Die Elfen der Dämmerung: 3 dicke Fantasy Sagas auf 1500 Seiten. Frank Rehfeld
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Maziroc nickte widerstrebend. Dieser Argumentation konnte er wenig entgegensetzen. Allerdings stand für ihn durchaus noch nicht fest, dass Miirn der Austragungsort des bevorstehenden Krieges sein würde, zumindest nicht der einzige. Es ergäbe einfach keinen Sinn, wenn die Damonen ihren Eroberungsfeldzug ausgerechnet hier starten würden. Dafür war Miirn zu unbedeutend, sah man von Ravenhorst selbst einmal ab. Große Teile des Landes waren Sumpfgebiete. Wirklich fruchtbare Landstriche waren dünn gesät, und dementsprechend wenige Städte gab es. Einem Angreifer wie den Damonen hatten sie praktisch nichts entgegenzusetzen.
In jedem anderen der umliegenden Länder, vor allem in Larquina, wo sich sowohl die Hohe Festung der Elben wie auch die Ordensburg der Magier befand, hätten sie weitaus größeren Widerstand zu erwarten. Aus diesem Grund hätte alles dafür gesprochen, zuerst dort anzugreifen, bevor der Widerstand sich richtig formieren konnte.
Aus diesem Grund war Maziroc noch längst nicht davon überzeugt, ob Miirn wirklich das Hauptziel der Damonen war. Sicher, der Drachenreiter hatte von einem gewaltigen Heer gesprochen, doch bislang wusste niemand von ihnen auch nur annähernd, wie stark die Damonen zahlenmäßig waren. Vielleicht waren sie in der Lage, mehr als nur ein Ziel gleichzeitig anzugreifen und hatten sich getrennt. Es war also durchaus denkbar, dass sich weitere Heere der Ungeheuer auf Larquina und die anderen mächtigen, dicht besiedelten Länder zubewegten.
Erschreckend daran war vor allem die Geschwindigkeit, mit der dies geschah. So weit, wie sie in Richtung auf Miirn bereits vorgerückt waren, hatten sie sich mit ihrem ganzen Heer kaum langsamer bewegt als er und Pollus, dabei waren sie so schnell geritten, wie es ihnen und den Pferden möglich gewesen war. Sollte seine Befürchtung zutreffen, dass ein weiteres Damonenheer auch nach Nordwesten vordrang, dann könnte es bei gleichem Tempo fast schon das Largos-Gebirge erreicht haben. Falls sie keine Zeit mit einer Belagerung der Hohen Feste verschwendeten, lag Larquina offen vor ihnen, sobald sie die Berge überquerten.
"Und wie wird es später sein?", hakte Maziroc nach. "Wenn die Allianz den Kampf gegen die Damonen aufnimmt, werdet Ihr dann auch außerhalb von Ravenhorst an unserer Seite kämpfen, oder wollt Ihr bloß zur Verteidigung Eurer Heimat unsere Hilfe annehmen?"
"Darüber werden wir entscheiden, wenn es so weit ist", erklärte Borrus. "Bis dahin kann noch so vieles geschehen, dass wir Euch jetzt weder eine Zusage geben können, noch eine Absage."
Verbittert erkannte Maziroc, dass er wieder genauso weit war, wie bei seiner Ankunft. Bis sich der Widerstand gegen die Damonen formiert hatte und die Streitkräfte der zu gründenden Allianz für den Kampf gegen die Ungeheuer bereit waren, würden die Zwerge hier in Ravenhorst abwarten und nur aktiv werden, falls die Damonen tatsächlich in die Sümpfe vordringen sollten.
"Ich verstehe", murmelte er. "Das ist nicht gerade die Antwort, auf die ich gehofft habe, aber es ist Eure Entscheidung." Er deutete eine Verbeugung an. "In diesem Fall werde ich Ravenhorst noch heute verlassen, da meine Hilfe anderenorts sicherlich dringender gebraucht wird."
"Nicht ganz so voreilig", bremste Borrus ihn. "Ich kann verstehen, dass Ihr möglichst schnell nach Cavillon zurückkehren möchtet, aber wie wollt Ihr das schaffen?"
"Ich fürchte, ich verstehe nicht, worauf Ihr hinauswollt", entgegnete Maziroc verständnislos, runzelte die Stirn und blickte den Zwergenkönig fragend an.
"Ich spreche davon, dass Ihr in Euren sicheren Tod reiten würdet", erklärte Borrus und beugte sich auf seinem Thron vor. "Wohin wollt Ihr Euch wenden? Im Süden würdet Ihr zwangsläufig auf die Damonen treffen. Im Norden hingegen müsstet Ihr einen gewaltigen Umweg um das Binnenmeer machen und anschließend geradewegs durch das Hügelland von Skant reiten, und dort würden Euch die Hornmänner auflauern. Eure Chancen, Cavillon lebend zu erreichen, sind verschwindend gering."
"Ich werde es schon irgendwie schaffen", murmelte Maziroc wider besseres Wissen. Es war eine reine Trotzreaktion, denn über diesen Punkt hatte er tatsächlich noch gar nicht nachgedacht.
"In der Tat, das werdet Ihr, denn wir werden Euch dabei helfen", sprach Borrus weiter. "Ihr befindet Euch nur deshalb in Eurer jetzigen Situation, weil Ihr hergekommen seid, um uns zu warnen, auch wenn Ihr uns gleichzeitig um Hilfe bitten wolltet. Aber für Eure Warnung stehen wir in Eurer Schuld, und wir möchten nicht, dass Ihr durch Eure Hilfe Nachteile in Kauf nehmen müsst. Wenn Ihr es wünscht, werden wir Euch deshalb mit einem Drachen zurück nach Cavillon bringen."
Das Angebot verschlug Maziroc für einen Moment die Sprache, denn damit hatte er am wenigsten gerechnet. "Das ... wäre ausgesprochen großzügig", antwortete er überrascht. Sein Herz schlug plötzlich schneller. Soweit er wusste, hatten die Zwerge noch nie einem Menschen gestattet, mit einem ihrer Drachen zu fliegen, und nun würde ausgerechnet er der Erste sein, dem dieses Privileg zugestanden wurde. Er konnte es kaum fassen. Trotz der Gefahr durch die Damonen und der Enttäuschung, die er gerade noch erlebt hatte, erfüllte eine wilde Vorfreude sein Herz.
"Würden wir Euch jetzt aufbrechen lassen, kämt Ihr erst spät in der Nacht auf Cavillon an, und angesichts der unübersichtlichen Situation, die momentan herrscht, erscheint mir ein nächtlicher Flug zu gefährlich. Wir werden noch warten, bis die übrigen Drachenreiter, die hauptsächlich in westlicher Richtung unterwegs sind, heute Abend hoffentlich wohlbehalten zurückkehren, und uns anhören, was sie zu berichten haben. Auch für Euch dürften diese Informationen interessant sein. Morgen früh könnt Ihr dann aufbrechen."
Maziroc nickte freudig.
"Ich kann mich nur für Eure Großzügigkeit bedanken", sagte er. Er drehte sich um, als wollte er den Saal verlassen, stockte dann aber und wandte sich noch einmal den Königen zu. "Ach ja, eine Kleinigkeit noch. Ich hoffe, Ihr habt nicht vergessen, dass ich noch einen menschlichen Begleiter bei mir habe, nicht wahr?"
Der Austausch
Miranya wusste nicht, wie viele Tage sie sich bereits in der Gefangenschaft Scruuls und seiner Mitverschwörer befand. Es waren nicht allzu viele, vielleicht drei oder vier, aber genau wusste sie es nicht, denn in dem dunklen, fensterlosen Raum hatte sie jedes Gefühl für die Zeit verloren. Die meiste Zeit hatte sie geschlafen, zumal ihr nicht viele andere Möglichkeiten geblieben waren, sich zu beschäftigen. Wenn sie wach war, hatte sie dumpf vor sich hin gegrübelt und versucht, Fluchtpläne zu schmieden. Einige hätten sogar durchaus Aussicht auf Erfolg gehabt,