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Polizei.Wissen - Группа авторов Polizei.Wissen / Themen politischer Bildung

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beeinflussen.

       „Das soziale Geschlecht der Polizei kann damit als primär maskulin beschrieben werden.“

      3. Epilog - Museumswärterin der Demokratie

      Autorität ist für eine gelingende polizeiliche Performance unerlässlich. Polizeiliche Autorität ist dabei immer staatliche Autorität. Damit sind ihre Effekte wie Praxisformen struktur- und wertkonservativ. Die komplexen Effekte des sozialen Wandels bringen das Feld Polizei in Zugzwang, da sich Ordnung und Sicherheit nicht mehr ohne Weiteres mit tradierten Strategien im Fahrwasser staatlicher Autorität umsetzen bzw. erzeugen lassen. Dieser Druck zur Veränderung erzeugt Spannungen innerhalb des Feldes und zwischen Feld und Gesellschaft. Für Bourdieu (2001, 279) löst jede „Veränderung innerhalb eines Raumes von Positionen ... einen allgemeinen Wandel aus“. Diese Veränderungen sind seit Jahren in Gestalt von Reformen und Konfliktlagen Realität für die AkteurInnen des Feldes, die von vielen als Störung ihrer eingeübten und als funktional empfundenen polizeilichen Praxis erfahren werden. Oder anders: Der mit einer Reform verbundene Veränderungsprozess stört zumeist „die in einer Organisation vorherrschenden Selbstverständlichkeiten, sowohl was die organisationskulturell geprägten Normen, Denkmuster und Identitäten als auch was die im dienstlichen Alltag etablierten Arbeitsabläufe, Handlungsroutinen und Kommunikationswege angeht“ (Jacobs et al., 2007, 211; vgl. auch Mensching, 2008, 325ff.). Dabei bestimmen Traditionalisten und Subversive durch ihre (Spiel-)Einsätze, ihre Interessen und ihr Ringen um die feldspezifischen (Macht-)Positionen das Koordinatensystem des Feldes beständig neu und verändern die sozialen Praxen (vgl. analog Bourdieu/Wacquant, 1996, S. 128ff.). Ob es im Zuge sozialen Wandels zu ungewöhnlichen Autoritätsverlusten gegenüber dem Feld Polizei kommt, ist gegenwärtig wissenschaftlich nicht belegt. Generell ist das polizeiliche Postulat des Autoritätsverlustes eine erwartbare affektive Reaktion auf gesellschaftliche Veränderungsprozesse. In der Gesellschaft übernimmt die Polizei die Aufgaben des Bewahrens, sie ist die Museumswärterin der Demokratie, die gefahrenabwehrend und strafverfolgend den Status Quo konserviert. Dies prägt den Habitus der FeldakteurInnen. Und macht die Reflexe der Abwehr und Selbstbehauptung im Allgemeinen erwartbar und im Speziellen umso wahrscheinlicher, je geringer die Frustrationstoleranz und Veränderungsbereitschaft der AkteurInnen ausgeprägt ist. Die polizeiliche Ausübung und Sicherung symbolischer Macht kann unter diesen spannungsgeladenen Bedingungen partiell zum Selbstzweck geraten und sich Überlegungen des Zeitgemäßen, des Verhältnismäßigkeitsprinzips und damit des Rechtmäßigen entziehen. Oder anders: In der an Recht und Gesetz gebundenen bürokratischen Institution Polizei werden in Folge einer durch sozialen Wandel ausgelösten Ziel-Mittel-Diskrepanz Schlupflöcher gesucht und gefunden, um auch jenseits formaler Regeln oder im rechtlichen Graubereich die originären Organisationsziele effektiv, effizient und vor allem in gewohnten Routinen zu erreichen. Hierin liegt sozialer wie gesellschaftlicher Konfliktstoff. Das Feld Polizei sollte vor dem Hintergrund der Fragilität seiner symbolischen Macht ein vitales Interesse an kritischer gesellschaftlicher Begleitung und der damit verbundenen Transparenz und Konfliktfähigkeit haben. Und diese aktiv fördern. Es sollte zum Selbstverständnis werden, dass die Polizei als Institution des Gewaltmonopols nicht nur ein Recht darauf hat, zu kontrollieren. Sondern auch darauf, kontrolliert zu werden.

       „Generell ist das polizeiliche Postulat des Autoritätsverlustes aus unserer Sicht eine erwartbare affektive Reaktion auf gesellschaftliche Veränderungsprozesse.“

       Literatur:

      Bergmann (1953): Ist der polizeiliche Dienst heute schwerer als früher?

      Behr (2000): Cop Culture.

      Behr (2006): Polizeikultur.

      Bourdieu (1993): Sozialer Sinn.

      Bourdieu/Wacquant (1996): Reflexive Anthropologie.

      Bourdieu (1997): Eine sanfte Gewalt. Pierre Bourdieu im Gespräch

      Bourdieu (1998): Praktische Vernunft.

      Bourdieu (2001): Die Regeln der Kunst.

      Bourdieu (2004): Der Staatsadel.

      Bourdieu (2005): Die männliche Herrschaft.

      Goffman (2000): Wir alle spielen Theater.

      Herrnkind (2021): Cop Culture meets Bourdieu.

      Jacobs/Keegan/Christe-Zeyse (2007): Eine Organisation begegnet sich selbst.

      Mensching (2008): Gelebte Hierarchien.

      Schöne (2001): Pierre Bourdieu und das Feld Polizei.

      Martin Herrnkind ist Dozent für Kriminologie und Politikwissenschaften an der Fachhochschule für Verwaltung und Dienstleistung in Altenholz.

      Doing Authority – Polizist*innen als Autoritäten durch Beziehungsarbeit

       Was ist Autorität?

      Bereits Sofsky & Paris (1991) wiesen darauf hin, dass Autorität immer ein zugeschriebenes Prädikat ist: „Autoritäten sind Autoritäten durch andere.“ (ebenda, S. 20). Die beiden Autoren bezeichnen Autorität als „anerkannte, geachtete Macht, die zugleich bewundert und gefürchtet wird“ (ebenda, S. 19). Aus Machtverhältnissen gehen zwar immer Autoritäten hervor, aber „nicht jedem Machthaber wird gleichzeitig Autorität attestiert“ (ebenda) und zudem ist das ‚Label‘ Autorität keineswegs an formal-hierarchische Positionen gebunden.

       „Eine soziale Beziehung, in der Autorität von Relevanz ist, lässt sich nur als ein reziprokes Verhältnis beschreiben.“

      Bereits diese kurze begriffliche Skizze verdeutlicht, dass eine soziale Beziehung, in der Autorität von Relevanz ist, sich nur als ein reziprokes Verhältnis beschreiben lässt. Mit Autorität versehene Personen (oder auch Institutionen) können also Stärke,s Klarheit in der Kommunikation bzw. im Entscheiden nur dann zeigen, wenn sie sich zugleich dessen bewusst sind, dass diese Autorität nicht einseitig eingefordert oder gar als unveränderlich gesehen werden kann. Autorität muss vielmehr als eine Form der sozialen Relation, als das Verhältnis von Autoritätsgeltung und - glaube, das sich immer wieder aktualisiert, verstanden werden.

       „Aber auch im Innenverhältnis der Organisation Polizei spielt Autorität eine wesentliche Rolle.“

      In letzter Zeit ist verstärkt von einer „neuen“ (Omer & von Schlippe 2016a, Körner et al. 2019) oder auch „horizontalen“ (Baumann-Habersack 2019) Autorität die Rede, die nicht auf Kontrolle, Sanktionierung und Machtsicherung, sondern u.a. auf Präsenz, Transparenz, Reflexion und Selbstführung der mit Autorität versehenen Führungskräfte setzt. Das Konzept der ‚neuen Autorität‘ geht dabei auf den Hochschullehrer und Psychologen Haim Omer zurück, der zunächst im Kontext elterlicher Erziehung von ‚neuer Autorität‘ sprach und einige zentrale Veröffentlichungen in diesem Kontext gemeinsam mit Arist von Schlippe (ebenfalls Hochschullehrer und Psychologe) vorgelegt hat (Omer & v. Schlippe 2016a, 2016b). Dieses Modell wird mittlerweile auch mit Blick auf die Polizei diskutiert (u.a. Weber 2020).

      Im

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