Scepter und Hammer. Karl May
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»So bist Du Amerikaner?«
»Nein.«
»Was dann?«
»Norländer.«
»Ah, doch! Kennst Du die Hauptstadt des Landes?«
»Ich bin da geboren.«
»Und den Namen, welchen ich aussprach?«
»Brandauer?«
»Ja.«
»Es giebt nur einen Brandauer dort, welcher Hofschmied Seiner Majestät des Königs ist.«
»Richtig! Ich hielt Dich für seinen Sohn, weil Du genau so siehst, wie er in seiner Jugend aussah. Du bist Matrose?«
»Seemann, ja.«
»Auf welchem Schiff?«
»Auf keinem. Bin jetzt ohne Dienst.«
»Willst Du in meinen Dienst treten? Du gefällst mir.«
»Wo und wie?«
»Für die Zeit meines hiesigen Aufenthaltes. Ich werde auf Sternburg wohnen.«
»Keine Miene Arthurs verriet, daß er jetzt den Mann erkannte.
»Wenn Sie gut bezahlen, ja.«
»Wirst mit mir zufrieden sein. Abgemacht, topp?«
»Topp!«
Die Hände klangen in einander. Dann frug der Türke: »Bist Du hier bekannt?«
»Leidlich.«
»Wo ist Schloß Sternburg?«
Arthur deutete nach der Höhe.
»Dort oben.«
»So steige hinauf und melde mich! Hier ist meine Karte. Wir werden Dir auf dem Fuße folgen.«
Er nahm das feine Couvert in Empfang, sprang über das Bord wieder hinüber und eilte auf dem nächsten Wege der Höhe zu. Er befand sich mit einem Male in einer eigenthümlichen Stimmung, welche man beinahe Aufregung hätte nennen können. Er hatte hart neben der duftigen Frauengestalt gestanden, deren Gewand ein leiser Wohlgeruch entströmte, der ihm vertraut vorgekommen war, trotzdem er keine Zeit gehabt hatte, sich zu fragen, wo er denselben schon einmal bemerkt habe. Durch den dünnen Gesichtsschleier hatte er ein dunkles, großes Augenpaar bemerkt, welches mit eigenthümlichem Ausdrucke auf ihm zu ruhen schien; sonst aber war von der Gestalt nichts weiter zu sehen gewesen, als das kleine, mit feinen levantirten Stiefeletten bekleidete Kinderfüßchen. Wie kam dieser Muselmann, den er jetzt noch gar nicht erwartete, dazu, eine seiner Frauen, denn das war sie jedenfalls, auf eine Reise in das Ausland mitzunehmen? Er mußte weder eifersüchtig noch von denjenigen Vorurtheilen befangen sein, welche den Moslem bestimmen, seine Frauen und Töchter von dem öffentlichen Leben auszuschließen. Und dabei schien er während seiner Reise alle gewohnten Ansprüche fallen lassen zu wollen, da er vollständig ohne Dienerschaft war, denn die Matrosen konnten als solche nicht betrachtet werden, da sie an das Schiff gebunden waren.
Er öffnete unterwegs das Couvert und zog die Karte hervor; sie enthielt auf feinstem Pergamente in goldener Schrift den einfachen Namen »Nurwan Pascha«.
»Wirklich anspruchslos!« meinte Arthur. »Ein Anderer an seiner Stelle hätte hinzugefügt: »Admiral a.D., Liebling des Sultans, Vertrauter des Schah-in-Schah von Persien« und tausend Anderes noch.«
Auf Sternburg angekommen sucht er den Kastellan auf. Er fand ihn in seiner Wohnung.
»Horn, eilen Sie, laufen Sie, springen Sie – — alle Wetter, schöpfen!«
»Aufgeregt? Mein lieber, junger Herr!« rief die alte Kastellanin, indem sie die Hände zusammenschlug. »Durchlaucht sind ja stets so ruhig, daß etwas ganz Außerordentliches passirt sein muß, um Sie aufzuregen.«
»Das ist es auch, meine gute Mama Horn. Denken Sie sich, der Pascha kommt!«
»Der Pascha? Herr Jesses, da muß ich fort, fort, fort – —!«
Sie huschte eilfertig in der Stube umher, als suche sie etwas höchst Nothwendiges, was doch nicht zu finden sei.
»Nur sachte, sachte, Alte!« ermahnte der Kastellan. »Der Pascha kommt; das ist gar nicht gefährlich, zumal wenn er nicht gleich kommt.«
»Das ist es ja eben,« fiel Arthur ein, »er kommt; er ist ja bereits da!«
»Bereits da? Das ist allerdings schlimm. Wo ist er denn bereits?«
»Unterwegs nach hier.«
»Himmel, das ist ja böser, als ich dachte! Wir sind ja noch gar nicht mit unseren Vorbereitungen fertig, und da ist es nothwendig, daß wir schleunigst – — na, vorwärts, Alte, was stehst Du denn noch hier herum! Durchlaucht, bitte, empfangen Sie ihn! Wir werden unterdessen – — —«
»Halt, Horn, dableiben!«
Die beiden eilfertigen Leute befanden sich bereits unter der Thür; auf den Zuruf des Kapitäns wandten sie sich zurück.
»Ich kann ihn nicht empfangen!«
»Nicht? Warum nicht, gnädiger Herr?«
»Weil ich verreist bin.«
»Verreist? Hm, wieso?«
»Er frug mich, wer ich sei; ich wollte mein Inkognito bewahren, denn ich hatte noch keine Ahnung, daß ich den erwarteten Gast vor mir habe, und antwortete, daß ich ein Matrose sei und Bill Willmers heiße.«
»Ein Matrose und Bill Willmers! Mein Gott, jetzt sehen Sie, Durchlaucht, daß bei einem solchen Inkognito nichts Gutes herauskommt. Nun können Sie nichts anderes thun, als sich blamiren, indem Sie dem Türken die Wahrheit gestehen!«
»Nein, das kann ich nicht, denn er hat mich gemiethet.«
»Gemiethet? Ich begreife nicht – —!«
»Das heißt, ich stehe für die Zeit seines hiesigen Aufenthaltes als Domestike in seinen Diensten.«
»Domestike – in seinen Diensten – — ? Höre ich recht, Durchlaucht? Ein hochfürstlich Sternburgischer Prinz, Ritter vieler Orden und Fregattenkapitän, im Dienste eines Türken?«
»So ist es, lieber Horn, und dabei muß es auch einstweilen bleiben. Sehen Sie also ja darauf, daß mein Inkognito streng bewahrt bleibe. Mein Bild entfernen Sie aus dem Salon; es würde mich verrathen. Und wenn wir beobachtet sind, behandeln Sie mich als Fremden und Untergebenen.«
»Das ist ja ganz und gar unmöglich, mein lieber, junger Herr,« protestirte die Kastellanin. »Herr Jesses, wie könnte ich mich unterstehen, Euer Durchlaucht – —!
»Sie sollen sich aber unterstehen!« fiel er ihr in die Rede. »Sie weisen mir hier unten in Ihrer Nähe ein Zimmer an, damit Sie es leicht haben, sich in zweifelhaften Fällen meine Anweisungen zu holen. Der Pascha bekommt die Gemächer meines Vaters, und seiner Dame werden die Thurmzimmer zur Verfügung gestellt.«
»Seiner