Impfpflicht. Claudio Deriu
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These Paradigmenwechsel durch Impfpflicht
Der Virologe Kekule spricht am 7. 1. 2022 im Podcast von MDR im Zusammenhang mit der Impfpflicht von einem Paradigmenwechsel. Wir verpflichten Menschen zum ersten Mal sich selbst zu schützen. Mit der Begründung, dass wenn sie krank sind, das Gesundheitssystem überlastet sei. Dieses Argument würde für jeden Fettleibigen auch gelten. Menschen, die stark übergewichtig sind, verursachen natürlich Kosten, Menschen mit hohem Blutdruck, Alkoholiker, Risikosportler, Drogenabhängige. Menschen können durch ihr Verhalten beeinflussen, ob sie im Krankenhaus enden, aber wir nehmen das als gesellschaftliches Gesamtrisiko hin. Es gibt auch keine knallharten Zahlen, und solange es Unklarheiten gibt, ist eine Impfpflicht nicht zu rechtfertigen, laut Kekule. Im Moment keine harten Argumente. Das ewige Boostern wird auch keine Lösung sein. Ist in dieser Corona-Pandemie das Thema Impfung nicht an die Grenze gekommen? Die Frage müsse man sich laut Kekule stellen. In der Tat ist die Gesundheit zur Pflicht geworden. Es bleibt zu hoffen, dass dieser Paradigmenwechsel von den Verfassungsgerichtshöfen als solcher erkannt und auch bewertet wird.
Mensch oder Nachweis einer lediglich geringen epidemiologischen Gefahr?
Der Einzelne, nämlich der Mensch hat laut Covid-19-Maßnahmengesetz nachzuweisen, dass er lediglich eine „geringe epidemiologische Gefahr“ darstellt. Der Mensch wird hier quasi vom Virus nicht mehr getrennt gesehen, sondern als Träger von Viren erkannt. Im Gesetz wird der Mensch nicht als solcher angesprochen oder als Bürger, sondern als „Kunde oder Besucher“. Wir bewegen uns also im öffentlichen Raum nur als Kunden oder als Besucher. Als Mensch wird man offenbar nicht wahrgenommen, sondern nur noch in seiner Funktionalität als Kunde und Besucher und als Virenträger. Kunde darf man nämlich nur sein, wenn man frei von Viren ist. In § 1 Abs. 5 Covid-19-Maßnahmengesetz wird auch weiter entpersonalisiert. Nicht der Einzelne hat einen Nachweis zu erbringen, dass er keine „epidemiologische Gefahr“ darstellt, sondern es heißt „Nachweis über eine lediglich geringe epidemiologische Gefahr“ sei zu erbringen. Von wem? Von der entpersonalisierten Virenträgerschaft.
Wann liegt nun eine geringe epidemiologische Gefahr vor?
„Ein Nachweis ist bei einem negativen Testergebnis auf SARS-CoV-2, bei einer ärztlichen Bestätigung über eine erfolgte und aktuell abgelaufene Infektion oder bei einem positiven Antikörpertest auszustellen. Wem der Nachweis auszustellen ist, wird nicht gesagt, vielleicht schämt man sich schon den Begriff Mensch zu verwenden oder Bürger oder Virenträger? Dieser Passus ist offenbar die Grundlage für die Einführung eines Impfpasses! Der Absatz 5 bezieht sich allerdings nur auf „bestimmte Orte“ und Betriebsstätten, daher nicht auf öffentliche Orte. Daher kann man Gerichte oder Behörden weiterhin ohne den Impfpass betreten.
Die Gleichheit als Grundlage der Verfassung
Das Wesen der demokratischen Verfassungen erfüllt sich laut Aristoteles in Bürgern, die gleichgestellt und trefflich sind.27 Rousseau erklärt im Hinblick auf den Gesellschaftsvertrag, an Stelle natürlicher und körperlicher Ungleichheit trete vertragliche und rechtliche Gleichheit. Das Recht nach Rousseau gleicht die faktische Ungleichheit der Menschen aus.28 Wo bleibt die rechtliche Gleichheit bei Einführung eines „Grünen Passes“? Wo bleibt die Gleichheit, wenn man zwischen geimpften und ungeimpften Menschen in der Weise differenziert, dass man die Gleichheit faktisch überall im Alltag ausschließt? Voltaire spricht von der republikanischen Staatsform als der natürlichsten, die die Rechte des Menschen am besten gewährleiste, von der Gleichheit der Rechte aller Menschen, von der Freiheit des Denkens und Schreibens. Diese Freiheit des Denkens ist nicht spürbar. In einer Kultur, die vordem von Wissenschafts- und Kunstfreiheit geprägt war, rückt mit einem Mal Zensur in den Vordergrund. Abweichende Meinungen werden entwertet. Auch in der Meinungsäußerungsfreiheit wird differenziert zwischen offenkundig richtigen Meinungen, die zu Fakten aufgewertet werden, und unrichtigen Meinungen, die mit allen möglichen Begriffen tituliert werden. So wird die Nummer eins in der Tenniswelt, Novak Djokovic, in der renommierten Zeitschrift FAZ als „störrisch“ bezeichnet, weil er offenbar nicht gewillt ist, sich impfen zu lassen, weiters sei dies eine „schwache Einstellung“.29 Während die Wissenschaft bis vor kurzem die Relativität des Wissens betonte, macht sich jetzt eine „Absolutheit des Wissens“ breit, dass man erschrecken möchte. Man fragt sich, wie weit muss man in der Geschichte zurückblicken, die Epoche zu finden, in der man glaubte, alles zu wissen und sich anderen überlegen fühlte. Impfgegner kämpfen, so scheint es, weniger gegen die Impfung als vielmehr für die demokratischen Werte. Voltaire rückte zum ersten Mal den Begriff der Menschenwürde in den Vordergrund.30 Wenn die Gleichheit unter den Bürgern nach und nach abgebaut wird, können wir dann noch von Demokratie sprechen, wo die Gleichheit an der Demokratie wesensmäßigen Anteil hat? Es ist wahrlich bezeichnend, dass durch die geringste Norm im Stufenbau der Rechtsordnung – Verordnungen – die höchste Norm, nämlich das Grundrecht auf Gleichheit, abgewandelt wird. Ich bezeichne das als schleichenden Verfassungswandel, eingeleitet von Politikern, die die Verfassung nicht mehr ernst nehmen. Wie viel an Maßnahmen mit toxischer Wirkung auf die Demokratie kann diese noch verkraften? Die Legislative unterliegt dem ganzen Volk und vertritt den Gemeinwillen. „In einem freien Staat soll jeder Mensch, dem man eine freie Seele zugesteht, durch sich selbst regiert werden: daher müsste das Volk als Gesamtkörperschaft die legislative Befugnis innehaben. Da dies in den großen Staaten unmöglich ist und in den kleinen Staaten vielen Nachteilen unterliegt, ist das Volk genötigt, all das, was es nicht selbst macht, durch seine Repräsentanten machen zu lassen.“31 Die Gesetzgebung soll aber ein gerechtes Maß anstreben. Die Gerechtigkeit im engeren Sinn laut Radbruch setzt die Gleichheit