptsächlich dadurch bewies, daß er imstande war, wie ein Faß zu trinken und den Schlaf zu entbehren, ohne daß irgendwelche Veränderung an ihm wahrzunehmen gewesen wäre, ferner auch wegen seiner großen Willenskraft, die sowohl in seinem Verkehr mit Vorgesetzten und mit Kameraden zutage trat und ihn gefürchtet und geachtet machte, wie auch im Spiel, bei dem er oft um Summen von zwanzig-, dreißigtausend Rubel spielte, aber immer trotz dem in Menge genossenen Wein mit einer solchen Feinheit und Festigkeit, daß er im Englischen Klub für den ersten Spieler galt. Ganz besonders aber schätzte ihn Wronski und mochte ihn gern leiden, weil er wußte, daß Jaschwin sich zu ihm nicht durch seinen Namen und seinen Reichtum, sondern durch seine Persönlichkeit hingezogen fühlte. Und dieser Jaschwin war von allen Menschen der einzige, mit dem Wronski gern von seiner Liebe gesprochen hätte. Er fühlte, daß Jaschwin allein, trotz seiner anscheinenden Geringschätzung jeder weicheren Empfindung, imstande sei, die starke Leidenschaft zu verstehen, die jetzt sein ganzes Dasein ausfüllte. Außerdem war er überzeugt, daß Jaschwin sicherlich kein Vergnügen daran finden werde, Klatsch und Ärgernis weiterzutragen, sondern für dieses Gefühl die richtige Auffassung habe, das heißt einsehe und glaube, daß diese Liebe kein Scherz und kein Zeitvertreib, sondern etwas Ernstes und Wichtiges sei.

      Wronski hatte mit ihm nie von seiner Liebe gesprochen; aber er wußte, daß jenem alles bekannt war und er es so auffaßte, wie es aufgefaßt werden mußte, und es war ihm eine angenehme Empfindung, dies in Jaschwins Augen zu lesen.

      »Ah!« erwiderte dieser auf Wronskis Mitteilung, daß er bei Twerskis gewesen sei, faßte die linke Schnurrbartspitze und steckte sie sich nach einer schlechten Gewohnheit in den Mund; dabei blitzten ihm die schwarzen Augen.

      »Na, und was hast du gestern gemacht? Hast du gewonnen?« fragte Wronski.

      »Achttausend. Aber dreitausend sind faul; die wird der Verlierer kaum bezahlen.«

      »Nun, dann kannst du es ja verschmerzen, an mir etwas zu verlieren«, meinte Wronski lachend. (Jaschwin hatte auf Wronski hoch gewettet.)

      »Ich verliere unter keinen Umständen. Der einzige, der gefährlich ist, ist Machotin.«

      Das Gespräch ging zu dem heute bevorstehenden Rennen über, dem einzigen Gegenstande, an den Wronski jetzt zu denken vermochte.

      »Wir wollen gehen; ich bin fertig«, sagte Wronski, stand auf und ging zur Tür. Jaschwin erhob sich ebenfalls und reckte seine gewaltigen Beine und den langen Rücken gerade.

      »Zum Mittagessen ist es mir noch zu früh; aber trinken muß ich noch schnell etwas. Ich komme sofort. Heda, Wein!« rief er mit seiner berühmten starken Kommandostimme, von der die Scheiben klirrten. »Nein, es ist nicht nötig«, rief er unmittelbar darauf wieder. »Wenn du zu dir nach Hause gehst, komme ich mit.«

      Beide gingen hinaus.

      20

      Wronski hatte im Lager seine Unterkunft in einem geräumigen, sauberen finnischen Bauernhäuschen, das durch eine Bretterwand in zwei Teile geteilt war. Petrizki wohnte auch im Lager mit ihm zusammen. Er schlief noch, als Wronski und Jaschwin in das Haus traten.

      »Steh auf, du hast genug geschlafen!« rief Jaschwin, der hinter die Scheidewand gegangen war und Petrizki an der Schulter schüttelte; dieser lag dort auf dem Bette und hatte seinen struppigen Kopf mit der Nase im Kissen vergraben.

      Petrizki sprang plötzlich auf die Knie und blickte um sich.

      »Dein Bruder war hier«, sagte er zu Wronski. »Er hat mich aufgeweckt, hol ihn der Teufel; er sagte, er käme wieder.« Damit warf er sich wieder auf das Kissen und zog die Decke über sich. »So laß mich doch in Ruhe!« rief er Jaschwin ärgerlich zu, der ihm die Decke wegziehen wollte. »Laß mich doch in Ruhe!« Er drehte sich herum und machte die Augen auf. »Sag mir lieber, was ich trinken soll; ich habe einen so gräßlichen Geschmack im Munde, daß ...«

      »Schnaps ist das allerbeste«, erwiderte Jaschwin mit seiner kräftigen Baßstimme. »Tereschtschenko, bring dem Herrn Schnaps und Gurken!« schrie er; es machte ihm offenbar Vergnügen, seine Stimme zu hören.

      »Du meinst Schnaps? Ja?« fragte Petrizki, die Stirn runzelnd und sich die Augen reibend. »Trinkst du mit? Wenn du mittrinkst, dann nur zu! Wronski, trinkst du auch mit?« fragte Petrizki, indem er aufstand und sich bis unter die Arme in die getigerte Decke einwickelte. Er stellte sich in die Tür der Scheidewand, hob die Arme in die Höhe und fing an, auf französisch zu singen: »Es war ein König in Thuuule ... – Wronski, trinkst du mit?«

      »Laß mich in Ruh!« erwiderte Wronski und zog den Waffenrock an, den ihm sein Diener reichte.

      »Wo willst du denn hin?« fragte ihn Jaschwin. »Da ist ja auch deine Troika«, fügte er hinzu, als er den vorfahrenden Wagen erblickte.

      »Nach dem Stall; und dann muß ich noch zu Brjanski wegen der Pferde«, antwortete Wronski.

      Wronski hatte tatsächlich versprochen, zu Brjanski, der zehn Werst von Peterhof entfernt wohnte, zu kommen und ihm das Geld für die Pferde zu bringen, und er hätte gern auch diesen Besuch noch erledigt. Aber seine Kameraden durchschauten sofort, daß er auch noch anderswohin zu fahren beabsichtige.

      Petrizki fuhr mit seinem Geträller fort, kniff aber ein Auge zusammen und machte die Lippen dick, wie wenn er sagen wollte: ›Wir wissen schon, was für ein Brjanski das ist.‹

      Jaschwin beschränkte sich darauf, zu sagen: »Paß nur auf, daß du nicht zu spät kommst!« und um das Gesprächsthema zu wechseln, fragte er: »Nun, macht denn mein Hellbrauner seine Sache gut?« Er blickte durch das Fenster nach dem Deichselpferde, das er an Wronski verkauft hatte.

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