Skandale beim Fußball in Deutschland. Walter Brendel
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Weitere Neuigkeiten gab es dann Anfang Dezember 2009. Danach sollen zwei weitere nordrhein-westfälische Sechstligisten in den Betrugsskandal verwickelt sein. Der SV Lippstadt 08 hat dannden Anwalt Georg Schierholz eingeschaltet. "Wir haben Hinweise bekommen, dass auch wir betroffen sind", sagte Schierholz, der nun auch Akteneinsicht bei der Bochumer Staatsanwaltschaft beantragen will. Darüber hinaus hat der FC Gütersloh einen Spieler freigestellt. "Es besteht der Verdacht, dass er in Kontakt mit dem Spieler gewesen ist, der in Verl die Manipulation gestanden hat", sagte der damalige Gütersloher Präsident Udo Böning und bestätigte damit einen Bericht des "Westfalen-Blatts".
Dr. Lutz Klose, der Rechtsanwalt des Verler Beschuldigten Patrick Neumann, hatte der Zeitung erklärt, dass die Kripo auch intensiv gegen den FCG-Spieler ermittelte.
Nach Recherchen des "Westfalen-Blatts" arbeitet der Gütersloher Spieler in einem Wettbüro am Bielefelder Jahnplatz. Er soll in das Visier der Polizei gerückt sein, nachdem er eine SMS an Neumann mit dem Inhalt "Du kannst dir das Geld bei mir abholen", versendet haben soll. Der jetzt freigestellte Spieler war seit mehreren Tagen nicht mehr zum Training erschienen und hatte sich von einem fremden Handy mit Textmeldungen entschuldigt, die Böning "nur bedingt plausibel" erscheinen. "Bis das alles geklärt ist, wird der Spieler nicht mehr am Training und an Spielen teilnehmen", sagte der Ex-FC-Präsident. Laut Böning sollen auch Partien der Gütersloher unter Manipulationsverdacht stehen.
"Auf einer Liste der Staatsanwaltschaft sollen zwei Spiele stehen, auf die höhere Wetten platziert worden sind." Nach seinen Informationen handelt es sich dabei um die Oberliga-Partie gegen Westfalia Herne (1:1) im Dezember 2007 und ein Freundschaftsspiel gegen Arminia Bielefeld (0:4) im August. Im Ostwestfalenduell sei laut Böning auf eine Gütersloher Niederlage mit vier Toren Unterschied gewettet worden.
"Wir sehen uns nicht in der Lage ein Spiel gegen einen Zweitligisten so zu verschieben, dass wir genau dieses Ergebnis erzielen", sagte Böning.
Viele finden den aktuellen Wettskandal im europäischen Fußball schlimmer als die Finanzkrise. Angesichts der Spitzenpreise, die Bundesligaprofis mit dem Verkauf ihrer Arbeitskraft erzielen, erscheinen die bislang kolportierten Gewinnmargen sehr bescheiden. Doch ihre ideologiekritische Wirkung ist durchschlagender als das übliche Dopingenthüllungstheater: Weil es keine ehrliche Arbeit gibt, gibt es auch keinen ehrlichen Fußball. Und je tiefer man sportlich sinkt, desto interessanter macht man sich als Sportwetter. In den unteren Ligen, sozusagen dort, wo im Leistungssport unter der Bettdecke gefurzt wird, wird geschoben und betrogen, dass es eine Lust ist.
Damit wird auch die Sportseite dieser Zeitung belohnt, die sich prinzipiell um neues „aus den Unterklassen“ bemüht, weil jeder weiß, dass über die Profiligen alle das gleiche schreiben. In den „Unterklassen“ aber wird beim Pausenbier noch gejodelt, geherzt und gescherzt. In der vierten Liga beispielsweise, beim FC Oberneuland Bremen in der Regionalliga Nord, soll sich die gesamte Mannschaft verpfändet haben. Wie der Spiegel berichtet, hätte das Team für das Spiel am 19. September gegen FC St. Pauli II komplett gegen sich selbst gewettet. Es endete 0:2. Das kam der Geschäftsführerin des FC Oberneuland verdächtig vor, und sie meldete sich beim DFB. Der behauptet ja gern, über ein tolles Frühwarnsystem zu verfügen. Natürlich wusste man dort von nichts. Daraufhin ließ die Geschäftsführerin jeden Spieler eine strafbewehrte eidesstattliche Versicherung unterschreiben, nicht auf diese Partie gewettet zu haben. Eine fast schon katholische Maßnahme.
Der Wettskandal gewinnt an Brisanz und zieht immer weitere Kreise. Im Ermittlungsverfahren der Bochumer Staatsanwaltschaft gegen eine Bande mutmaßlicher Wettbetrüger führen die Spuren bis in die 1. Fußball-Bundesliga. Einer der Hauptbeschuldigten, ein Kroate, soll bis kurz vor seiner Verhaftung am 19. November 2009 eine enge Verbindung zu einem Profi aus Osteuropa gehabt haben, der jahrelang in der Bundesliga spielte.
Der Fußballer, der noch immer aktiv ist, soll bei dem in Nürnberg ansässigen Kroaten, einem Betreiber mehrerer Wettbüros, "30.000 Euro Schulden gehabt haben".
Diese Hinweise sollen die Bochumer Ermittler durch das Abhören von Telefongesprächen des Beschuldigten erhalten haben. Nach Ansicht der Beamten ist der 34 Jahre alte Kroate ein "Kopf des Netzwerks". Sowohl der Kroate als auch der Fußballprofi aus Osteuropa tauchten bereits in einem anderen Ermittlungsverfahren einer süddeutschen Staatsanwaltschaft aus dem Jahr 2006 auf, schreibt der "Spiegel".
Damals wurde gegen den Kroaten wegen des Verdachts der "Bildung einer kriminellen Vereinigung" und des "gewerbsmäßigen Bandenbetrugs" ermittelt. Es habe der Verdacht bestanden, dass Spiele im deutschen Profifußball manipuliert und auf den Ausgang der Partien hohe Wetten platziert werden. Ins Visier der Ermittler war neben dem auch jetzt verdächtigen Profi aus Osteuropa damals ein weiterer Spieler geraten, der noch heute bei einem deutschen Erstligisten unter Vertrag stehen soll: Laut "Spiegel" handelt es sich um einen "Mittelfeldmann vom Balkan".
Im aktuellen Wettskandal intensiviert der DFB seine eigenen Ermittlungen. Kurz vor Weihnachten 2009 bestätigte Ex-Präsident Theo Zwanziger, dass inzwischen erste Befragungen von "verdächtigen Spielern" stattgefunden hätten. Im Zwielicht steht außerdem der Zweitliga-Schiedsrichter Cetin Sevinc. Er wurde vorerst vom Verband suspendiert - zu seinem Schutz.
Der DFB verhängte eine Schutzsperre gegen den unter Manipulationsverdacht stehenden Zweitliga-Referee Cetin Sevinc. "Natürlich gilt für Herrn Sevinc die Un-schuldsvermutung, doch solange die Ermittlungen gegen seine Person nicht abgeschlossen sind, werden wir ihn zum Schutze seiner Person und des laufenden Wettbewerbs nicht mehr ansetzen", erklärte Ex-Vizepräsident Rainer Koch in einer Verbands-Mitteilung die Entscheidung. Zudem gab der DFB bekannt, dass er im Rahmen möglicher Spiel- und Wettmanipulationen "erste Vernehmungen" gegen verdächtige Spieler durchgeführt habe. "Wegen der laufenden Ermittlungen" wolle man noch keine Namen nennen.
Der 27 Jahre alte Unparteiische aus Waltrop/Nordrhein-Westfalen weist die gegen ihn erhobenen Vorwürfe allerdings energisch zurück. "Alles völliger Unsinn! Ich habe mir nichts vorzuwerfen, habe nichts zu verbergen", sagte der Referee. Er war in dieser Saison in den Regionalligen Nord (4) und West (1) im Einsatz. Als Assistent war er in der 2. Liga fünfmal dabei, darunter im Spiel Oberhausen - 1860 München, für das Wettalarm ausgelöst worden war. Dass er in der DFB-internen Bewertung keine gute Note für das Spiel Fürth - Düsseldorf erhalten hat, kommentierte der Linienrichter so: "Wenn Sie danach gehen, müssen Sie alle Schiedsrichter unter Verdacht stellen. Es kommt immer mal zu krassen Fehlentscheidungen."
DFB-Schiedsrichter Thorben Siewer bleibt im Zuge des Wettskandals weiter gesperrt.
Sascha Kirschstein. Der ehemalige Torwart des Hamburger SV, der später für die Zweiligamannschaft von Rot-Weiß Ahlen kickte, steht unter dem Verdacht der Wettmanipulation, so die ARD-Sportschau vom 20.12.2009.
"Wer mich kennt, der weiß ganz genau, dass da einfach nix dran ist. Es ist alles erstunken und erlogen. Ich habe damit überhaupt nichts zu tun.“ So der Betroffene. Das bewahrte ihm allerdings nicht vor einer Haussuchung.
„Herr Kirschstein ist von der Staatsanwaltschaft Bochum angehört worden. Er hat sich dort vorbehaltlos geäußert und will zur Aufklärung beitragen, tut dies allerdings nicht öffentlich", sagte Kirschsteins Anwalt Horst Kletke.
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