Next Energy. Группа авторов

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Next Energy - Группа авторов Dein Leben

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verlegt hat. Zum Glück reagiert es auf seinen Rufnamen – so findet Jan das Gerät meistens rasch unter Sofakissen, auf Schrankregalen oder an anderen ungewöhnlichen Ablageorten wieder.

       Was heißt hier inakzeptabel?

      Martin hatte 1980 seine berufliche Laufbahn bei einem regionalen Energieversorgungsunternehmen begonnen. Strom wurde ausschließlich in Großkraftwerken produziert und vielerorts noch über Freileitungen bis zu den Haushalten transportiert. Serienreife Windenergie- oder Solaranlagen waren seinerzeit noch nicht in Sicht, aber Techniken zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien wurden intensiv erforscht und erprobt. Martin erlebte in seinen ersten Berufsjahren, wie die Nieder- und Mittelspannungsnetze nach und nach aus dem Landschafts- und Städtebild verschwanden: Sie wurden unterirdisch verlegt, um besser vor Wettereinflüssen wie Sturm und Eis geschützt zu sein. Die Energieversorgung vor der Haustür geriet mit jedem demontierten Freileitungsmast buchstäblich weiter außer Sicht.

      Martin sorgte in seinem Bezirk für den zuverlässigen Betrieb der Stromnetze. Ihm fiel auf, dass Strom rund um die Uhr für viele seiner Freunde, Nachbarn und Kunden offenbar völlig selbstverständlich war. Ihm dämmerte, dass die unterirdische Verlegung der Leitungen dieses Desinteresse förderte: „Kaum jemand sieht, dass der Strom nicht aus der Steckdose kommt, sondern dass Aufwand dahintersteckt, ihn in jedes Haus zu bringen“, stellte er fest. „Umso sicherer scheinen alle zu sein, dass sie zu viel bezahlen müssen für ihre zuverlässige Energieversorgung.“ Als Ende der 1990er-Jahre die Energiekosten deutlich zu steigen begannen, wurde zunehmend heftig über die Ursachen diskutiert. Mit der Energiewende erreichte die Diskussion eine neue Dimension, denn die Kosten des Umbaus der Energieversorgung stiegen viel rascher als erwartet. Der Umbau geriet auch durch Proteste und Initiativen ins Stocken: Vielerorts wehrten sich Anwohner und Interessengruppen gegen neue Hochspannungsleitungen oder den Bau von Großkraftwerken, Windenergie-, Wasserkraft- oder Biogasanlagen. „Das ist doch verrückt“, wetterte Martin, wenn er mit Jan darüber diskutierte. „So viele Bürger stimmen der Energiewende zu. Und trotzdem werden neue Erzeugungsanlagen und Leitungen nicht akzeptiert. Das versteh’ mal einer…“

      Zu dem Zeitpunkt hatte Jan seine Ausbildung zum IT-Systemelektroniker und sein anschließendes Informatikstudium beendet und gerade im Berufsleben Fuß gefasst. Es fiel ihm nicht schwer, einen interessanten Arbeitsplatz zu finden: Gut ausgebildete Fachleute wie er wurden in der IT-Branche und in der Energiebranche händeringend gesucht. Jan arbeitete zunächst an einem Forschungsprojekt mit. Dabei wurde in einer Modellregion unter anderem untersucht, wie weit sich der Strombedarf von Unternehmen und Haushalten an das schwankende Windstromangebot anpassen ließ. Dazu wurden Windkraftanlagen, Haushalte, Kühlhäuser oder öffentliche Schwimmbäder miteinander vernetzt und bildeten so einen gemeinsamen Energiemarktplatz. Die Forscher untersuchten, inwieweit ein besserer Informationsaustausch zwischen den Teilnehmern dazu beitragen konnte, Stromüberschüsse sinnvoll zu nutzen und Stromengpässe durch zeitweises Absenken des Strombedarfs zu mindern. Untersucht wurde auch, ob und in welchem Umfang die Menschen überhaupt dazu bereit waren, ihr gewohntes Energieverhalten zugunsten dieser effizienteren Verteilung umzustellen.

      Je weiter die Energiewende vorankam, desto drängender wurden diese Kernfragen. Im Jahr 2050 decken erneuerbare Energiequellen den Strombedarf in Deutschland nahezu vollständig. Das funktioniert, weil der Bedarf sich dem verfügbaren Stromangebot flexibler anpasst und weil bei Versorgungsengpässen übergangsweise auf Batterien und längerfristige Speicherformen zurückgegriffen werden kann.

      Anders als Hanna und Jan wohnen deren Sohn Joost und seine Frau Frauke in einem Stadthochhaus. Zwar erzeugen moderne Hochhäuser auch Strom, die erzeugte Strommenge reicht aber höchstens für die Sicherheitstechnik, Beleuchtung und Klimatisierung der gemeinsam genutzten Flure und Räume. Dennoch kommen die Mieter meist mit niedrigen Stromflatrates aus, denn die moderne Gebäudetechnik des Hochhauses verhindert, dass unnötig Energie verbraucht wird, auch in den Wohnungen. Frauke und Joost zahlen nicht für die Anzahl ihrer verbrauchten Kilowattstunden, so wie es jahrzehntelang üblich war. Ihre Flatrate umfasst eine begrenzte Leistungsabgabe, deren Obergrenze sie einzuhalten versuchen. Dazu müssen sie teure Stromspitzen vermeiden, also darauf achten, dass sie nicht mit zu vielen Geräten gleichzeitig Strom verbrauchen. Brauchen sie eine höhere Leistung, wird für den Abrechnungszeitraum ausnahmsweise eine teurere Flatrate fällig. (Wie sieht die Stromrechnung morgen aus?, Kapitel 5)

      Für Hanna und Jan ist es wenig sinnvoll, eine Stromflatrate zu buchen. Ihr Eigenheim ist mit eigenen Stromerzeugungsanlagen und Speicherkapazitäten ausgestattet und bezieht vergleichsweise selten Strom aus dem öffentlichen Netz. Zeitweise produziert es sogar mehr Strom, als ihr Haushalt verbrauchen oder speichern kann. Diese Überschüsse bieten sie dem Betreiber des Stromnetzes an, der damit kurzfristige Spannungsschwankungen ausgleicht. 2050 sind solche „Systemdienstleistungen“ so wertvoll wie der produzierte Strom selbst, denn sie tragen zur Stabilität des Versorgungssystems bei. Es ist für Hanna und Jan deshalb günstiger, ihren Verbrauch und ihr Energieangebot sekundengenau abrechnen zu lassen. (Smart Home, Smart Grid, Smart City, Kapitel 3)

      Über Fragen der Energieversorgung wird 2050 aber längst nicht mehr so intensiv debattiert wie in den zurückliegenden Jahrzehnten. Die Stromkosten gehen langsam, aber stetig zurück. Frauke und Joost sind zwar grundsätzlich eher kritische Konsumenten, aber an der Stromversorgung, die größtenteils erneuerbare Energien einsetzt, gibt es aus ihrer Sicht wenig zu kritisieren. Sie sind den Anblick von Erzeugungsanlagen oder Stromspeichern im Landschaftsbild gewohnt. Zudem werden vielerorts Strommengen sehr unauffällig erzeugt – mit lichtempfindlichen Beschichtungen an Häuserwänden, auf Gebäudedächern und Fahrzeugoberflächen oder mit lichtempfindlichen Textilien, aus denen zahlreiche Alltagsgegenstände gefertigt werden wie Jacken, Schirme und Taschen. Frauke und Joost machen sich wie viele andere ihrer Generation mehr Gedanken darüber, wie sie als kritische Konsumenten Einfluss auf die Gestaltung von Produkten und auf die Produktionsbedingungen nehmen können.

       Schöne neue Datenwelt?

      Jan schlüpft in ein helles Hemd und eine graue Anzughose. Schlagartig fällt ihm noch etwas ein, das sich seit seiner Jugend enorm verändert hat: die Mobilität. Seit 2030 setzten sich nahezu geräuschlose und abgasfreie Antriebe auf den Straßen durch. Diese Entwicklung ging von den Städten aus, weil die Belastung durch Lärm und Abgase hier am höchsten war. Die Verkehrsströme wurden neu organisiert, keineswegs nur in den Städten. Das Energieversorgungssystem und die zunehmend elektrisch angetriebene Mobilität begannen zusammenzuwachsen – eine Entwicklung, die sich auch in einer Veränderung der Unternehmenslandschaft widerspiegelte. 2050 sind aus ersten branchenübergreifenden Kooperationen zahlreiche neue Dienstleistungsunternehmen geworden, die Energie, IT, Kommunikation und Mobilität aus einer Hand anbieten.

       Automatisierte Dienstleistungen verändern den Alltag. Wer sie nutzen will, muss seine persönlichen Daten preisgeben. Gelten diese Daten 2050 überhaupt noch als schützenswerte Privatsphäre?

      „Für meinen Enkel Keno ist es selbstverständlich, dass fast alles heute irgendwie mitdenkt oder wenigstens Energie erzeugt – vom Multifunktionsfenster bis zur Solarschicht-Jacke“, geht Jan durch den Kopf. „Keno kann jederzeit seinen Persönlichen Assistenten fragen. Oder er setzt eine ‚Schlaue Brille‘ auf und lässt sich erklären, was er gerade sieht oder wissen möchte. Informationen sind immer und überall verfügbar. Wie käme man in dieser Flut nur ohne persönliche Filterprogramme zurecht? Die lernen schnell, nur das zu liefern, was man wirklich braucht.“ Als IT-Fachmann ist Jan weit davon entfernt, sich eine Rückkehr in eine datenärmere Welt zu wünschen. Andererseits beschäftigt er sich in seinem Arbeitsalltag oft mit Fragen der Datensicherheit. „Wenn man ehrlich ist, sind auch die Programme aus unserem Sortiment

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