Ein Kampf um Rom. Felix Dahn
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Читать онлайн книгу Ein Kampf um Rom - Felix Dahn страница 33
»Das dritte«, hob Thulun wieder an, »wirst du so gern gewähren, als wir es empfanden. Wir drei Balten haben nicht gelernt, in der Hofburg die Häupter zu bücken: Das Dach ist uns zu niedrig hier. Amaler und Balten leben am besten weit voneinander — wie Adler und Falk. Und das Reich bedarf unsres Arms an seinen Marken. Die Nachbarn wähnen, das Land sei verwaiset, seit dein großer Vater ins Grab stieg. Awaren, Gepiden, Sklavenen springen ungescheut über unsre Grenzen. Diese drei Völker zu züchtigen, rüstest du drei Heere, je zu dreißig Tausendschaften, und wir drei Balten führen sie als deine Feldherrn nach Osten und nach Norden.«
Die ganze Waffenmacht obendrein in ihre Hände: nicht übel! dachte Cethegus. »Bewilligt«, rief er lächelnd.
»Und was bleibt mir«, fragte Amalaswintha, »wenn ich all das euch dahingegeben?«
»Die goldene Krone auf der weißen Stirn«, sagte Herzog Ibba.
»Du kannst ja schreiben wie ein Grieche«, begann Thulun aufs neue. »Wohlan, man lernt solche Künste nicht umsonst. Hier dies Pergament soll enthalten — mein Sklave hat es aufgezeichnet — was wir fordern.«
Er reichte es Witichis zur Prüfung: »Ist es so? Gut. Das wirst du unterschreiben, Fürstin. — So, wir sind fertig. Jetzt sprich du, Hildebad, mit jenem Römer.«
Doch vor ihn trat Teja, die Rechte am Schwert, zitternd vor Haß: »Präfekt von Rom«, sagte er, »Blut ist geflossen, edles, teures, gotisches Blut. Es weiht ihn ein, den grimmen Kampf, der bald entbrennen wird. Blut, das du büßen« — der Zorn erstickte seine Stimme.
»Pah«, rief, ihn zurückschiebend, Hildebad — denn er war der baumlange Gote , »macht nicht so viel Aufhebens davon! Mein goldner Bruder kann leicht etwas missen von überflüssigem Blut. Und der andre hat mehr verloren, als er missen kann. Da, du schwarzer Teufel«, rief er Cethegus zu und hielt ihm ein breites Schwert dicht vor die Augen, »kennst du das?«
»Des Pomponius Schwert!« rief dieser erbleichend und einen Schritt zurückweichend. Amalaswintha und Cassiodor fragten erschrocken: »Pomponius?«
»Aha«, lachte Hildebad, »nicht wahr, das ist schlimm? Ja, aus der Wasserfahrt kann nichts werden.«
»Wo ist Pomponius, mein Nauarch?« rief Amalaswintha heftig.
»Bei den Haifischen, Frau Königin, in tiefer See.«
»Ha, Tod und Vernichtung!« rief Cethegus, jetzt fortgerissen vor Zorn, »wie geht das zu?«
»Lustig genug. Sieh, mein Bruder Totila — du kennst ihn ja, nicht wahr? — lag im Hafen von Ancona mit zwei kleinen Schiffen. Dein Freund Pomponius, der machte ihm seit einigen Tagen ein so übermütiges Gesicht und ließ so dicke Worte fallen, daß es selbst meinem arglosen Blonden auffiel. Plötzlich ist er eines Morgens mit seinen drei Trieren aus dem Hafen entwischt. Totila schöpfte Verdacht, setzt alle Leinwand auf, fliegt ihm nach, holt ihn ein auf der Höhe von Pisaurum, stellt ihn, geht zu ihm an Bord mit mir und ein paar andern und fragt ihn wohinaus?«
»Er hatte kein Recht dazu, Pomponius wird ihm keine Antwort gegeben haben.«
»Doch, Vortrefflicher, er gab ihm eine. Wie der sah, daß wir zu sieben allein auf seinem Schiff, da lachte er und rief: ‘Wohin ich segle? Nach Ravenna, du Milchbart, und rette die Regentin aus euren Klauen nach Rom.’ Und dabei winkte er seinen Leuten. Da warfen aber auch wir die Schilde vor, und hui, flogen die Schwerter aus den Scheiden. Das war ein harter Stand, sieben gegen dreißig. Aber es währte zum Glück nicht lang, da hörten unsre Bursch im nächsten Schiff das Eisen klirren, und flugs waren sie mit ihren Booten heran und erkletterten wie die Katzen die Wandung. Jetzt waren wir die mehreren: aber der Nauarch — gib dem Teufel sein Recht! — ergab sich nicht, focht wie ein Rasender und stieß meinem Bruder das Schwert durch den Schild in den linken Arm, daß es hoch aufspritzte. Da aber ward mein Bruder auch zornig und rannte ihm den Speer in den Leib, daß er fiel wie ein Schlachtstier. ‘Grüßt mir den Präfekten’, sprach er sterbend, gebt ihm das Schwert, sein Geschenk, zurück und sagt ihm, es kann keiner wider den Tod: sonst hätte ich Wort gehalten.’ Ich hab’s ihm gelobt, es zu bestätigen. Er war ein tapferer Mann. Hier ist das Schwert.«
Schweigend nahm es Cethegus.
»Die Schiffe ergaben sich, und mein Bruder führte sie zurück nach Ancona. Ich aber segelte mit dem schnellen hierher und traf am Hafen mit den drei Balten zusammen, gerade zur rechten Zeit.«
Eine Pause trat ein, in welcher die Überwundnen ihre böse Lage schmerzlich überdachten. Cethegus hatte ohne Widerstand alles bewilligt in der sicheren Hoffnung auf die Flucht, die nun vereitelt war.
Sein schönster Plan war durchkreuzt, durchkreuzt von Totila: tief grub der Haß diesen Namen in des Präfekten Seele. Sein grimmiges Rachesinnen ward erst durch den Ausruf Thuluns gestört: »Nun, Amalaswintha, willst du unterzeichnen? Oder sollen wir die Goten zur Wahl eines Königs berufen?«
Rasch fand bei diesen Worten Cethegus die Fassung wieder: er nahm die Wachstafel aus der Hand des Grafen und reichte sie ihr hin: »Du mußt, o Königin«, sagte er leise, »es bleibt dir keine Wahl.« Cassiodor gab ihr den Griffel, sie schrieb ihren Namen, und Thulun nahm die Tafel zurück.
»Wohl«, sagte er, »wir gehn, den Goten zu verkünden, daß ihr Reich gerettet ist. Du, Cassiodor, begleitest uns, zu bezeugen, daß alles ohne Gewalt geschehen ist.«
Auf einen Wink Amalaswinthens gehorchte der Senator und folgte den gotischen Männern hinaus auf das Forum vor dem Schlosse. Als sie sich mit Cethegus allein sah, sprang die Fürstin heftig auf: nicht länger gebot sie ihren Tränen. Leidenschaftlich schlug sie die Hand vor die Stirn. Ihr Stolz war aufs tiefste gebeugt. Schwerer als des Gatten, des Vaters, ja selbst Athalarichs Verlust traf diese Stunde ihr Herz. »Das«, rief sie laut weinend, »das also ist die Überlegenheit der Männer. Rohe, plumpe Gewalt! O Cethegus, alles ist verloren.«
»Nicht alles, Königin, nur ein Plan. Ich bitte um ein gnädiges Andenken«, setzte er kalt hinzu, »ich gehe nach Rom.«
»Wie? Du verläßt mich in diesem Augenblick? Du, du hast mir all diese Versprechungen abgewonnen, die mich entthronen, und nun scheidest du? O besser, ich hätte widerstanden, dann wär’ ich Königin geblieben, hätten sie auch jenem Rebellenherzog die Krone aufgesetzt.«
Jawohl, dachte Cethegus, besser für dich, schlimmer für mich. Nein, kein Held soll mehr diese Krone tragen. — Rasch hatte er erkannt, daß Amalaswintha ihm nichts mehr nützen könne — und rasch gab er sie auf. Schon sah er sich nach einem neuen Werkzeug für seine Pläne um. Doch beschloß er, ihr einen Teil seiner Gedanken zu enthüllen, damit sie nicht auf eigne Faust handelnd jetzt noch ihre Versprechungen widerrief und dadurch Thulun die Krone zuwende. »Ich gehe, o Herrin«, sprach er, »doch ich verlasse dich darum nicht. Hier kann ich dir nichts mehr nützen. Man hat mich aus deiner Nähe verbannt, und man wird dich hüten, eifersüchtig wie eine Geliebte.«
»Aber was soll ich tun mit diesen Versprechungen, mit diesen drei Herzogen?«
»Abwarten, zunächst dich fügen. Und die drei Herzoge«, setzte er zögernd bei — »die ziehn ja in den Krieg — vielleicht kehren sie nicht zurück.«
»Vielleicht!« seufzte die Regentin. »Was nützt ein Vielleicht!« Cethegus trat fest auf sie zu: »Sie kehren nicht zurück sobald du’s willst.« Erschrocken bebte die Frau: »Mord? Entsetzlicher, was sinnst du?« — »Das Notwendige. Mord ist das falsche Wort dafür. Es ist Notwehr. Oder Strafe. Hättest du in dieser Stunde die Macht, du hättest