Öffentliche Finanzwirtschaft. Thomas Sauerland
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[1] Die nachfolgenden Ausführungen in Kapitel A. I. wurden im Wesentlichen Sauerland/Menzel, Vorschriftensammlung Öffentliche Finanzwirtschaft: mit einer Einführung für Studium und Praxis, 2021, S. 9–11 entnommen.[2] BGBl. 1967 I S. 582.[3] Dazu noch Rz 278 ff.[4] BGBl. 1969 I S. 1273.[5] BGBl. 1969 I S. 1283.[6] Westermeier/Wiesner, Das staatliche Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesen, 9. Aufl. 2012, Rn. 16.[7] GMBl. 2001, S. 307.[8] Vgl. § 13 Abs. 2 Satz 3 und Abs. 3 BHO.[9] GMBl. 1999, S. 166.
B. Finanzverfassungsrechtliche Grundlagen
I. Staatliche Einnahmen
1. Überblick
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Die grundgesetzliche Finanzverfassung setzt voraus, dass sich der Staat im Wesentlichen durch Steuern finanziert. Das Finanzverfassungsrecht ist daher in weiten Teilen ein „Steuerverfassungsrecht“. Daneben kennt das deutsche Abgabenrecht weitere Einnahmearten (Abb. 2). Zu nennen sind z. B.
–Gebühren,–Beiträge,–Sonderabgaben,–sonstige Abgaben,–Einnahmen aus wirtschaftlicher Betätigung und–Einnahmen aus Krediten.
Abb. 2: Überblick über die staatlichen Einnahmen.
2. Steuern
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Die Bundesrepublik Deutschland ist ein „Steuerstaat“. Zwar legen sich die Verfassungen des Bundes und der Länder nicht ausdrücklich auf eine bestimmte Wirtschaftsordnung fest. Der X. Abschnitt des Grundgesetzes ist jedoch auf Steuern als Instrument der Finanzierung des Staates fixiert, indem er die Gesetzgebungs- (Art. 105 GG) und die Verwaltungskompetenzen (Art. 108 GG) für Steuern detailliert festlegt, das Steueraufkommen präzise verteilt (Art. 106 und Art. 107 GG) und bestimmte Steuerarten in ihrer Existenz voraussetzt. Freilich beschränkt sich das Grundgesetz nicht auf die Finanzausstattung des Staates mit Steuern, sondern erwähnt auch „Abgaben“ (Art. 106 Abs. 1 Nr. 5 bis 7 GG) und „Gebühren“ (Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 und Art. 80 Abs. 2 GG). Dennoch liegt der Verfassung die Vorstellung zugrunde, dass sich die Finanzierung der staatlichen Aufgaben im Bund im Kern auf Steuern und nicht auf andere Abgaben oder eine erwerbswirtschaftliche Betätigung stützt.
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Was allerdings eine Steuer ist, definiert das Grundgesetz nicht. Auf einfachgesetzlicher Ebene enthielt erstmals § 1 der Reichsabgabenordnung von 1919 eine Begriffsbestimmung, die allgemeine Anerkennung gefunden hat. Das BVerfG betont zwar, dass es methodisch unzulässig ist, den einfachgesetzlich definierten Steuerbegriff ohne Weiteres in das Verfassungsrecht zu übernehmen. Dennoch geht das BVerfG in Übereinstimmung mit der herrschenden Lehre davon aus, dass der historische Verfassungsgeber an die Definition der Reichsabgabenordnung anknüpfte und sie für die Auslegung der Art. 105 bis Art. 108 GG übernahm.
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Die 1977 in Kraft getretene Abgabenordnung hat in ihrem § 3 Abs. 1 den Steuerbegriff der Reichsabgabenordnung im Wesentlichen übernommen.
§ 3 Abs. 1 AO
„Steuern sind Geldleistungen, die nicht eine Gegenleistung für eine besondere Leistung darstellen und von einem öffentlich-rechtlichen Gemeinwesen zur Erzielung von Einnahmen allen auferlegt werden, bei denen der Tatbestand zutrifft, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft; die Erzielung von Einnahmen kann Nebenzweck sein.“
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Eine Steuer wird demnach durch vier Begriffsmerkmale gekennzeichnet:
1.Geldleistungen – im Gegensatz zu Sach- oder Dienstleistungen;2.hoheitliche Auferlegung durch ein öffentlich-rechtliches Gemeinwesen – im Gegensatz zu privatrechtlichen Zahlungen oder Leistungen an sonstige juristische Personen des öffentlichen Rechts;3.Gegenleistungsfreiheit – im Gegensatz zum Entgelt für bestimmte Verwaltungsleistungen;4.Einnahmenerzielungsabsicht – die freilich nur Nebenzweck sein kann.
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Steuern sind hoheitlich auferlegte einmalige oder laufende Geldleistungen. Dieses Begriffsmerkmal haben sie mit allen anderen Abgabearten gemeinsam. Anders als Gebühren und Beiträge, werden Steuern aber voraussetzungslos erhoben. Sie stellen daher keine unmittelbar zurechenbare Gegenleistung für eine bestimmte staatliche Tätigkeit dar, sondern dienen der Deckung des allgemeinen Finanzbedarfs.
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Eine Zweckbindung des Steueraufkommens bei den sog. Zwecksteuern ist grundsätzlich zulässig. Zwecksteuern sind Abgaben, deren Aufkommen in Durchbrechung des Haushaltsgrundsatzes der Gesamtdeckung für einen bestimmten Zweck reserviert ist. Nach dem Grundsatz der Gesamtdeckung hat das gesamte Steueraufkommen der Deckung aller Ausgaben zu dienen (§ 8 Satz 1 BHO; vgl. Abb. 3).
Abb. 3: Haushaltsgrundsatz der Gesamtdeckung.
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Zwecksteuern sind nach § 8 Satz 2 BHO nur zulässig, sofern sie durch Gesetz vorgeschrieben oder durch Haushaltsvermerk im Haushaltsplan zugelassen sind. Als Durchbrechung des Grundsatzes der Gesamtdeckung müssen Zwecksteuern die Ausnahme bleiben. Zwecksteuern müssen grundsätzlich geeignet sein, den Zweck ihrer Erhebung zu erfüllen bzw. der Zielerreichung näher zu kommen (Zwecktauglichkeit).
Beispiele
Nach § 4 Satz 1 Alkopopsteuergesetz ist das „Netto-Mehraufkommen aus der Alkopopsteuer […] zur Finanzierung von Maßnahmen zur Suchtprävention der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung zu verwenden.“ – Art. 1 Satz 1 des Straßenbaufinanzierungsgesetzes schreibt vor, einen Teil des Aufkommens an Mineralölsteuer „für Zwecke des Straßenwesens zu verwenden“.
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Jede Steuer dient nicht nur der Erzielung von Einkünften; sie wirkt darüber hinaus stets sozialgestaltend. Zu denken ist etwa an wirtschafts-, umwelt- oder sozialpolitische Effekte, die den Neben- oder sogar Hauptzweck einer Steuer bilden können (sog. Lenkungssteuer). Der Gesetzgeber darf derartige interventionistische Auswirkungen von Steuern bewusst einsetzen.
Beispiele
Gemäß § 9 KraftStG bemisst sich der Steuersatz bei der Kraftfahrzeugsteuer nicht mehr nur nach dem Hubraum,