Steuerstrafrechtliche Risiken in Krise und Insolvenz. Jens M. Schmittmann
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Die Regelung des § 55 Abs. 4 InsO ist im Rahmen einer vorläufigen Eigenverwaltung gem. Art. 8 SanInsFoG erst in Insolvenzverfahren anwendbar, die nach dem 31.12.2020 beantragt worden sind. Auch im Rahmen der Übergangsregelung des § 5 COVInsAG zur Eigenverwaltung und des § 6 COVInsAG zum Schutzschirmverfahren ist bereits die Neufassung des § 55 Abs. 4 InsO anzuwenden.
3. Vorläufiger Insolvenzverwalter
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Das Insolvenzgericht hat gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 InsO alle Maßnahmen zu treffen, die erforderlich erscheinen, um bis zur Entscheidung über den Antrag eine den Gläubigern nachteilige Veränderung in der Vermögenslage des Schuldners zu verhüten. Zu den Sicherungsmaßnahmen gehört insbesondere die Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters (§ 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 InsO) und die Anordnung eines allgemeinen Verfügungsverbots oder eines Zustimmungsvorbehalts (§ 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 InsO).
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Ordnet das Insolvenzgericht ein allgemeines Verfügungsverbot an, wird ein sog. „starker“ vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt. Ein „starker“ vorläufiger Insolvenzverwalter hat die gleichen Rechte und Pflichten wie ein Insolvenzverwalter im eröffneten Insolvenzverfahren.27
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Wird kein allgemeines Verfügungsverbot angeordnet, sondern lediglich ein Zustimmungsvorbehalt, so handelt es sich um einen „schwachen“ vorläufigen Insolvenzverwalter.28
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Die Vermögensverwaltung steht einem „schwachen“ vorläufigen Insolvenzverwalter nicht zu, sodass kein Fall von § 34 Abs. 3 und Abs. 1 AO vorliegt. Der „schwache“ vorläufige Insolvenzverwalter ist daher weder berechtigt noch verpflichtet, die steuerlichen Angelegenheiten des Schuldners zu regeln.29
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Auch wenn § 55 Abs. 4 InsO regelt, dass Verbindlichkeiten des Insolvenzschuldners aus dem Steuerschuldverhältnis, die von einem vorläufigen Insolvenzverwalter oder vom Schuldner mit Zustimmung eines vorläufigen Insolvenzverwalters begründet worden sind, nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens als Masseverbindlichkeiten gelten, wird der „schwache“ vorläufige Insolvenzverwalter dadurch nicht zum Vertreter i.S.v. § 34 Abs. 3 und Abs. 1 AO.30
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Nur soweit der „schwache“ vorläufige Insolvenzverwalter vom Insolvenzgericht ausdrücklich ermächtigt wurde, Masseverbindlichkeiten einzugehen, obliegt ihm insoweit eine Steuererklärungspflicht.31
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Ein „schwacher“ vorläufiger Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt wird selbst dann nicht zum Vermögensverwalter i.S.v. 34 Abs. 3 AO oder zum Verfügungsberechtigten i.S.v. § 35 AO, wenn er die ihm vom Insolvenzgericht übertragenen Verfügungsbefugnisse überschreitet und tatsächlich über Gelder des noch verfügungsberechtigten Schuldners verfügt.32
4. Insolvenzverwalter
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Der vom Insolvenzgericht mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens ernannte Insolvenzverwalter ist verfahrensrechtlich Vermögensverwalter i.S.v. § 34 Abs. 3 AO und hat daher gemäß § 34 Abs. 1 AO die steuerlichen Pflichten des Schuldners zu erfüllen.33
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Der Insolvenzverwalter ist kein Vertreter des Schuldners, sondern sog. „Partei kraft Amtes“.34
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Der Insolvenzschuldner bleibt selbst steuerrechtsfähig, sodass die Rechtshandlungen des Insolvenzverwalters den Schuldner persönlich berechtigen und verpflichten.35
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Der Schuldner bleibt verfahrensrechtlich Beteiligter i.S.v. § 78 AO. Der Schuldner verliert allerdings mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens die nach § 79 AO erforderliche Handlungsfähigkeit in Bezug auf die Insolvenzmasse, sodass der Insolvenzverwalter die sich aus den §§ 90, 93ff., 137ff., 140ff. und 149ff. AO ergebenden Pflichten zu erfüllen hat.36
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Die weiteren Aufgaben des Insolvenzverwalters ergeben sich insbesondere aus §§ 103ff. und §§ 148ff. InsO (vgl. Rn. 48).
5. Sachwalter
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Gemäß § 270 Abs. 1 Satz 1 InsO ist der Schuldner im Falle der Eigenverwaltung berechtigt, unter Aufsicht eines Sachwalters die Insolvenzmasse zu verwalten und über sie zu verfügen, wenn das Insolvenzgericht in dem Beschluss über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Eigenverwaltung anordnet. Bei Anordnung der Eigenverwaltung wird gemäß § 270f Abs. 2 Satz 1 InsO anstelle des Insolvenzverwalters ein Sachwalter bestellt.
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Für die Bestellung des Sachwalters, für die Aufsicht des Insolvenzgerichts sowie für die Haftung und die Vergütung des Sachwalters gelten §§ 27 Abs. 2 Nr. 4, 54 Nr. 2 und 56 bis 60, 62 bis 65 InsO und 274 Abs. 1 InsO entsprechend.
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Ein Sachwalter ist nicht Vermögensverwalter i.S.d. § 34 Abs. 3 AO.37 Der Sachwalter hat nicht die steuerlichen Pflichten des Schuldners zu erfüllen.38
6. Treuhänder
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Sofern es sich bei dem Schuldner um eine natürliche Person handelt, kann er gemäß §§ 287 bis 303 InsO von den im Insolvenzverfahren nicht erfüllten Verbindlichkeiten gegenüber den Insolvenzgläubigern befreit werden (Restschuldbefreiung, vgl. § 1 Satz 2 InsO).
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In diesen Fällen wird ein Treuhänder bestellt. Sofern noch keine Entscheidung über die Restschuldbefreiung ergangen ist, bestellt das Insolvenzgericht durch den Rechtspfleger gemäß § 288 Satz 2 InsO den Treuhänder, auf den die pfändbaren Bezüge des Schuldners nach Maßgabe der Abtretungserklärung gemäß § 287 Abs. 2 InsO übergehen.39
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Die Aufgabe des Treuhänders im Restschuldbefreiungsverfahren beschränkt sich auf den Einzug der pfändbaren Bezüge des Schuldners nach Maßgabe der Abtretungserklärung, § 292 InsO. Der Treuhänder in der Wohlverhaltensphase ist daher nicht Verwalter i.S.v. § 34 Abs. 3 AO.40
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Nach früherem Recht (bis zum 30.6.2014) wurden im vereinfachten Insolvenzverfahren die Aufgaben des Insolvenzverwalters vom Treuhänder wahrgenommen (§ 313 Abs. 1 Satz 1 InsO). Durch Gesetz vom 15.7.2013 (BGBl. I 2013, S. 2379) wurden u.a. §§ 312ff. InsO aufgehoben.
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Der Treuhänder gemäß § 313 Abs. 1 Satz 1 InsO a.F. war Vermögensverwalter i.S.v. § 34 Abs. 3 AO, da die §§ 56 bis 66 InsO gemäß § 313 Abs. 3 Satz 1 InsO entsprechend galten.41