Time-Temperature-Indicators als Bestandteil intelligenter Verpackungen. obert Paul Simon
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„jede Verkaufseinheit, die als solche an den Endverbraucher und an Anbieter von Gemeinschaftsverpflegung abgegeben werden soll und die aus einem Lebensmittel und der Verpackung besteht, in die das Lebensmittel vor dem Feilbieten verpackt worden ist, gleichviel, ob die Verpackung es ganz oder teilweise umschließt, jedoch auf solche Weise, dass der Inhalt nicht verändert werden kann, ohne dass die Verpackung geöffnet werden muss oder eine Veränderung erfährt“.
Nicht erfasst sind dagegen
„Lebensmittel, die auf Wunsch des Verbrauchers am Verkaufsort verpackt oder im Hinblick auf ihren unmittelbaren Verkauf vorverpackt werden“.
Die harmonisierenden Vorgaben der LMIV zur Bereitstellung, Platzierung und Darstellung der verpflichtenden Angaben sind in der Regel nur auf vorverpackte Lebensmittel unionsweit ausnahmslos anzuwenden,15 da vor allem solche Produkte grenzüberschreitend und damit binnenmarktrelevant gehandelt werden. Für lose Ware sind hingegen eigene Vorschriften der einzelnen Mitgliedstaaten in Art. 44 LMIV ausdrücklich vorgesehen.16 In Deutschland wurde auf dieser Grundlage § 4 LMIDV erlassen.
13 Grube, in: Voit/Grube, Art. 2 Rn. 55. 14 Vgl. Grube, in: Voit/Grube, Art. 2 Rn. 53. 15 Siehe beispielsweise Art. 12 Abs. 2 und Art. 14 Abs. 1 LMIV. 16 Siehe beispielsweise auch die Verweise in Art. 12 Abs. 5, Art. 13 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 2 LMIV.
3. Verantwortlichkeiten im Rahmen der LMIV
Für die Konformität jeglicher Informationen über ein Lebensmittel mit der LMIV ist nach Art. 8 Abs. 1 und Abs. 2 LMIV
„der Lebensmittelunternehmer, unter dessen Namen oder Firma das Lebensmittel vermarktet wird oder [...] der Importeur, der das Lebensmittel in die Union einführt“,
verantwortlich. Diese Verantwortlichkeit wird auch als Primärverantwortlichkeit bezeichnet.17
Ergänzend statuiert Art. 8 Abs. 3 LMIV ein Abgabeverbot für den Fall, dass Unternehmer Informations- oder Kennzeichnungsfehler kennen oder annehmen müssen. Dadurch soll aber nicht die primäre Verantwortlichkeit für die Lebensmittelkennzeichnung aus Art. 8 Abs. 1 und Abs. 2 LMIV auf potenzielle Unternehmer mit derartigen Kenntnissen – also in erster Linie Zwischen-, Groß- und Einzelhändler – ausgeweitet werden, sondern diese verbleibt – entsprechend der vorrangigen Verantwortlichkeit auf Herstellerebene nach Art. 19 Abs. 2 BasisVO – an gleicher Stelle.18 In der Praxis bedeutet dies, dass Händler bei Kenntnis von Mängeln des Mindesthaltbarkeitsdatums (MHD) bzw. Verbrauchsdatums (VD), etwa durch ein ungeeignetes Verfahren zu dessen Bestimmung, ein solches Lebensmittel nicht nach Abs. 3 in Verkehr bringen dürfen. Eine solche Kenntnis kann sich beispielsweise aus Beanstandungen der Kunden ergeben.19
Zusätzlich tragen sowohl der nach Abs. 1 und Abs. 2 primärverantwortliche Vermarkter als auch ein anderer Lebensmittelunternehmer eine eigenständige, ergänzende, sekundäre Verantwortung nach Art. 8 Abs. 5 LMIV. Die dortige Formulierung entspricht der allgemeinen Regelung nach Art. 17 Abs. 1 BasisVO und kann daher als Auffangverantwortlichkeit verstanden werden. Demnach
„stellen die Lebensmittelunternehmer in den ihrer Kontrolle unterstehenden Unternehmen die Einhaltung der für ihre Tätigkeiten relevanten Anforderungen des Lebensmittelinformationsrechts und der einschlägigen einzelstaatlichen Rechtsvorschriften sicher und prüfen die Einhaltung dieser Vorschriften nach.“
Diese Verpflichtung erfüllen sie vor allem in Form von Schlüssigkeitsprüfungen und Stichproben. Sie ergänzt außerdem Art. 8 Abs. 3 LMIV, wonach keine rechtlich zu beanstandenden Lebensmittel in Verkehr gebracht werden dürfen.
Gleichzeitig soll diese Prüfpflicht jedoch nicht die staatliche Aufgabe der amtlichen Lebensmittelkontrollen nach Art. 17 Abs. 2 BasisVO i.V.m. der KontrollVO erleichtern. Es ist nicht die Aufgabe des nach Abs. 5 nur Sekundärverantwortlichen zu prüfen, ob der nach Abs. 1 Primärverantwortliche seine Pflichten erfüllt hat.20 Der Händler soll also nicht kontrollieren, ob der Hersteller generell das MHD richtig berechnet, sondern er muss stichprobenartig überprüfen, ob ein MHD angegeben und ob dieses zumindest schlüssig – also etwa nicht in der Vergangenheit liegend – ist. Bestehen hinreichende Anhaltspunkte für einen Verstoß, so besteht auf nachrangiger Stufe die Pflicht, den Hersteller zu entsprechenden Maßnahmen anzuhalten.21
Setzt also ein Lebensmittelproduzent TTI zur Bestimmung des MHD oder des VD ein und wissen Händler auf folgenden Stufen der Lieferkette davon, so sind sie nach Art. 8 LMIV nicht dazu angehalten zu überprüfen, ob dieser TTI seine Bestimmung erfüllt und zu korrekten Datumsangaben führt. Hierfür ist allein der primärverantwortliche Vermarkter zuständig.
Änderungen und Ergänzungen
Das Konzept, TTI als intelligentes Label zur Verringerung der Lebensmittelverschwendung und zur Verhinderung unnötiger Lebensmittelabfälle einzusetzen, setzt unter Umständen voraus, dass ein einmal angebrachtes MHD bzw. VD geändert werden kann. Art. 8 Abs. 4 LMIV enthält die Befugnis zu solchen Änderungen und Ergänzungen.22
Die Vorschrift beschränkt sich dabei – anders als etwa in Abs. 2 – nicht auf den „für die Information über das Lebensmittel verantwortliche[n]“ Lebensmittelunternehmer. Der Wortlaut spricht somit nicht dagegen, allen Lebensmittelunternehmern entlang der denkbaren Lieferketten die Änderungsbefugnis zuzusprechen. Auch die Systematik legt dies nahe, indem Abs. 4 S. 2 dem Ändernden die Verantwortung für die Rechtmäßigkeit der Änderung zuweist.
Drei Grundkonstellationen sind bei der Änderung der Kennzeichnung zu unterscheiden:
Nimmt der nach Art. 8 Abs. 1 und 2 LMIV primärverantwortliche Vermarkter die Änderung vor (Konstellation 1), so bleibt Abs. 4 S. 2 ohne Konsequenzen.
Die beiden anderen Konstellationen betreffen den Fall, dass ein anderer als der Vermarkter die Kennzeichnung ändert. Dies kann mit und ohne Zustimmung des primärverantwortlichen Vermarkters geschehen.
Die Änderung mit dessen Einverständnis ist wiederum unproblematisch. Sie findet weiterhin im Verantwortungsbereich des Vermarkters statt, ohne dass sich Art. 8 Abs. 4 S. 2 LMIV auswirkt. Denn für die Abgrenzung und die Zuteilung der „Änderungsverantwortlichkeit“ nach Art. 8 Abs. 4 S. 2 LMIV ist nicht entscheidend, wer die tatsächliche Änderungshandlung getätigt hat, sondern wer die inhaltliche Entscheidung trifft.23
Die Änderung mit Einverständnis des Vermarkters (Konstellation 2) stellt sich im Ergebnis als Unterfall der Änderung durch den Vermarkter dar. Für denjenigen Lebensmittelunternehmer, der die tatsächliche Ergänzung bzw. Veränderung vornimmt, verbleibt es – wie oben dargestellt – bei seiner Sekundärverantwortlichkeit aus Art. 8 Abs. 5 LMIV, jedenfalls solange er nicht seinerseits als Vermarkter auftritt.24
Art. 8 Abs. 4 S. 2 LMIV kommt daher erst in der dritten Konstellation zur Geltung, wenn eine Änderung oder Ergänzung ohne Einverständnis des Vermarkters vorgenommen wird (Konstellation 3). In diesem Fall ist der ändernde Lebensmittelunternehmer und nicht mehr der Vermarkter aus Abs. 1 und Abs. 2 hierfür verantwortlich. Dies gilt unabhängig davon, ob er die Änderung zur Behebung eines Kennzeichnungsfehlers oder aus absatzfördernder Eigenmotivation vornimmt.