Umweltstrafsachen. Regina Michalke
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Einleitung
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Als „Umweltstrafverfahren“ werden die Strafsachen bezeichnet, in denen sich das vorgeworfene Delikt gegen eines jener Rechtsgüter richtet, die unter den Sammelbegriff „Umwelt“ oder „Umweltschutz“ fallen. Dabei ist der Sprachgebrauch nicht ganz einheitlich. Teilweise werden auch Verfahren um Vermögensdelikte in einem weiteren Sinne als Umweltstrafverfahren bezeichnet, wenn das Tatgeschehen sich vor dem Hintergrund von umweltrelevanten Problemen (z.B. Abfallentsorgung oder Altlastensanierung) zumeist im betrieblichen Umfeld abgespielt haben soll. Auch Verstöße gegen nebenstrafrechtliche Bestimmungen, die einen nur mittelbaren Bezug zu den Umweltmedien haben, z.B. das Lebensmittel- oder das Arzneimittelgesetz können in den Medien ebenso wie die Fälle der strafrechtlichen Produkthaftung als Umweltstrafverfahren bezeichnet werden. Eine schärfere Konturierung erfährt der Begriff der Umweltstrafverfahren durch die Zuständigkeitszuteilung zu den „Umweltstrafkammern“, die bei einigen Landgerichten eingerichtet werden und deren Kompetenz durch eine Verweisung auf Nr. 268 im II. Abschnitt B. 11 der RiStBV („Umwelt und Tierschutz“) bestimmt wird.
In diesem Buch soll der Begriff des Umweltstrafverfahrens noch enger gefasst und beschränkt werden auf die Strafsachen, in denen dem oder den Beschuldigten der Vorwurf gemacht wird, gegen Bestimmungen des 29. Abschnitts des Strafgesetzbuches (§§ 324 bis 330d StGB) verstoßen zu haben.
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Da für die Umweltstrafverfahren die StPO ebenso gilt wie für Verfahren, in denen ein Straftatbestand der übrigen Abschnitte des Strafgesetzbuches vorgeworfen wird, sollte man eigentlich annehmen, dass sich auch die Tätigkeit des Verteidigers in diesen Verfahren nicht unterscheidet von der Aufgabe in Prozessen um das „klassische Strafrecht“. Und doch gibt es Besonderheiten, die ihre Ursache im verwaltungsakzessorischen Deliktsaufbau der umweltstrafrechtlichen Tatbestände, in einem abweichenden Verfolgungsverhalten der Ermittlungsbehörden, in der regelmäßig vorhandenen Einbindung von Umweltverwaltungsbehörden und ihrer Amtsträger entweder auf der Verfolger- oder auf der Verfolgtenseite und schließlich in strukturellen Besonderheiten der typischen „Klientel“ finden.
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Als der Gesetzgeber im Jahre 1980 die §§ 324–330 StGB in weitgehend wörtlicher Übernahme aus dem ursprünglichen verwaltungsrechtlichen Kontext (Wasserhaushaltsgesetz, Bundesimmissionsschutzgesetz, Abfallgesetz, Atomgesetz) herauslöste und sie mit dem Ziel ihrer Aufwertung als scheinbar selbständige Strafbestimmungen in das Kernstrafrecht übernahm, wurden daran hohe rechtspolitische Erwartungen hinsichtlich der ökologischen Wirksamkeit eines strafrechtlichen Umweltschutzes geknüpft. Inzwischen ist man sich weitgehend darin einig, dass diese Erwartungen nicht erfüllt wurden, dass vielmehr das Umweltstrafrecht bezogen auf seine eigentliche Zielsetzung wirkungslos blieb und dass die damit befasste Strafjustiz auch nach nunmehr 40 Jahren immer noch damit beschäftigt ist, die sehr wenig bestimmten und wegen der zahlreichen Bezugnahmen auf (auch EU-)verwaltungsrechtliche Vorfragen nur schwer handhabbaren Tatbestände in ihrem kaskadenartigen Blankettcharakter zu ordnen und auszulegen. Die zahlreichen Novellierungen der §§ 324 ff. StGB (u.a. durch das 2. UKG, das 6. StrRG, das 45. StrÄndG, das Gesetz zur Änderung abfallverbringungsrechtlicher Vorschriften) haben diese Problematik nicht gelöst, sondern eher noch verschärft.
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Zu den verfahrensrechtlichen Besonderheiten gehört die Neigung der Strafverfolgungsbehörden, Ermittlungsverfahren aufgrund von Tatsachen einzuleiten, die zwar ökologisch fragwürdig, aber rechtlich erst noch klärungsbedürftig sind. Während in sonstigen Strafverfahren regelmäßig das Vorliegen einer Tat bereits zu Beginn der Ermittlungen feststeht, die sich dann auf die Suche nach dem Täter konzentrieren können, sind Umweltstrafverfahren häufig selbst dann, wenn es zur Anklageerhebung kommt, bis zu ihrem Ende von der Rechtsfrage beherrscht, ob das aufzuklärende