Sämmtliche Werke 4: Mirgorod. Gogol Nikolai Vasilevich

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Sämmtliche Werke 4: Mirgorod - Gogol Nikolai Vasilevich

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style="font-size:15px;">      Jetzt freute er sich schon im voraus bei dem Gedanken, mit seinen beiden Söhnen in der Sjetsch einzutreffen und dort laut verkündigen zu können: „Seht mal her, was ich euch für tüchtige Kerle mitgebracht habe!“ Er freute sich darauf, sie all seinen kampferprobten Freunden zu zeigen und dann ihre ersten großen Taten in der Kriegs- und Fechtkunst, die er ebenfalls für die Haupttugend eines Ritters hielt, miterleben zu dürfen. Zuerst wollte er sie allein fortschicken; aber angesichts ihrer frischen Jugend, ihres kräftigen Wuchses und ihrer männlichen Schönheit loderte sein kriegerischer Geist empor, und er beschloß, sich schon am nächsten Tage selbst mit ihnen auf den Weg zu machen, wenn ihn auch keine andere Notwendigkeit zu dieser Reise veranlaßte, als allein sein eigensinniger Wille. Er war bereits aufs äußerste beschäftigt und erteilte Befehle, wählte die Pferde, Geschirr und Sattelzeug für seine jungen Söhne aus, sah sich in den Ställen und Speichern um und bestimmte die Diener, die morgen mit ihnen zusammen aufbrechen sollten. Seine Ämter übergab er dem Unterhauptmann Towkatsch, und befahl ihm zugleich aufs strengste, sich unverzüglich mit der ganzen Schar einzufinden, sowie er aus der Sjetsch eine Nachricht von ihm erhalte. Obgleich er noch ein wenig angeheitert war, und der Branntwein noch in seinem Kopfe rumorte, vergaß er doch nichts: er befahl sogar, die Pferde zu tränken, ihnen den schönsten und besten Weizen in die Krippe zu schütten, und kam endlich ganz ermüdet von all seinen Besorgungen zu Hause an.

      „Jetzt heißt es, ausschlafen, Kinder, und morgen, da machen wir, was Gott uns eingiebt. Ja, und mach uns keine Betten zurecht. Wir brauchen kein Bett; wir werden auf dem Hofe schlafen.“

      Die Nacht hatte ihre Schwingen noch kaum über den Himmel gebreitet, aber Bulba pflegte sich stets früh zur Ruhe zu begeben. Er streckte sich auf dem Teppich aus und bedeckte sich mit einem kurzen Schafspelz, denn die Nachtluft war ziemlich frisch, und Bulba hüllte sich gern tüchtig ein, wenn er zu Hause war. Es dauerte nicht lange, da begann er schon zu schnarchen, und bald folgte der ganze Hof seinem Beispiel; alles, was in den verschiedenen Ecken herumlag, schnarchte, pfiff und grunzte in den verschiedensten Tönen im schönsten Konzert. Zuallererst schlief der Wächter ein: er hatte zur Feier der Ankunft der jungen Herren am meisten getrunken.

      Nur die arme Mutter schlief nicht. Sie schlich sich an das Kopfende ihrer Herren Söhne, die nebeneinander lagen, kämmte ihre jungen, wirren Locken mit einem Kamme und netzte sie mit ihren Tränen. Sie blickte sie an, blickte sie vollen Herzens an, als wäre sie ganz Auge geworden – und konnte sich nicht satt an ihnen sehen. Sie hatte sie an ihrer eigenen Brust genährt; hatte sie selbst gehegt und gepflegt und großgezogen – und jetzt sollte sie sie nur einen kurzen Augenblick bei sich sehen!

      „Meine Söhne, meine lieben Söhne! Was wird aus euch werden? Was erwartet euch?“ sagte sie, und die Tränen blieben in den Runzeln hängen, die ihr einstmals so schönes Gesicht gänzlich verändert hatten. Wirklich, sie war zu bedauern, wie jede Frau in dieser kampflustigen Zeit. Nur einen Augenblick hatte sie die Liebe, die ersten hitzigen Triebe der Leidenschaft, die erste stürmische Glut der Jugend kennen gelernt, und schon hatte ihr rauher Geliebter sie verlassen, um sie gegen den Säbel, die Kameraden und Zechgelage einzutauschen. Gewöhnlich sah sie ihren Mann zwei, drei Tage im Jahr; es kam aber auch vor, daß sie jahrelang nichts von ihm hörte. Aber selbst wenn sie ihn dann sah, wenn sie zusammen lebten – was war das für ein Leben! Sie mußte jede Beleidigung über sich ergehen lassen, sie erhielt sogar Schläge, und die Liebkosungen, die ihr zuteil wurden, warf man ihr nur wie aus Gnade hin. Sie war ein seltsames Wesen, mitten in diesem Kreise unbeweibter Reiter, denen das unbändige Saporoger Leben seinen rauhen Charakter mitgeteilt hatte. Ihre an Glück und Genüssen arme Jugend war dahingeschwunden; ihre wunderschönen frischen Wangen und Brüste waren ungeküßt verblüht und hatten sich vorzeitig mit Runzeln bedeckt. Alle Liebe, alle Gefühle, alles was eine Frau an Zartheit und Leidenschaft in sich birgt, hatte sich bei ihr ausschließlich in mütterliches Empfinden verwandelt. Voller Glut und Leidenschaft, und mit Tränen in den Lidern hing sie wachsam wie eine Steppenmöve an ihren Kindern. Ihre Söhne, ihre lieben Söhne sollten ihr genommen werden – und sie würde sie niemals wiedersehen! Wer weiß, vielleicht würden die Tataren ihnen schon in der ersten Schlacht die Köpfe abhauen, und sie würde nie erfahren, wo ihre Leiber hingekommen seien, die unbeachtet am Wege lagen und die vielleicht ein vorbeifliegender Raubvogel zerfleischte. Wie gern hätte sie für jeden Tropfen ihres Blutes ihr ganzes Leben hingegeben! Weinend schaute sie ihnen in die Augen, die der allmächtige Schlaf schon zu schließen begann: „Vielleicht,“ sprach sie leise vor sich hin, „vielleicht wird Bulba, wenn er aufwacht, die Reise doch noch auf zwei Tage verschieben, vielleicht wollte er nur deshalb so früh aufbrechen, weil er zu viel getrunken hat.“

      Der Mond beleuchtete schon längst den Hof, der voller Schläfer lag, und blickte auf das Weidengestrüpp und all das hohe Steppengras herab, das den Hof gleichsam umzäunte. Sie aber saß immer noch zu Häupten ihrer geliebten Söhne, blickte nicht einen Augenblick von ihnen weg und dachte nicht an Schlaf. Die Pferde, die bereits die Morgendämmerung witterten, lagen im Grase und fraßen bald nicht mehr; die Wipfel der Weiden zitterten, und ein leises Flüstern glitt wie ein Strom bis zu ihren Wurzeln herab. Sie saß da, bis es hell wurde, verspürte nicht die leiseste Müdigkeit und wünschte insgeheim, daß die Nacht recht lange dauern möchte. Von der Steppe her hörte man das leise Wiehern der Füllen, und am Himmel leuchtete der erste Streifen der Morgenröte auf.

      Plötzlich erwachte Bulba und sprang empor. Er erinnerte sich an alle Anordnungen, die er gestern getroffen hatte. „Hallo, ihr Burschen, jetzt ist es vorbei mit dem Schlafen! Es ist Zeit, höchste Zeit. Tränkt die Gäule! Und wo ist die Alte? (So nannte er gewöhnlich seine Frau.) Schnell, schnell Alte, mach das Essen bereit: wir haben einen langen Weg vor uns!“

      Die arme Alte ging traurig und ihrer letzten Hoffnung beraubt, ins Haus. Während sie tränenden Auges alles vorbereitete, was zum Frühstück erforderlich war, erteilte Bulba seine Befehle, machte sich im Stall zu schaffen und suchte selbst den kostbarsten Schmuck für seine Söhne aus.

      Die Seminaristen schienen plötzlich wie umgewandelt. Statt der alten schmutzigen Stiefel hatten sie nun welche aus rotem Saffianleder mit silbernen Beschlägen; die Beinkleider, die so weit waren, wie das schwarze Meer, schlugen tausend Falten und wurden durch einen goldenen Gurt zusammengehalten, an dem lange schmale Riemen mit Troddeln und anderem Zierat für die Tabakspfeife angebracht waren. Ihre feuerroten Kosakenröcke schnürten bunt gestickte Gürtel ein, in denen schön ziselierte türkische Pistolen staken, und ihre Füße umklirrte ein mächtiger Säbel. Ihre nur wenig gebräunten Gesichter schienen noch schöner und weißer geworden zu sein, und ihre jünglingshaften schwarzen Schnurrbärte ließen die helle Farbe und die gesunde kraftvolle Blüte ihrer Jugend noch stärker hervortreten. Mit ihren in eine goldene Spitze auslaufenden Schaffellmützen sahen sie tatsächlich wunderschön aus. Die arme Mutter! Als sie sie erblickte, vermochte sie kein Wort hervorzubringen, und die Tränen blieben ihr in den Augen stecken.

      „Nun Jungens, es ist alles fertig. Jetzt ist keine Zeit mehr zu verlieren!“ sagte Bulba endlich. „Doch wir wollen uns vor der Abreise nach christlichem Brauch erst noch einmal niedersetzen.“

      Alle ließen sich nieder, selbst die Knechte, die bisher ehrerbietig an der Tür gestanden hatten.

      „So, jetzt segne deine Kinder, Mutter,“ sagte Bulba, „bete zu Gott, daß sie wacker kämpfen, stets die Ritterehre hochhalten und den christlichen Glauben beschützen mögen – sonst sollen sie lieber zugrunde gehen, und ihre Spur mag vom Erdboden getilgt werden! Kinder, geht zu eurer Mutter hin, das mütterliche Gebet schützt einen zu Wasser wie zu Lande!“

      Die Mutter umarmte sie, schwach wie jede Mutter, zog zwei kleine Heiligenbildchen hervor und legte sie ihnen schluchzend um den Hals. „Die heilige Jungfrau möge euch beschirmen … Vergesst eure Mutter nicht, Kinder … laßt uns ab und zu eine Nachricht zukommen …“ Mehr vermochte sie nicht zu sagen.

      „Nun kommt, Jungens,“ sagte Bulba. Die gesattelten Pferde standen vor der Tür. Bulba schwang sich auf seinen „Teufel“, der sich

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