Ein Kampf um Rom. Felix Dahn

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Ein Kampf um Rom - Felix  Dahn

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finden«, flüsterte Amalaswintha, die Faust ballend, vor sich hin, »sie soll’n nicht leben, die rohen Männer, die eine Königin gezwungen. Du hast recht — sie sollen sterben.« — »Sie müssen sterben — sie, und«, fügte er ingrimmig bei, »und — der junge Seeheld!«

      »Warum auch Totila? Er ist der schönste Jüngling meines Volkes.«

      »Er stirbt«, knirschte Cethegus, »oh, könnt er zehnmal sterben.«

      Und aus seinem Auge sprühte eine Glut des Hasses, die, plötzlich aus der eisigkalten Natur brechend, Amalaswintha in Schrecken überraschte. »Ich schicke dir«, fuhr er rasch und leise fort, »aus Rom drei vertraute Männer, isaurische Söldner. Die sendest du den drei Balten nach, sobald sie in ihren Heerlagern eingetroffen. Hörst du, du sendest sie, die Königin: denn sie sind Henker, keine Mörder. Die drei müssen an einem Tage fallen. — Für den schönen Totila sorge ich selbst! — Der Schlag wird alles erschrecken. In der ersten Bestürzung der Goten eile ich von Rom herbei. Mit Waffen, dir zur Rettung. Leb’ wohl.«

      Er verließ rasch die Hilflose, an deren Ohr in diesem Augenblick von dem Forum vor dem Palatium jubelndes Freudengeschrei der Goten schlug, die den Erfolg ihrer Führer, die Besiegung Amalaswinthas feierten.

      Sie fühlte sich ganz verlassen.

      Daß die letzte Verheißung des Präfekten kaum mehr als ein leeres Trostwort zur Beschönigung seines Abgangs war, ahnte sie mit banger Seele. Gramvoll stützte sie die Wange auf die schöne Hand und verlor sich eine Weile finster in ihren ratlosen Gedanken. Da rauschten die Vorhänge des Gemaches: ein Palastbeamter stand vor ihr: »Gesandte von Byzanz bitten um Gehör. Justinus ist gestorben: Kaiser ist sein Neffe Justinian. Er bietet dir seinen brüderlichen Gruß und seine Freundschaft.«

      »Justinianus!« rief die ganze Seele der bedrängten Frau. Sie sah sich ihres Sohnes beraubt, von ihrem Volk bedroht, von Cethegus verlassen: ringsumher hatte sie in trüben Sinnen vergeblich Hilfe und Halt gesucht, und aufatmend aus tiefer Brust wiederholte sie jetzt: »Byzanz — Justinianus!«

      VIERTES KAPITEL

      In den Waldbergen von Fiesole findet heutzutage der Wanderer, der von Florenz heranzieht, rechts von der Straße die Ruinen eines ausgedehnten, villenartigen Gebäudes.

      Efeu, Steinbrech und Wildrosen haben um die Wette die Trümmer überkleidet: die Bauern des nahen Dorfes haben seit Jahrhunderten Steine davongetragen, die Erde ihrer Weingärten an den Hügelrändern aufzudämmen. Aber noch immer bezeichnen die Reste deutlich, wo die Säulenhalle vor dem Hause, wo das Mittelgebäude, wo die Hofmauer stand. Üppig wuchert das Unkraut auf dem Wiesgrund, wo dereinst der schöne Garten in Zier und Ordnung prangte: nichts davon hat sich erhalten als das breite Marmorbecken eines längst vertrockneten Brunnens, in dessen kiesigem Rinnsal sich jetzt die Eidechse sonnt.

      Aber in den Tagen, von denen wir erzählen, sah es hier viel anders aus. »Die Villa des Mäzen bei Fäsulä«, wie man das Gelände damals, wohl mit wenig Fug, benannte, war von glücklichen Menschen bewohnt, das Haus von vorsorglicher Frauenhand bestellt, der Garten von hellem Kindeslachen belebt. Zierlich war die rankende Klematis hinaufgebunden an den schlanken Schäften der korinthischen Säulen vor dem Haus, und der Wein zog freundlich schmückend über das flache Dach. Mit weißem Sande waren die schlängelnden Wege des Gartens bestreut, und in den Nebengebäuden, die der Wirtschaft dienten, glänzte eine Reinlichkeit, wartete stille Ordnung, die nicht auf römische Sklavenhände raten ließ.

      Es war um Sonnenuntergang.

      Die Knechte und Mägde kehrten von den Feldern zurück: die hoch mit Heu beladenen Wagen, mit Rossen nichtitalischer Zucht bespannt, schwankten heran: von den Hügeln herunter trieben die Hirten Ziegen und Schafe herzu, von großen zottigen Hunden umbellt.

      Dicht vor dem Hoftor gab es die lebendigste Szene des bunten Schauspiels: ein paar römische Sklaven trieben mit tobenden Gebärden und gellendem Geschrei die keuchenden Pferde eines grausam überladnen Wagens an: nicht mit Peitschenhieben, sondern mit Stöcken, deren Eisenspitzen sie den Tieren immer in dieselbe wunde Stelle stießen. Nur ruckweise ging es trotzdem vorwärts. Jetzt lag ein großer Stein vor dem linken Vorderrad, jeden Fortschritt unmöglich machend. Aber der wütige Italier sah es nicht.

      »Vorwärts, Bestie, und Kind einer Bestie«, schrie er dem zitternden Rosse zu, »vorwärts, du gotisches Faultier!« Und ein neuer Streich mit dem Stachel und ein neuer verzweifelter Ruck: aber das Rad ging nicht über den Stein, das gequälte Tier stürzte in die Knie und drohte den Wagen mit umzureißen. Darüber wurde der Treiber erst recht grimmig. »Warte, du Racker!« schrie er und schlug nach dem Auge des zuckenden Rosses. Aber nur einmal schlug er, im nächsten Augenblick stürzte er selbst wie blitzgetroffen unter einem mächtigen Streiche nieder.

      »Davus, du boshafter Hund!« brüllte eine Bärenstimme, und über dem Gefallenen stand schier nochmal so lang und gewiß nochmal so breit wie der erschrockene Tierquäler ein ungeheurer Gote, einen derben Knüttel wiederholt auf den Rücken des Schreienden schwingend.

      »Du elender Neidling«, schloß er mit einem Fußtritt, »ich will dich lehren, umgehn mit einem Geschöpf, das sechsmal besser ist als du. Ich glaube, du Schandbub quälst den Hengst, weil er von jenseits der Berge ist. Noch einmal laß mich das sehn, und ich zerbreche dir alle Knochen im Leibe. Jetzt auf und abgeladen: du trägst alle Schwaden, die zuviel sind, auf deinem eignen Rücken in die Scheuer. Vorwärts.«

      Mit einem giftigen Blick stand der Gezüchtigte auf und schickte sich hinkend an, zu gehorchen.

      Der Gote hatte das zuckende Roß sogleich aufgerichtet und wusch ihm jetzt sorglich die geschürften Knie mit seinem eignen Abendtrunk von Wein und Wasser.

      Kaum war er damit zu Ende, als ihn vom nahen Stall her dringend eine helle Knabenstimme rief: »Wachis, hierher, Wachis!« — »Komme schon, Athalwin, mein Bursch, was gibt’s?« — und schon stand er in der offnen Türe des Pferdestalles, neben einem schönen Knaben von sieben bis acht Jahren, der sich heftig die langen, gelben Haare aus dem erglühenden Antlitz strich und mit Mühe in den himmelblauen Augen zwei Tränen des Zornes zerdrückte. Er hatte ein zierlich geschnitztes Holzschwert in der Rechten und hob es drohend gegen einen schwarzbraunen Sklaven, der mit gebognem Nacken und mit geballten Fäusten trotzig ihm gegenüberstand.

      »Was gibt’s da?« wiederholte Wachis über die Schwelle tretend.

      »Der Rotschimmel hat wieder nichts zu saufen, und sieh nur, zwei Bremsen haben sich eingezogen oben an seinem Bug, wo er mit der Mähne nicht hinreichen kann und ich nicht mit der Hand, und der böse Cacus da, wie ich’s ihm sage, will mir nicht folgen, und gewiß hat er mich geschimpft auf römisch, was ich nicht verstehe.« Wachis trat drohend näher.

      »Ich habe nur gesagt«, sprach Cacus langsam zurückweichend: »erst ess’ ich meine Hirse, das Tier mag warten; bei uns zu Lande kommt der Mensch vor dem Vieh.« — »So, du Tropf?« sagte Wachis, die Bremsen erschlagend, »bei uns kommt das Roß vor dem Reiter zum Futter; mach vorwärts.«

      Aber Cacus war stark und trotzig; er warf den Kopf auf und sagte: »Wir sind hier in unserm Land — da gilt unser Brauch.« — »Eia, du verfluchter Schwarzkopf, wirst du gehorchen?« sprach Wachis ausholend. — »Gehorchen? Nicht dir! Du bist auch nur ein Sklave wie ich: und meine Eltern haben schon hier im Hause gelebt, als deinesgleichen noch Küh’ und Schafe stahlen jenseits der Berge.« Wachis ließ den Knüttel fallen und wiegte seine Arme: »Höre, Cacus, ich habe ohnehin noch einen Span mit dir, du weißt schon, was für einen. Jetzt geht’s in einem hin.« — »Ha«, lachte Cacus höhnisch, »wegen Liuta, der Flachsdirn? Pah, ich mag sie nicht mehr, die Barbarin. Sie tanzt wie eine Jungkuh.« — »Jetzt

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