Fürstin des Nordens - Trilogy. Juryk Barelhaven
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![Fürstin des Nordens - Trilogy - Juryk Barelhaven Fürstin des Nordens - Trilogy - Juryk Barelhaven](/cover_pre1126707.jpg)
„Dort in dem Ziegelhaus leben und arbeiten die Ghrosnik-Brüder. Drillinge, um genau zu sein. Und die besten Holzfäller, die es gibt. Tun keiner Fliege etwas zu Leide, aber wenn sie beim Bärendrücker waren, dann gehe ich ganz bewusst nicht auf Streife, wenn Ihr versteht, was ich meine.“
„Bärendrücker? Eine Taverne“, fragte sie.
„Ja, sie ist dort drüben. Bester Schnaps aus gegorenen Kartoffeln. Der Wirt lässt anschreiben. Seine Spezialität sind Kartoffelscheiben in der Pfanne mit Ei und Wurst.“
„Wirklich?“
„Vor Jahren schon.“
So ging es weiter und weiter. Korporal Axel kannte alles und jeden, und jeder kannte ihn. Axel vermied es, auf die hervorstechenden Probleme zu weisen sondern erfüllte seine Pflicht als Stadtführer vorbildlich.
Der gutaussehende Mann nahm keinen Anstoß an ihrem wahren Wesen. Aber die Reaktionen der anderen Leute blieben nicht ohne Einfluss auf Claudile. Es bereitete ihnen Unbehagen, sie in ihrer Mitte anzutreffen. Nach einer Weile sprach sie es doch an: „Warum hungern die Menschen?“
„Sie wurden nicht bezahlt. Der Bäcker mischt gemahlene Nüsse in das Mehl, das zuvor mit Sägemehl gestreckt wird. Natürlich kein Vergleich zum alten Brot, aber von irgendetwas müssen die Menschen leben.“ Er blickte ernst zu ihr. „Es ist nicht erlaubt zu Jagen. Nicht nur Hirsche, sondern auch Wildschweine und Hasen. Versteht ihr das Problem?“
„Sie sind hiergeblieben – warum?“
„Wo sollten wir hin?“
„Hinter den Bergen im Westen beginnt das Königreich der Menschen.“ Ganz ohne Werwölfe, dachte sie, und erzähl mir nicht, das hätte niemand versucht.
Axel schien zu überlegen. „Könntet Ihr mit eurer Familie zwei Tage durch einen dichten Wald flüchten, nur um dann an einer Gebirgskette stehen zu bleiben? Es führt kein Weg über das Gebirge. Der Westen ist versperrt. Der Norden soll nur Eisflächen bieten, und der Osten ist dichtes Waldgebiet. Man erzählt sich, dass Menschen tagelang umhergeirrt sind, bevor sie schließlich an Erschöpfung starben. Wir sind nur Menschen, Herrin. Die Wölfe und Bären leben dort.“
„Mmh.“
„Sich gegen die Wünsche eines Werwolfs zu stellen, bedeutet den Tod zu wählen, Herrin.“
„Ah, ja. Nun, bei mir nicht“, antwortete sie selbstbewusst. „Bei mir darf jeder sagen, was er zu sagen hat.“
Claudile sah zur Seite und sah aus einem verfallenen Gebäude einen grauhaarigen, kräftig gebauten Mann treten, der sie bei den Worten missbilligend anstarrte. Er trug einen dunkelbraunen Leinensack mit schmalen, dunklen Streifen auf Schultern und Ärmeln und hatte ein kantiges Gesicht und einem schlotterweißen Bart, der ihm fast bis zum Bauchnabel reichte. „Als Herrin eurer Ländereien solltet Ihr euer Volk zu ernähren wissen!“ schimpfte er laut und kam näher. Ohne Furcht stellte er sich offen vor ihr hin und maß sie mit seinen dunkelbraunen Augen, als wäre sie ein Ärgernis, das er zurechtrufen müsste. „Seht die großartige Fürstin, wie sie durch unsere Reihen stolziert!“
Claudile war verblüfft.
Korporal Axel kam zur Hilfe. „Das ist Pater Brain. Er wacht über den Seelenfrieden der Gemeinde. Hör mal, Brain, das muss…“
Claudile wollte eine Frage stellen, aber Pater Brain bedeutete ihr zu schweigen. „Habt Ihr das ernst gemeint? Das jeder offen sprechen darf?“ grollte er mit tiefer sonorer Stimme.
„Ja, aber…“ Sie unterbrach sich für einen Moment. „Ihr seid verstimmt, …“
„Aber was kümmert es den Bauer, was die Schweine denken“ sagte der Pater laut, so dass es alle hören konnten. „Mächtige Männer werden immer mächtiger, reiche Männer immer reicher. Welche Macht wählt aus, wer arm ist und wer reich?“ Sein Blick war eisig, als er sie musterte.
„Ich war nie besonders religiös“, gab Claudile zu und kämpfte gegen den Drang an, laut zu bellen. „Ist das nicht euer Gebiet?“
Pater Brain verzog das Gesicht, als hätte er auf einen Stein gebissen. „Die Menschen ertragen unerträgliches Leid. Sie haben die Grenze schon längst überschritten. Bevor ihr daran denkt, mich zu häuten, so sage ich, dass ich selbst nichts mehr zu verlieren habe.“
„…“
„Ihr schweigt, und Ihr tut gut daran. Ihr kommt daher mit eurer Kutsche und all eurer Macht und glaubt, Ihr könntet über uns befinden, wie Ihr es für richtig erachtet. Diese Kreaturen haben uns einen Herrscher gesandt, der Nacht für Nacht aus dem Dunkeln geschlichen kam, um sich an den Schwachen zu ergötzen. Lyren war ein brutaler Mann, der jede Frau zur Witwe machte, die ihm gefiel. Die Rechnungen wurden nicht bezahlt. Fürchtet die Wölfe! Fürchtet sie!“ blaffte er laut und blickte auf seine offenen Händen, die tiefe Schwielen aufwiesen. „Das brachte ich meinen Kindern bei, kurz bevor sie … auch verschwanden.“
„Ich bezweifle nicht, dass ihr Schlimmes erdulden musstet“, antwortete Claudile kalt, „doch ich werde mein Bestes geben…“
„Jetzt ist Lyren verschwunden. Wie sieht euer nächster Schritt aus, Hoheit? Eure Ladyschaft? Gepriesene Fürstin von allem, was Ihr seht?“ höhnte der Geistliche und grinste selbstgefällig in die Runde. Von allen Seiten kamen immer mehr Leute, um sich das Schauspiel nicht entgehen zu lassen. „Steuern erhöhen? Mit der Begründung, dass Norfestas Armee Pfeile in den Köchern braucht, um die schurkischen Südländer in Schach zu halten? Oder für eine neue Brücke, die bis heute nicht gebaut wurde?“
„Nein, ich…“
„Vielleicht das Recht der Ersten Nacht? Lyren war ein großer Verfechter...!“
„Ein Fest“, beeilte sie sich zu sagen, wusste aber gleich, dass sie damit einen wunden Punkt getroffen hatte. Die Menge stöhnte leise auf. Man musste kein Intellektueller sein, um zu wissen, dass Pater Brain die Punkte holte.
„Was!?“ schimpfte er und ragte noch bedrohlicher auf als bisher. „Ein Fest? Wem zu Ehren, Teuerste? Wir brauchen Essen. Nur einer Sache verdankt Ihr eurer Macht: dem Bösen selbst. Ich sehe keine glorreichen Geschöpfe des Waldes – nur ein Kind mit zu viel Macht.“
Das saß. Perplex nahm sie ihre Brille ab, wollte tief Luft holen doch… kein Wort kam über ihre Lippen.
Hilflos sah sie sich um. Die verhärmten Gesichter wirkten anklagend.
Er winkte herrisch ab und wirkte plötzlich müde und ausgelaugt. Theatralisch breitete er die Arme aus und kniete sich hin.
Er kniete tatsächlich. Claudile fühlte sich mehr als nur überrumpelt. Sie war in die Ecke gedrängt worden – von einem Geistlichen, von einem Menschen. Wie konnte er es wagen?
„Und jetzt schlagt mir den Kopf ab oder verschwindet auf eurer Burg. Macht, was ihr wollt. Ich kann euch nicht mehr sehen…“, beendete er müde sein Plädoyer.
Die Menge ächzte leise. Alle Blicke wandten sich ihr zu. Jetzt kam es auf sie an.
Ein