Steuerstrafrechtliche Risiken in Krise und Insolvenz. Jens M. Schmittmann
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Als Folge daraus fällt die Erfüllung der versäumten steuerlichen Pflichten durch den Insolvenzverwalter ex nunc weg.50
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Nach der Rechtsprechung des BGH steht dem Verwalter bei gewährter Kostenstundung im eröffneten Insolvenzverfahren ein Anspruch auf Erstattung angemessener Kosten für einen Steuerberater als Auslagen gemäß §§ 4a, 63 InsO, § 4 Abs. 1, 2 InsVV aus staatlichen Mitteln zu, wenn das Finanzamt den Insolvenzverwalter trotz Masseunzulänglichkeit des Verfahrens nachhaltig auffordert, umfangreiche steuerliche Tätigkeiten zu erbringen.51
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Der Verwalter sollte sich darum bemühen, Probleme mit dem Finanzamt einvernehmlich zu lösen. Er kann gemäß § 109 AO Fristverlängerungsanträge für die Abgabe der Steuererklärungen stellen. Sofern Schwierigkeiten bei der Einhaltung der Buchführungspflichten bestehen, kann er Erleichterungen nach § 148 AO beantragen. Der Verwalter kann Erklärungen mit geschätzten Zahlen abgeben, wobei er ausdrücklich auf die Schätzung hinzuweisen hat.52
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Praxistipp:
Der Antrag auf Fristverlängerung zum Zweck der Stundung fälliger Steuerzahlungen bei bereits fertiggestellter Steuererklärung kann eine Steuerhinterziehung darstellen. Der Grund ist darin zu sehen, dass bereits die verspätete Festsetzung oder Beitreibung von Steuerforderungen einen steuerlichen Vorteil darstellt.53
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Für den Insolvenzverwalter entsteht eine aus seiner Position problematische Situation, wenn er anstelle des Schuldners von der Finanzbehörde zur Abgabe von Steuererklärungen aufgefordert wird. Der BFH hat in seiner Entscheidung vom 23.8.1994 erkannt, dass es in der Regel unerheblich sei, ob die Masse über ausreichende Mittel verfüge, um Steuererklärungen durch einen Dritten erstellen zu lassen. Der Konkursverwalter kann danach die Abgabe der Steuererklärung nicht mit der Begründung ablehnen, die Kosten für die Erstellung der Steuererklärung durch einen Steuerberater könnten nicht aus der Masse beglichen werden.54
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Der Abschlussbericht der Bund-Länder-Arbeitsgruppe „Insolvenzrecht“ aus dem Jahr 2001 kam in Verfahren, die masselose, vermögenslose Kleingewerbetreibende betreffen, zu den nachstehenden Feststellungen: Regelmäßig veranlasst die Finanzbehörde im Fall der Nichterfüllung von Steuererklärungspflichten durch den Schuldner für die vergangenen Veranlagungszeiträume Schätzungen. Die Schätzungen bewirken nicht, dass der Schuldner bzw. der Insolvenzverwalter von der Pflicht zur Abgabe von Steuererklärungen befreit ist. Die Befreiung kommt aus den Gründen der Gleichbehandlung mit anderen, nicht in der Insolvenz befindlichen Personen nicht in Betracht. Zudem ist nicht nur die Steuererklärungspflicht, sondern auch das Steuererklärungsrecht zu bedenken. Der Insolvenzverwalter muss bei der Schätzung, die zu hoch ausfällt, das Steuererklärungsrecht in Anspruch nehmen können, um eine niedrigere Steuerfestsetzung zu erreichen. Da auf das Steuererklärungsrecht des Insolvenzverwalters nicht verzichtet werden kann, kommt aus diesem Grund eine einseitige Befreiung von der Steuererklärungspflicht nicht in Betracht.55
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Die Finanzbehörde ist darum bemüht, die Veranlagungszeiträume periodengerecht abzuschließen. Das hat für den Insolvenzverwalter zur Folge, dass er in der Regel die aktuellen Steuererklärungspflichten zu erfüllen hat. Um die Veranlagungsarbeiten abzuschließen, wendet die Finanzbehörde regelmäßig das Instrument der Schätzung an. Sie verzichtet für gewöhnlich auf Zwangsgeldfestsetzungen gegen den Insolvenzverwalter zur Durchsetzung der Steuererklärungspflichten. Daher sind Probleme im Hinblick auf die Steuererklärungspflichten des Insolvenzverwalters im massearmen Verfahren bei Zugrundelegung der dargestellten Schätzungspraxis der Finanzbehörde weitgehend theoretischer Natur. Sollte der Insolvenzverwalter im Einzelfall zur Erfüllung von umfangreichen Steuererklärungspflichten angehalten werden, besteht für ihn die Möglichkeit, Masseunzulänglichkeit anzuzeigen.56
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Praxistipp:
Die Finanzbehörde kann Zwangsgeld gegen den Insolvenzverwalter wegen der Nichtabgabe von Steuererklärungen festsetzen.57
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Nicht ohne Ironie merkt der BFH an, dass die Erstellung von „Null-Erklärungen“ einem Insolvenzverwalter, der auch Rechtsanwalt ist, „keine Schwierigkeiten bereiten sollte“.58
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Das Finanzamt ist berechtigt, zwecks fehlender Beibringung von Steuererklärungen Anordnungsverfügungen und Zwangsgeldandrohungen gegen den Konkursverwalter auszubringen.59
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Das Zwangsgeld ist nicht gegen die Insolvenzmasse, sondern gegen den Insolvenzverwalter persönlich festzusetzen.60
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Bei Personenhandelsgesellschaften hat der Insolvenzverwalter soweit die Steuererklärungen abzugeben, wie es sich um Steuern handelt, die auch von der Gesellschaft geschuldet werden, also z.B. die Umsatzsteuer- und Gewerbesteuererklärung, nicht aber die Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Gewinnfeststellung. Soweit die Gesellschafter Interesse an der Abgabe solcher Steuererklärungen haben, z.B. im Zusammenhang mit der Erhaltung von Verlustvorträgen etc., haben sie die Möglichkeit, der ansonsten durch die Finanzverwaltung drohenden Schätzung zu entgehen, indem sie die Erstellung der Erklärungen durch den Insolvenzverwalter bzw. einen von ihm zu beauftragenden Steuerberater bevorschussen.
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Im Hinblick darauf, dass den Insolvenzverwalter auch die Verpflichtung trifft, rückständige Steuererklärungen zu erstellen, ist hier eine Abgrenzung zur Berichtigung nach § 153 AO vorzunehmen (vgl. dazu Rn. 580ff.).
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Berichtigungen können sich sowohl zugunsten der Insolvenzmasse auswirken, z.B. bei der Ausbuchung von Forderungen und bei Bestandsveränderungen, aber auch zulasten der Insolvenzmasse, z.B. bei der Erfassung bislang nicht erklärter Umsätze sowie der Auflösung von Rückstellungen.
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Die Hinnahme von Schätzungen (§ 162 AO) kann den Straftatbestand der Steuerhinterziehung erfüllen (vgl. dazu Rn. 634).
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Im Übrigen sollte der Insolvenzverwalter erwägen, ggf. auch eine Aufklärung des Sachverhalts durch Nutzung des Informationsfreiheits- und Transparenzrechts herbeizuführen.61
2. Umsatzsteuer
a) Grundsätze
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Bei der Umsatzsteuer besteht erfahrungsgemäß ein besonders hohes Haftungsrisiko, da die Umsatzsteuer als Verbrauchsteuer unabhängig vom wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens ist und daher ausschließlich an die Ausführung von Lieferungen und sonstigen Leistungen anknüpft. Zutreffend hat der BFH zum Sinn der Umsatzsteuer im Jahre 1973 noch konstatiert: „Die meisten Verkehrssteuern einschließlich der Umsatzsteuer haben keinen tieferen Sinn als den, dem Staat Geld zu bringen“.62
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Von besonderer Bedeutung