Waldröschen IV. Matavese, der Fürst des Felsens. Teil 2. Karl May

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Waldröschen IV. Matavese, der Fürst des Felsens. Teil 2 - Karl May

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style="font-size:15px;">      »Ich sehe ihn nicht mehr«, sagte der eine. »Und du?« – »Ich auch nicht.« – »Er muß sich gesetzt haben.« – »Oder er hat die Richtung verändert!« – »Das wäre verdammt! Kehrt er zum Platz zurück, so wird es uns schwerer, hier hätten wir so leichte Arbeit gehabt« – »Die hundert Pesos wären bald verdient. Wir müssen uns teilen, und wer ihn trifft, führt den Stoß!« – »Gut. So gehe du mehr rechts und ich mehr links!«

      Sternau überlegte, was er tun solle. Er hielt es für das klügste, sie laufenzulassen. Schlug er sie nieder und zeigte sie an, so konnte er es ihnen ja nicht beweisen, daß sie es auf ihn abgesehen gehabt hatten. So wartete er also, bis sie sich weit genug entfernt hatten, und kehrte dann nach dem Platz zurück, wo er bald Mariano und den Lord traf.

      Als er ihnen sein Abenteuer erzählte, vermuteten die beiden sofort, daß der Anschlag von Cortejo ausgehe, und hielten es für das beste, nach Hause aufzubrechen, was auch sofort geschah. Im Palazzo angekommen, wurden sie von Amy empfangen, die zwar während des Kampfes auf dem Festplatz gewesen, dann aber sofort zurückgekehrt war.

      »Da kommen die Sieger«, meinte sie freudig, die drei Männer in den Salon führend, »es ist unsere Pflicht, auf sie stolz zu sein.« – »Vor allen Dingen auf den dreifachen Sieger«, sagte Mariano, auf Sternau deutend. – »Und auch auf den anderen«, fügte der Lord hinzu. »Unser Freund hat nach dem Kampfspiel noch einen Sieg errungen, der größer war als der vorige. Darum soll er auch seinen Preis erhalten.«

      Er nahm darauf Amys Hand und legte sie in Marianos Rechte.

      »Ihr habt euch lieb, Kinder, und ihr seid einander wert. Werdet glücklich, so wie ich es euch wünsche!«

      Das war eine Überraschung, an die niemand gedacht hatte, und ein Preis, wie er nach einem Kampfspiel noch niemals ausgezahlt worden war. Die beiden Liebenden lagen sich in den Armen und waren überglücklich. Der Abend wurde zu einem Freuden- und Wonneabend, ganz anders wie bei Cortejo, der nach Hause gegangen war, um, falls Sternau getötet wurde, nachzuweisen, daß er nicht in der Nähe gewesen sei.

      Nach einiger Zeit kehrte auch Josefa zurück. Ihr Angesicht glühte, und ihre Augen blitzten. Sie warf den Maskenanzug von sich und trat vor ihren Vater.

      »Vater, dieser Sternau reist übermorgen nach der Hazienda?« fragte sie. – »Ja.« – »Allein?« – »Nein, sondern die beiden anderen mit ihm.« – »Wirst du sie entkommen lassen?«

      Cortejo blickte die Tochter verwundert an und antwortete mit verhaltener Ironie:

      »Du scheinst dich seit heute vormittag sehr geändert zu haben.« – »Nicht im geringsten, aber ich bin zu einem Entschluß gekommen.« – »Und dieser lautet?« – »Wir lassen diesen Menschen keine Minute Frist.« – »Das ist meine Ansicht auch. Der eine von ihnen ist wohl bereits jetzt schon tot.« – »Welcher?« – »Sternau.« – »Ah, ich dachte der andere.« – »Nein. Ich schickte ihm ein paar Hidalgos auf den Hals, die ich kenne. Für hundert Pesos laufen sie in die Hölle.« – »Gut, so ist der eine abgetan. Aber der andere?« – »Warte bis morgen, dann wird sich darüber sprechen lassen!«

      Vater und Tochter saßen noch beisammen, als zwei Männer Einlaß begehrten. Sie wurden eingelassen. Es waren die beiden Hidalgos. Als sie Josefa erblickten, wollten sie sich zurückziehen, aber Cortejo gab das nicht zu.

      »Tretet nur ein, Señores«, sagte er. »Meine Tochter darf hören, was Ihr mir zu sagen habt. Ich hoffe, daß Euer Werk Euch gelungen ist?« – »Leider nicht«, lautete die Antwort.

      Cortejo blickte sie streng an, ihm schien dieser Fall unglaublich.

      »Warum nicht?« fragte er. – »Wir verloren ihn aus den Augen. Er ging in die Nacht hinaus, ganz einsam und allein. Wir folgten ihm und verloren ihn dann aus den Augen, und erst, als wir nach dem Platz zurückkehrten, sahen wir ihn wieder, als er mit Lord Lindsay die Pferde bestieg.«

      »Ihr seid Toren und feige Mietlinge, ich mag nichts von Euch wissen.« – »Wir werden es nachholen«, entgegnete der eine. – »Ich brauche Euch nicht, Ihr könnt gehen. Für Eure unnütz verschwendete Mühe sollt Ihr jedoch ein kleines Geschenk haben. Hier habt Ihr zehn Pesos, teilt Euch darein und trollt Euch von dannen.«

      Die Hidalgos waren froh, so viel erhalten zu haben und gingen. Josefa begab sich zur Ruhe, aber sie konnte nicht schlafen. Sie brütete Rache wegen ihrer verschmähten Liebe, kam aber zu keinem Entschluß, der der Stärke ihres Grimmes entsprochen hätte. Auch Cortejo schlief nicht. Er sann und grübelte einige Stunden lang und schien endlich zu einem Entschluß gekommen zu sein, denn er ging nach dem Stall und ließ satteln. Gegen Morgen verließ er die Stadt in nördlicher Richtung, und als Josefa am Vormittag nach ihrem Vater fragte, erfuhr sie, daß er auf einige Zeit verreist sei.

      9. Kapitel

      »Es lag auf meinem Geist ein Alp,

      Nicht zentner-, sondern bergesschwer.

      Der Wahnsinn legte dicht und falb

      Um mich sein ödes Nebelmeer.

      Ich bebte, dennoch war ich tot;

      Es schlug mein Herz, doch fühlt‘ es nichts;

      Und mitten in des Morgens Rot

      Stand ich, beraubt des Tageslichts.

      Und nun ich endlich aufgewacht,

      Da hör‘ ich in mir fort und fort

      Von früh bis spät, bei Tag und Nacht

      Nur der Vergeltung blutig Wort.«

      Nicht einen Tag, sondern zwei Tage später hielten drei tüchtige, kraftvolle Pferde vor dem Palazzo des Lords, während drin in der Wohnung selbst Abschied genommen wurde.

      »Also wie lange gedenken Sie auszubleiben, Doktor?« fragte Lindsay. – »Wer kann dies unter den gegenwärtigen Umständen bestimmen?« lautete die Antwort. »Wir kommen so bald wie möglich zurück.« – »Das hoffe ich. Schont die Pferde nicht, es laufen ihrer tausende auf der Weide herum. Haben Sie noch einen Wunsch?« – »Ja, Mylord. Man weiß nicht, was einem in diesem Land begegnen kann. Nehmen Sie sich, wenn sich meine Rückkunft verzögern sollte, meiner Jacht und ihrer Bemannung an.« – »Das werde ich tun, obgleich ich nicht befürchte, daß ich Veranlassung dazu haben werde. Leben Sie wohl!«

      Sternau und Helmers saßen bereits zu Pferd, als Mariano noch immer oben an der Treppe stand und sich von Amy gar nicht trennen konnte. Endlich kam er, und nun ging es fort, zur Stadt hinaus, auf ganz demselben Weg, den zwei Tage vorher Cortejo eingeschlagen hatte.

      Sternau hatte vorgezogen, ohne Diener und Führer zu reisen. Er hatte eine Karte von Mexiko bei sich, die war ihr Führer, und obgleich keiner von den dreien diesen Weg bereits einmal zurückgelegt hatte, verirrten sie sich doch nicht ein einziges Mal.

      Es mochte noch eine kleine Tagereise von der Hazienda sein, als sie über eine mit einzelnen Gebüschinseln bestandene Ebene ritten. Sternau war der Erfahrenere von den dreien; es entging ihm kein gebrochener Halm, kein abgeknickter Zweig, kein von seinem Platz gestoßenes Steinchen. Da sagte er plötzlich, während sie lautlos dahinritten, zu seinen beiden Gefährten:

      »Wendet den Kopf jetzt weder nach rechts noch links, aber schielt einmal nach dem dichten Seifenbaumstrauch dort rechts am Wasser.« – »Was gibt‘s?« fragte Mariano. – »Dort liegt ein Mensch auf der Lauer, und sein Pferd ist hinter ihm angebunden.« – »Ich sehe nichts.«

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