Filmgenres: Horrorfilm. Группа авторов
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Eine Ausnahme von dieser Angsterzeugung bilden die Genreparodien, die mit genau den Ängsten und Genre-Topoi spielen, sie aber, wenn sie ihren Gegenstand ernst nehmen, zugleich auch unterschwellig bedienen. Das unterscheidet beispielsweise Polanski gelungenen Dance of the Vampires (Tanz der Vampire, 1967) von Mel Brooks’ unterhaltsamem Klamauk Dracula: Dead and Loving It (Dracula – Tot aber glücklich, 1996): Nach vermeintlicher Rettung trägt der schrullige Professor Abronsius das Böse, das er eigentlich vernichten wollte, in Gestalt der Neu-Vampirin Sarah und seines von ihr gebissenen Assistenten Alfred erst in die Welt hinaus. Dasselbe gilt für den Kinder-Horrorfilm, der sich in Der kleine Vampir nach den berühmten Kinderbüchern von Angela Sommer-Bodenburg komödiantisch des Subgenres Vampirfilm ohne Altersbeschränkung bedient, während in den bislang drei Harry Potter-Verfilmungen (2001, 2002 und 2004) die Horrorelemente wie in den Romanen mit zunehmendem Alter des Protagonisten verstärkt zu Tage treten. Der von Tim Burton produzierte poetische Horrorfilm Nightmare Before Christmas (1993) wurde nur auf Grund seiner Eigenschaft als Puppentrickfilm als vermeintlich kindertauglich eingeschätzt. Wie die Kurzfilme Frankenweenie (1984) und Frankenstein Punk (1986), der Anime Chôjin densetsu Urotsukidôji (Legend of the Overfiend, 1989) oder ¡Vampiros en la Habana! (1985) beweist er, dass Horrorgenre und Animationsfilm kompatibel sind, auch wenn dies eher die Ausnahme darstellt.
Wie die schwarzen (Skelett-)Männer aus Burtons Weihnachts-Nachtmahr verweisen die im Horrorfilm thematisierten Ängste auf Urängste und negative Erfahrungen der Kindheit, auf Dinge, die auch dem Erwachsenen noch Alpträume bescheren. Über die Identifikation mit den erleidenden Figuren werden sie gezielt angesprochen und ausgelöst. »Understandig fear is part of us, and must be embraced«, so Horrorspezialist Clive Barker. Immer wieder zeigt der Horrorfilm, der Halbnah- und Naheinstellungen bevorzugt, deshalb ein Gesicht voller Furcht und Entsetzen in Großaufnahme, manchmal sogar in extremer Vergrößerung. Charakteristisch ist, dass es sich um das Gesicht einer jungen Frau handelt. Diese Tatsache hat das dem Horrorfilm genuine Rollenfach der ›Scream Queen‹ hervorgebracht, in dem die im August 2004 verstorbene Fay Wray (King Kong, 1933), Barbara Steele (La maschera del demonio / Die Stunde, wenn Dracula kommt, 1960), Jamie Lee Curtis (Halloween, 1978) und Neve Campbell (Scream, 1996), jede zu ihrer Zeit, berühmt wurden, ihm aber auch harte Anfeindungen seitens der feministischen Filmkritik und der Frauenbewegung als misogyn eingetragen.
Doch anders als im wirklichen Leben können wir uns im Film ganz dem Schrecken hingeben, ihn in seinen extremen Darstellungen regelrecht lustvoll genießen, sitzen wir doch sicher im Kino- oder Fernsehsessel und müssen keine negativen Auswirkungen auf unser Leben befürchten. Es herrscht ein heimliches Einverständnis zwischen Machern und Publikum, fernab wirklicher Gefahren und Bedrohungen Schauergefühle und Gänsehaut, Schrecken und Angst miteinander zu zelebrieren, den eigenen dunklen Seiten, unausgelebten Begierden, uneingestandenen Neigungen, größten Ängsten zu begegnen. Genau mit dieser Sicherheit spielt Scream 2 (1997), wenn ein Zuschauer, der sich die verfilmten tödlichen Ereignisse des ersten Teils im Kino anschaut, zwischen Popcorn und Cola von einem Killer in der berühmt gewordenen, zu einem Schrei verzerrten Maske ermordet wird.
Obwohl ihm immer wieder Ernsthaftigkeit und Tiefgang abgesprochen wird, verhandelt der Horrorfilm letztlich existenzielle Fragen über das Gute und das Böse, den Tod und ein Leben danach. Letztlich geht es immer um den ewigen Kampf zwischen Gut und Böse, um Gewalt, die Rache der Natur und ihrer Kreaturen. Er dringt an die ungeahnten Grenzen der Realität, des Menschlichen, des Erträglichen vor. Stets geht es um nichts weniger als um eine letale Bedrohung, um Leben und Tod. Zugleich ist dem Genre aber auch ein wichtiges reflexives Moment eigen, das den Betrachter immer wieder auf sich selbst zurückverweist und ihn mit dem Bösen in sich konfrontiert, auch wenn dies nur mittelbar über die filmische Repräsentation geschieht. Wichtig dafür ist, dass im Gegensatz zu der immer komplexer werdenden Realität eines jeden Einzelnen die Welt des Horrorfilms ein überschaubarer Mikrokosmos ist, sei es die kleine Stadt Wisborg in Nosferatu, das unwirtliche Bates-Motel aus Psycho oder die doppelte Abgeschlossenheit des düsteren Herrenhauses auf der britischen Kanalinsel Jersey in The Others (2001), die idyllischen Kleinstädte in The Fog (1980) und A Nightmare on Elm Street (Nightmare – Mörderische Träume, 1984), das insulare Urlaubsparadies in Jaws, die experimentierfreudige Jungärzte-WG in Re-Animator (1985), der Wald des Blair Witch Projects (1999) oder im Extremfall der Mensch an sich, während der Makrokosmos unendlicher Sphären hingegen typisch ist für die Science Fiction. In dem überschaubaren Rahmen des Horrorfilms und der verabredeten geschützten Rezeptionssituation kann man sich dem hingeben, was sonst nur zu gerne verdrängt wird, und die kathartische Wirkung erfahren, die schon Aristoteles in seiner Katharsis-Theorie beschrieb. Denn Horrorfilm ist eine rituelle Entäußerung grundlegender Ängste, mit dem Ziel, diese zu distanzieren, zu kontrollieren und schließlich zu überwinden. Nicht zuletzt darin bestehen der Reiz und der Erfolg dieses Genres, das so überaus lebendig und vital ist, gerade weil es so viel mit uns selbst, den eigenen Ängsten und Abgründen zu tun hat. Eine Faszination, die regelrecht süchtig machen kann. Denn die Wirkung hält so lange an, wie der Film läuft, im besten Falle auch noch ein wenig darüber hinaus, aber dann ist der Zuschauer wieder auf seine eigene Verfassung zurückgeworfen. Bis zum Kauf der nächsten Kinokarte, bis zum Griff zu einer weiteren Videokassette oder DVD, schließlich hat kein Genre außer dem Sexfilm so viele Direct-to-Video-Produktionen hervorgebracht. Sie sind Teil des gänzlich eigenen und eigentümlichen Universums, das sich der Horrorfilm geschaffen hat wie sonst vielleicht nur das Erotikkino – schließlich ist mit beiden auch eine Menge Geld zu verdienen. Anders als beim Sciene-Fiction-Genre gelang es dem Horrorfilm, sich flächendeckend auszubreiten, sowohl auf der Produktions- und Distributions- als auch auf der Rezeptionsebene. Bis heute bedient er unterschiedlichste Qualitäts- und Kommerzstufen: Auf dem Jahrmarkt der Leinwandattraktionen tummeln sich sowohl Hollywood-Großproduktionen, Mainstream-Streifen und Independents als auch Low- und No-Budget-Filme, produzieren in Ehren ergraute internationale Zeremonienmeister wie John Carpenter und Wes Craven neben Shootingstars wie Robert Rodriguez und unermüdlichen Szeneund Undergroundfilmern wie Olaf Ittenbach und Andreas Schnaas, entstehen Filme mit höchster Bild- und Tonqualität neben verwackelten und schlecht ausgeleuchteten Feierabendproduktionen auf Video oder digitalen Trägern, bei denen nur die Leidenschaft ihrer Macher größer ist als der bei jeder Einstellung ins Auge springende Mangel an Geld. Nur der Sexfilm kennt eine ähnlich reiche Sub- und Amateurkultur.
Die Gefühle, die das Horrorkino beim Betrachter auslöst, sind aber ebenso extrem individuell, wie das, was sie hervorruft, äußerst zeitabhängig ist. Horrorfilme laufen daher stärker noch als andere Genrefilme Gefahr, schnell altmodisch zu wirken, weil beispielsweise Bela Lugosi als Graf Dracula heute keine Alpträume mehr hervorruft, King Kong die Zuschauer nicht wie einst aus dem Kino rennen lässt oder der berühmte Duschmord in Psycho keinen Schock mehr auslöst. Auf diese kritischen Halbwertzeiten reagiert das Genre fast zyklisch mit zahlreichen Remakes, Bearbeitungen klassischer Protagonisten und Themen sowie Fortsetzungen, Prequels, Ripp-offs und Spin-offs, die im Idealfall versuchen, qualitativ einen genuinen Schrecken für ihre Zeit zu erzeugen, im schlechtesten und leider häufigsten Fall jedoch rein quantitativ auf mehr Blut und Eingeweide sowie einen höheren ›Body-count‹ setzen. Gelungene Neuverfilmungen der Universal-Klassiker wurden in den fünfziger und sechziger Jahren zum Grundstein des britischen Hammer Studios, bevor John Badham und Francis Ford Coppola mit ihren Interpretationen von 1979 und 1992 das Genre bereicherten; Karl Freunds The Mummy (Die Mumie, 1932) wurde nach Terence Fishers Verfilmung für die Hammer Studios (Die Rache der Pharaonen, 1959) Ende der neunziger Jahre digital zu multiplem Leben erweckt, George A. Romeros Klassiker Dawn of the Dead (1977) kam 2003 unter der Regie des Videoclip- und Werbefilmregisseurs Zack Snyder in neuem Gewand daher, das Remake von Tobe