Filmgenres: Horrorfilm. Группа авторов

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Filmgenres: Horrorfilm - Группа авторов Reclam Filmgenres

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(1994) zwei genre-fremde Regisseure, der Pate-Macher Francis Ford Coppola und der Shakespeare-Experte Kenneth Brannagh, mit Blick auf das große Publikum schwangen. ›Zeitgenössisch-authentisch‹, ›Werktreue‹, ›definitive Verfilmung‹ lauteten die Schlagwörter für die programmatische Nähe zur Vorlage, auf die auch die Autorennennung im Titel hinweisen sollte. Dieses Ansinnen machte auch vor einstigen Underground-Klassikern nicht halt, wie Tom Savinis farbige Version von George A. Romeros Night of the Living Dead aus dem Jahr 1990 illustrierte. Doch während Savini den pessimistischen Ton der Vorlage verstärkte, wollten Coppola und Brannagh die Tradition des gothic horror aus einer neuen und ungewöhnlichen Perspektive heraus erzählen und dabei wie Stephen Frears mit seiner Jekyll/Hyde-Adaptation Mary Reilly (1995) das menschliche Drama ihrer Geschichte fokussieren.

      Zum Ausgang des Jahrhunderts brachten die jungen Filmemacher Daniel Myrick und Eduardo Sanchez das Genre mit ihrem spektakulären Coup The Blair Witch Project wieder in aller Munde. Wie der Spanier Alejandro Amenábar in The Others setzten sie bei ihrem ›Mockumentary‹ in der Tradition Val Lewtons darauf, dass das wirklich Unheimliche das ist, was wir nicht sehen und was sich nur in unserer Phantasie abspielt, und schufen den wohl profitabelsten Horrorfilm aller Zeiten. Gleichzeitig wurde er zum Vorbild für neue Vermarktungsstrategien, denn erstmals war das Internet maßgeblich am kommerziellen Erfolg beteiligt.

      Für die Gegenwart des Horrorfilms ist das asiatische Filmschaffen immer einflussreicher geworden. Bereits Ende der achtziger Jahre brach die hongkong-chinesische Geistergeschichte A Chinese Ghost Story (1987) eine Lanze für den Horror aus Fernost. Und der japanische Horrorfilm Ringu (1997) avancierte zum Horror-Mythos des zu Ende gehenden Millenniums, wurde einem größeren westlichen Publikum jedoch bezeichnenderweise erst durch sein US-amerikanisches Remake The Ring (2002) bekannt. Ringu ist zugleich exemplarisch für eine neue Einfachheit im Horrorfilm und setzt wie Blair Witch Project und The Others fern von exzessiver Gewalt und Splattereffekten auf imaginativen Horror. Ringu läutete zudem im ewig stoffhungrigen Hollywood den Trend ein, erfolgreiche Horrorfilme aus Fernost wie Kuya (Cure, 1997), Pulse (Kairo, 2001) und Ju-on: The Grudge (2003) auf ihre Remake-Tauglichkeit zu überprüfen und umgehend für die USA zu adaptieren, wie es zuvor beispielsweise mit europäischen Erfolgsproduktionen, z. B. Nikita (1989), geschehen war.

      Wie sich schon beim Blair Witch Project andeutete, wird die Zukunft des Horrorfilms entsprechend dem Medienkonsum nachwachsender Fan-Generationen sich immer mehr in den Neuen Medien abspielen. Beispielsweise ist H. P. Lovecraft nach der Erfahrung des französischen Skandalautors Michel Houellebecq den jungen Horrorfans nicht mehr durch ihre Lektüre, sondern aus Computerspielen bekannt, mit denen der Horror eine enge kommerzielle Verbindung eingegangen ist. Und auch darauf reagiert das Genre schnell, wie David Cronenbergs eXistenZ (1998) beweist. Nicht zuletzt in dieser Sensibilität, Zeitströmungen filmisch aufzugreifen, liegt die Lebendigkeit und Stärke des Horrorfilms.

      Mein Dank gilt Harald Harzheim, Carlos Aguilar und Thomas Koebner für ihre Unterstützung sowie Rudolf Worschech für seinen Beistand und sein Verständnis.

      Herbst 2004

       Ursula Vossen

      Hinweis

      Die Szenenfotos der Buchausgabe werden aus urheberrechtlichen Gründen nicht in der E-Book-Version wiedergegeben.

      Literatur: Adolf Heinzlmeier / Jürgen Menningen / Berndt Schulz: Kultfilme. Hamburg 1983. – Norbert Stresau: Der Horror-Film. Von Dracula zum Zombie-Schocker. München 1987. – Hans Schifferle: Die 100 besten Horror-Filme. München 1994. – Jörg Lau: Mit dem Monster dealen. In: die tageszeitung. 22. 8. 1996. – Harald Harzheim: Das Gute durch das Böse beweisen. Der geschundene Körper im Splatter-Movie. In: Nachtblende. Nr. 2 (1997). – Paul Wells: The Horror Genre. From Beelzebub to Blair Witch. London 2000. – Marc Jancovich (Hrsg.): Horror. The Film Reader. London / New York 2002.

      Folgende Abkürzungen wurden verwendet: R = Regie; B = Buch; K = Kamera; M = Musik; D = Darsteller; s/w = schwarzweiß; f = farbig; min = Minuten; AUS = Australien; CAN = Kanada; D = Deutschland; E = Spanien; F = Frankreich; GB = Großbritannien; HK = Hongkong; I = Italien; JAP = Japan; NZ = Neuseeland; P = Portugal; S = Schweden; USA = Vereinigte Staaten von Amerika.

      Das Cabinet des Dr. Caligari

      D 1919 s/w 56 min

      R: Robert Wiene

      B: Hans Janowitz, Carl Mayer

      K: Willy Hameister

      M: Peter Schirmann (Neufassung)

      D: Conrad Veidt (Cesare), Werner Krauss (Dr. Caligari), Lil Dagover (Jane), Friedrich Fehér (Francis)

      Francis, Insasse eines Irrenhauses, erzählt einem Mitpatienten seine Geschichte: In der Kleinstadt Holstenwall will der obskure Dr. Caligari auf dem Jahrmarkt den Somnambulen Cesare ausstellen. Der Gemeindesekretär weist ihn zurück – und wird in der darauf folgenden Nacht ermordet. Jetzt ist der Weg für Caligari frei. Unter den Massen, die in die Schaubude des unheimlichen Doktors strömen, befinden sich auch Francis und sein Freund Alan, die beide in die schöne Jane verliebt sind. Alan fragt Cesare provokativ, wie lange er noch zu leben habe. »Bis zum Morgengrauen«, lautet dessen Antwort. Und wirklich: In derselben Nacht wird Alan getötet. Die Polizei verhaftet einen Verdächtigen, Francis aber sieht in Caligari den wahren Täter. Während er ihn beobachtet, merkt er nicht, dass dessen somnambuler Mordvollstrecker Cesare bei der schlafenden Jane einbricht. Sie töten, wie ihm von Caligari befohlen, kann er jedoch nicht – die Sinnlichkeit des Opfers hemmt seinen Antrieb – und entführt sie stattdessen auf die Dächer der Stadt. Zur gleichen Zeit hat Francis Caligari bis zu seinem Domizil, einer Irrenanstalt, verfolgt. Hier endet sein Bericht. Kurz darauf macht der Direktor der Anstalt die Visite und wird von Francis lautstark als Dr. Caligari attackiert. Der junge Mann wird in eine Zwangsjacke gesteckt, während der Direktor dessen Wahn begreift: »Er hält mich für jenen mystischen Caligari. Und nun kenne ich auch den Weg zu seiner Gesundung.«

      Das Cabinet des Dr. Caligari ist als erster expressionistischer Film weltberühmt und zum Gegenstand endloser Analysen geworden. Dabei bezieht sich sein Expressionismus weitestgehend auf den Dekor. Auch wenn es Bezüge zum literarischen Expressionismus gibt, wie das Vorkommen von Wahnsinnigen, Irrenanstalten und ›Tyrannenfiguren‹, so kommt Wienes Stummfilm inhaltlich wie motivisch aus der schwarzen Romantik, beruft er sich – wie sein Produzent Erich Pommer selber zugab – auf das Pariser ›Grand Guignol‹, jenes berühmte Splatter-Theater, das während des Ersten Weltkrieges seinen künstlerischen wie kommerziellen Höhepunkt erreichte. Dort war nämlich nicht allein der Wahnsinn das vorherrschende Thema, sondern Anstalten und Psychiatrien gehörten zu den bevorzugten Schauplätzen, z. B. in der berühmten Poe-Adaption Le système du Docteur Goudron et du Professeur Plume (1909, Maurice Tourneur). Mit dieser Verfilmung sowie mit dem Hypnotisieurspektakel Trilby (1915) brachte Tourneur die ›Grand Guignol‹-Ästhetik in der Filmwelt zur Wirkung und hatte damit auch direkten Einfluss auf Das Cabinet des Dr. Caligari. Nachdem Wienes Film in die Kinos gekommen war, erkannte das ›Grand Guignol‹-Theater dessen Stoff sofort als seinesgleichen und revanchierte sich 1925 mit der blutigen Bühnenadaption »Le Cabinet de Docteur Caligari«, für die André de Lorde, der Starautor des Hauses, höchstpersönlich verantwortlich zeichnete.

      Aber Das Cabinet des Dr. Caligari ist nicht nur ästhetisch von Wahn und zerstörter Seele beeinflusst, sondern auch biographisch, liegt ihm doch ein reales psychisches Leiden zugrunde. Die direkte Idee zu diesem Film wurzelt keineswegs allein in der – so oft beschriebenen – Intention, Macht und Autorität in der Weimarer Republik zu denunzieren, sondern nicht minder in

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