Die Elfen der Dämmerung: 3 dicke Fantasy Sagas auf 1500 Seiten. Frank Rehfeld
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Und sie war eine Falle, in der sie festsaßen. Zwar hatte die dichte weiße Decke ihre Spuren so schnell wieder verdeckt, wie sie sie hinterlassen hatten, doch noch immer hatten die mit der rauen Witterung hier wesentlich besser vertrauten Clanskrieger die Jagd auf sie nicht abgebrochen, sondern streiften auf der Suche nach ihnen mit der Unbeirrbarkeit von Bluthunden in der Umgebung herum. Es war nur eine Frage der Zeit, bis sie dieses Versteck entdecken würden, und dann gab es keine Rettung mehr. Und selbst wenn die Hornmänner sie wie durch ein Wunder nicht entdecken und sich zurückziehen sollten, so besaßen sie doch keine Pferde mehr, und zu Fuß würden sie dieser Hölle aus Schnee und Eis und Kälte niemals entrinnen können.
Drei Tage lang war es nun schon nicht mehr richtig hell geworden; Tag und Nacht ließen sich nur dadurch auseinanderhalten, dass es vor dem Höhlenausgang manchmal völlig und dann wiederum für einige Stunden etwas weniger dunkel wurde. Während der ganzen Zeit hatte der Schneesturm nicht für eine einzige Minute aufgehört. Manchmal ließ er lediglich in seinem Wüten vorübergehend ein wenig nach, aber immer nur, um anschließend mit noch größerer Heftigkeit weiterzutoben.
Im Licht des kleinen, leuchtenden Kristalls auf dem Boden vor ihm, der einzigen Lichtquelle, die die Höhle erhellte, ließ Maziroc seinen Blick noch einmal über die Gesichter seiner Gefährten wandern. Der grünliche Schein des Skiils ließ sie noch schlechter und kränklicher aussehen, als es ohnehin der Fall war, gerade so, als wären sie bereits tot und würden nur durch eine finstere Magie noch mit einem Hauch unheiligen Lebens erfüllt.
Sein Blick verharrte auf einem dunkelhaarigen Mann mittleren Alters, der ihm gegenüber aufrecht gegen die Felswand gelehnt saß. Außer ihm selbst war Scruul der einzige noch lebende der vier Magier, die ursprünglich an dieser Expedition teilgenommen hatten. Auch Scruul schlief nicht, obwohl es bei flüchtiger Betrachtung so aussehen mochte. In Wahrheit jedoch war er in eine tiefe Trance versunken, die es ihm ermöglichte, seiner unvergleichlichen magischen Fähigkeit nachzugehen. Auf eine Art, die nicht einmal Maziroc zu begreifen imstande war, vermochte Scruul mit der puren Kraft seines Geistes ein schattenhaftes Abbild seiner selbst zu erschaffen, eine Art körperloses Gespenst, in dessen Gestalt er unbemerkt von anderen umherwandern und beobachten konnte. Hätte er sie aufgrund dieser Begabung nicht schon bei ihrem Ritt hierher einige Male rechtzeitig gewarnt, dann wären sie erst gar nicht unbemerkt bis so tief ins Herz von Skant gelangt.
Im Augenblick nutzte Scruul seine Fähigkeit, um die nähere Umgebung auszukundschaften und ihnen von Zeit zu Zeit die Position und die Pläne der Hornmänner mitzuteilen. Dadurch bildete er ihr Auge und Ohr für alles, was außerhalb der Höhle geschah, und auf ihm beruhte die letzte geringe Hoffnung, die Maziroc noch hatte.
All das, sowie die Tatsache, dass er sich bislang als treu und loyal und äußerst wertvoll erwiesen hatte, änderte jedoch nichts daran, dass Maziroc ihn nicht sonderlich mochte. Anfangs hatte er ihm sogar so stark misstraut, dass er gezögert hatte, ihn überhaupt mitzunehmen. In erster Linie mochte es daran liegen, dass er kein Ishar war, niemals die Weihe des Magierordens erhalten und einen Eid auf dessen Regeln und Ideale abgelegt hatte. Niemand wusste, woher er stammte, und auch Scruul selbst hatte sich diesbezüglich bislang in Schweigen gehüllt. Er war im Laufe der letzten Jahre bereits mehrfach Gast in Cavillon gewesen, und als es um die Zusammenstellung dieser Expedition ging, hatte er seine Hilfe angeboten, die Maziroc seinen Bedenken zum Trotz schließlich akzeptiert hatte.
Ebenso hatte sich auch Miranya zu dieser Zeit zufällig in Cavillon aufgehalten, sie allerdings zum ersten Mal. Zwar hatten sich die Hexen einst vom Orden gelöst und diesen dadurch in Ishar und Vingala gespalten, doch sie waren einander stets freundschaftlich verbunden geblieben und arbeiteten häufig gemeinsam an der Lösung irgendwelcher Probleme. Aus diesem Grund hatte auch Miranya nicht gezögert, ihre Hilfe anzubieten, und Maziroc hatte sie angenommen. Er mochte die blonde, hübsche und meist fröhliche Vingala auf eine väterliche Art. Vor allem für sie tat es ihm leid, dass diese Reise so verhängnisvoll enden würde.
Die anderen beiden Magier sowie ihre schwer bewaffnete Begleiteskorte hatte Maziroc unter den übrigen Freiwilligen ausgewählt. Jeder, der sich ihm angeschlossen hatte, hatte die Gefahren gekannt, aber dennoch fühlte er sich auf eine bedrückende Weise persönlich schuldig am Tod der Männer und Frauen. Sie hatten seiner Führung ihr Leben anvertraut, doch das einzige Ziel, an das er sie geführt hatte, waren die Pforten des Totenreichs.
Ohne dass Maziroc es bewusst wahrnahm, glitten seine Gedanken immer mehr ab, verwirrten sich und taumelten den ins Reich der Träume führenden Weg entlang. Wenige Sekunden, bevor der Schlaf ihn vollends mit seinen Schattenarmen umfangen und an seine schwarze Brust drücken konnte, ließ eine Bewegung ihn jedoch wieder hochschrecken. Scruul war aus seiner Trance erwacht, rieb sich mit der Hand über die Augen und massierte seine Schläfen. Er biss die Zähne so fest zusammen, dass seine Wangenknochen hervorstanden. Sein Gesicht war von Erschöpfung und dem Schmerz, der die Rückkehr von einer Geisteswanderung stets begleitete, gezeichnet.
"Sie kommen", presste er matt hervor und blickte Maziroc aus blutunterlaufenen Augen an. "Sie sind bereits ganz nah. Eine Zeit lang haben sie beratschlagt, ob sie die Verfolgung abbrechen sollen, aber dann haben sie anders entschieden, weil sie fürchten, dass man es ihnen als Schwäche auslegen würde. Sie werden uns entdecken, daran gibt es keinen Zweifel mehr."
Maziroc nickte nur knapp. Ohne weitere Fragen begann er damit, die anderen aufzuwecken.
*
Die vordersten Hornmänner waren noch knapp ein Dutzend Schritte vom Eingang der Höhle entfernt, als Maziroc das Zeichen zum Angriff gab. Die Pfeile der drei Soldaten, die von ihrer Eskorte noch am Leben waren, zischten den Clanskriegern entgegen und töteten drei von ihnen, bevor diese die Gefahr auch nur erkannten. Ein weiterer Pfeil, den Miranya abgefeuert hatte, war nicht ganz so präzise gezielt oder besaß nicht genügend Durchschlagkraft; er glitt von den Hornschuppen ab, mit denen die Angreifer von Kopf bis Fuß gepanzert waren, und schleuderte den Mann lediglich durch die Wucht des Aufschlags einen Schritt zurück.
Gleichzeitig schlug Maziroc mit geballter geistiger Kraft zu. Drei weitere Hornmänner gerieten ins Taumeln, als er mit unsichtbaren Fühlern nach ihrem Bewusstsein griff, pressten sich die Hände gegen den Kopf und brachen gleich darauf ohnmächtig zusammen.
Erschrockene Rufe klangen auf. Durch den Überraschungsangriff aus dem Hinterhalt war es ihnen gelungen, gleich sechs der Clanskrieger auszuschalten. Allerdings standen sie immer noch einer mehr als sechsfachen Übermacht gegenüber, und ein weiterer solcher Erfolg würde ihnen nicht noch einmal gelingen. Ihre Gegner waren nun gewarnt und wussten, wo sie sich befanden, und nach Überwindung einer kurzen Schrecksekunde waren sie blitzartig in Deckung gegangen. Die hohen Schneewehen und der unvermindert tobende Sturm boten ihnen ausreichend Sichtschutz.
Maziroc gab sich keinen falschen Hoffnungen hin. Man brauchte bei Weitem kein strategisches Genie sein, um zu ahnen, was die Hornmänner als Nächstes unternehmen würden. Es gab nur eine einzige offensichtliche Taktik, und jeder Narr würde darauf kommen. Die Clanskrieger brauchten