Recht auf Sterben – Recht auf Leben. Ivo W. Greiter

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Recht auf Sterben – Recht auf Leben - Ivo W. Greiter

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hatten. Ebenso erfreut waren die, die sich bei den Meinungsumfragen für eine „Liberalisierung“ des Sterbens ausgesprochen hatten. Ich nehme an, dass den meisten zum Zeitpunkt der Befragung die Möglichkeiten des Missbrauchs kaum bewusst waren. Im Vordergrund stand in der öffentlichen Diskussion meist die Möglichkeit, sich für einen schnellen und schmerzlosen Tod zu entscheiden und diesen sodann nach eigenen Wünschen abzuwickeln.

       Ablehnende Stimmen

      Sehr enttäuscht äußerten sich etliche Vertreter von Glaubensgemeinschaften. Von christlichen Kirchen kamen zur neuen Gesetzeslage sehr kritische Stellungnahmen. Man befürchtete, dass die Zahl der Selbstmorde durch die Straflosigkeit der Beihilfe ansteigen wird. Ob und wieweit diese Befürchtungen gerechtfertigt sind, wird sich nach Veröffentlichung der nun zu beschließenden Gesetze zeigen.

      Abgelehnt wurde die Liberalisierung des assistierten Suizids beispielsweise von Kardinal Christoph Schönborn. Katholische Stimmen sprachen gar von einem „Kulturbruch“ und warnten vor einer Abkehr vom prägenden Bild Kardinal Königs, wonach Menschen „an der Hand und nicht durch die Hand“ eines anderen Menschen sterben sollten.

      In einem Gastkommentar in der Tiroler Tageszeitung führte er näher aus:

      „Ziemlich beste Freunde. Es ist ein Film, der an Humor und sozialer Anstiftung zum Guten kaum zu überbieten ist. Der querschnittgelähmte Philippe Pozzo di Borgo, auf den sich der Film bezieht, äußerte sich nun in der aktuellen Euthanasie-Debatte: ‚Nach meinem Unfall, als ich keinen Sinn im Leiden sah, hätte ich Euthanasie gefordert, wenn sie angeboten worden wäre. Ich hätte mich freiwillig der Verzweiflung hingegeben, wenn ich nicht in den Augen meiner Betreuer und meiner Verwandten einen tiefen Respekt vor meinem Leben gesehen hätte. Ihre Rücksichtnahme war das Licht, das mich davon überzeugte, dass meine eigene Würde intakt ist.‘

      Dieses Licht ist entscheidend, auch wenn in extremen Leidsituationen der Wunsch zu sterben verständlich ist. Die Antwort darauf fordert ein Plus an menschlicher Zuwendung und nicht eine kalte ‚Lösung‘. Nicht nur Pozzo di Borgo, unzählige Betroffene sind dankbar, dass sie begleitet wurden. Ein Suizid hat fast nur mit Verzweiflung zu tun, nicht mit Freiheit. …“

      Im April 2021 äußerte sich Bischof Glettler zur Aufhebung des Verbots der Strafbarkeit durch den Verfassungsgerichtshof:

      Dass vor allem die christlichen Kirchen die Entscheidung des VfGH sehr kritisch sehen, ist nachvollziehbar, aber es sind eben nicht alle Staatsbürger Christen. Und nicht alle christlichen Entscheidungen sind konform mit der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), siehe etwa das Verbot der Zulassung von Frauen zum katholischen Priesteramt (im Widerspruch zum Diskriminierungsverbot Art 14 EMRK).

      Christian Marte, Rektor des Jesuitenkollegs in Innsbruck, sprach sich gegen die Beihilfe zum Selbstmord aus:

      Doch auch abseits der Kirche gibt es kritische Stimmen. So betrachtet die Präsidentin des Österreichischen Seniorenbundes Ingrid Korosec das Urteil des Verfassungsgerichthofes mit Sorge. Sie respektiere es, befürchte aber, dass durch die Lockerung der Schutz der Schwächsten unserer Gesellschaft ins Wanken gerate und der Druck auf ältere oder schwerkranke Menschen steigen könnte:

      Herbert Pichler, der Präsident des Österreichischen Behindertenrates, berichtete, dass er schon öfter, und zwar noch vor dem Erkenntnis des österreichischen Verfassungsgerichtshofs vom 11. Dezember 2020, angesprochen wurde,

      Meine Befürchtung dazu: Von solchen Hinweisen ist es nicht mehr weit bis zur Aufforderung, sich „sterben zu lassen“.

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