Der Antichrist. FRIEDRICH NIETZSCHE
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Die Voraussetzung für den Buddhismus ist ein sehr mildes Klima, eine große Sanftmut und Liberalität in den Sitten, kein Militarismus; und daß es die höheren und selbst gelehrten Stände sind, in denen die Bewegung ihren Herd hat. Man will die Heiterkeit, die Stille, die Wunschlosigkeit als höchstes Ziel, und man erreicht sein Ziel. Der Buddhismus ist keine Religion, in der man bloß auf Vollkommenheit aspiriert: das Vollkommene ist der normale Fall. —
Im Christentume kommen die Instinkte Unterworfner und Unterdrückter in den Vordergrund: es sind die niedersten Stände, die in ihm ihr Heil suchen. Hier wird als Beschäftigung, als Mittel gegen die Langeweile die Kasuistik der Sünde, die Selbstkritik, die Gewissens-Inquisition geübt; hier wird der Affekt gegen einen Mächtigen, „Gott“ genannt, beständig aufrecht erhalten (durch das Gebet); hier gilt das Höchste als unerreichbar, als Geschenk, als „Gnade“. Hier fehlt auch die Öffentlichkeit; der Versteck, der dunkle Raum ist christlich. Hier wird der Leib verachtet, die Hygiene als Sinnlichkeit abgelehnt; die Kirche wehrt sich selbst gegen die Reinlichkeit (— die erste christliche Maßregel nach Vertreibung der Mauren war die Schließung der öffentlichen Bäder, von denen Kordova allein 270 besaß). Christlich ist ein gewisser Sinn der Grausamkeit, gegen sich und andre; der Haß gegen die Andersdenkenden; der Wille, zu verfolgen. Düstere und aufregende Vorstellungen sind im Vordergrunde; die höchstbegehrten, mit den höchsten Namen bezeichneten Zustände sind Epilepsoiden; die Diät wird so gewählt, daß sie morbide Erscheinungen begünstigt und die Nerven überreizt: Christlich ist die Todfeindschaft gegen die Herren der Erde, gegen die „Vornehmen“ — und zugleich ein versteckter heimlicher Wettbewerb (— man läßt ihnen den „Leib“, man will nur die „Seele“ ...). Christlich ist der Haß gegen den Geist, gegen Stolz, Mut, Freiheit, Libertinage des Geistes; christlich ist der Haß gegen die Sinne, gegen die Freuden der Sinne, gegen die Freude überhaupt ...
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Das Christentum, als es seinen ersten Boden verließ, die niedrigsten Stände, die Unterwelt der antiken Welt, als es unter Barbaren-Völkern nach Macht ausging, hatte hier nicht mehr müde Menschen zur Voraussetzung, sondern innerlich verwilderte und sich zerreißende, — den starken Menschen, aber den mißratnen. Die Unzufriedenheit mit sich, das Leiden an sich ist hier nicht wie bei dem Buddhisten eine übermäßige Reizbarkeit und Schmerzfähigkeit, vielmehr umgekehrt ein übermächtiges Verlangen nach Wehe-tun, nach Auslassung der inneren Spannung in feindseligen Handlungen und Vorstellungen. Das Christentum hatte barbarische Begriffe und Werte nötig, um über Barbaren Herr zu werden: solche sind das Erstlingsopfer, das Bluttrinken im Abendmahl, die Verachtung des Geistes und der Kultur; die Folterung in allen Formen, sinnlich und unsinnlich; der große Pomp des Kultus. Der Buddhismus ist eine Religion für späte Menschen, für gütige, sanfte, übergeistig gewordne Rassen, die zu leicht Schmerz empfinden (— Europa ist noch lange nicht reif für ihn —): er ist eine Rückführung derselben zu Frieden und Heiterkeit, zur Diät im Geistigen, zu einer gewissen Abhärtung im Leiblichen. Das Christentum will über Raubtiere Herr werden; sein Mittel ist, sie krank zu machen, — die Schwächung ist das christliche Rezept zur Zähmung, zur „Zivilisation“. Der Buddhismus ist eine Religion für den Schluß und die Müdigkeit der Zivilisation, das Christentum findet sie noch nicht einmal vor, — es begründet sie unter Umständen.
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