Achtundvierzig Briefe von Johann Gottlieb Fichte und seinen Verwandten. Johann Gottlieb Fichte

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Achtundvierzig Briefe von Johann Gottlieb Fichte und seinen Verwandten - Johann Gottlieb Fichte

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war der um Fichte hoch verdiente Pastor zu Rammenau. Hier ist nämlich ein doppelter Irrthum der Biographie zu berichtigen. Dieselbe (I, 7 f.) nennt diesen Mann Diendorf. – Es gab aber in Rammenau nur einen Pfarrer M. Johann Gottfried Dinndorf – so habe ich selbst den Namen in dem Kirchenbuche gelesen – und dieser starb, nachdem er ziemlich 53 Jahre sein Amt verwaltet, am 19. März 1764, also kaum zwei Jahre nach Fichte's Geburt. Auf ihn folgte zunächst M. Karl Christoph Nestler, und auf diesen am 5. August 1770 Adam Gottlob Wagner. Derselbe war, wie mir Herr Pastor Werner in Rammenau mündlich mittheilte, vorher Erzieher auf dem herrschaftlichen Schlosse gewesen und daher mit den Ortsverhältnissen und den Dorfbewohnern wohl bekannt; und so empfahl er später den etwa zehnjährigen Fichte dem Herrn von Miltitz, der gewünscht hatte, eine von Wagners Predigten zu hören. Aber selbst hiervon abgesehen, und ein noch geringeres Alter angenommen – wie der Biograph sagt: »der Knabe mochte bereits acht oder neun Jahre alt geworden sein« –, kann immer nur an Wagner gedacht werden. Auch war derselbe, wie ich selbst von andern Seiten in der Lausitz gehört habe, als Prediger berühmt. – Jene Namensverwechslung kann, wie Herr Pastor Werner vermuthet, vielleicht dadurch entstanden sein, daß Fichte wohl zuweilen seiner Familie von dem alten wackern, zu seiner Zeit noch nicht vergessenen, Dinndorf erzählt haben mag, der während seiner langen Amtsführung gar Vieles erlebt hatte, z. B. den siebenjährigen Krieg, einen Neubau der Kirche u. s. w., und der ein unermüdlich fleißiger Prediger war, denn er soll während seines Lebens beinahe 8000 Mal gepredigt haben. – Der damalige Gutsherr von Rammenau wird in der Biographie (I, 7) Graf von Hoffmannsegg genannt. Genau genommen aber hieß er damals nur Johann Albericus von Hoffmann und war Geheimer Cabinets-Assistenzrath; denn erst 1779 wurde er unter dem Namen Hoffmannsegg (er soll einen mit einer Egge verbundenen Pflug erfunden haben) in den Reichsgrafenstand erhoben. – Uebrigens ist bemerkenswerth, wie in Fichte's Briefen mit der Zeit die Anreden wechseln: im ersten Briefe nennt Fichte seinen Vater, »Ihr«, in diesem »Er«, in allen ferneren aber nach unserer Weise »Sie«.

      Im Sommer 1788 ging Fichte nach Zürich, wo er anderthalb Jahre Erzieher im Hause eines angesehenen Gasthofbesitzers, Namens Ott, war (I, 32 f. 39). Ende März des Jahres 1790 reiste er von dort wieder ab und traf in der ersten Hälfte des Mai in Leipzig ein, wo er den folgenden Brief an seine Eltern schrieb, welchem auf der Rückseite desselben Blattes einer an seinen Bruder Gotthelf angefügt ist.

      3a

Leipzig. d. 20. Jun. 90.

      Liebste Eltern,

      Ich bin seit 6. Wochen, und drüber, in Leipzig. Wenn ich es Ihnen nicht eher meldete, so kam es blos daher, weil ich keine Gelegenheit; und wenn Gelegenheit, keine Zeit hatte.

      Ich bin 7. Wochen auf der Reise gewesen: bin sehr gesund und angenehm gereißt: habe viel schönes gesehen und viel große Männer kennen gelernt. Jetzt habe ich keine bestimmten Aussichten: Hofnungen und Versprechungen genug, aber noch nichts sicher. Sobald sich welche finden werden; sobald ich meinen Aufenthalt verändern werde, werde ich nicht ermangeln, es Ihnen zu melden. Lieber wäre es mir fast, wenn ich etwa ein Jahr in Leipzig bleiben könnte. Könnte ich dies möglich machen, so würde ich die vortheilhaftesten Anträge ausschlagen.

      Mein Plan ist noch der ehemalige. Nur will ich nicht mehr zu Kindern; sonst könnte ich längst eine Stelle haben. Ich will reisen, oder an einen Hof. – Sollte dies etwa Jemand nicht begreifen können: so – wundert mich das nicht. Wenn ich es nur begreife.

      Ich bin mit höchster Ehre von Zürich abgegangen. Weise ist mehr als je, mein Freund. Der Hr. von Miltitz ist gut auf mich zu sprechen. Ich wechsele Briefe von Zürich bis Coppenhagen – und mit großen Personen.

      Ich gehe einen Weg es entweder sehr hoch zu bringen, oder ganz zu verlieren, sagt ein hiesiger Professor, der mein Freund ist. – Er hat recht; aber ich hoffe das erstere; und würde das letztere ertragen.

      Den gewöhnlichen Weg schleichen – mich auf eine Dorfpfarre setzen, kann ich einmal nicht, und Gott, der mir diesen Sinn gab, weiß, daß ich es nicht kann.

      Ich bitte Sie, mich in Ihrem gütigen Andenken zu behalten, und zu glauben, daß ich unverändert bin

Ihrgehorsamer SohnGottlieb.

      P. S. Es thut mir leid, daß ich diesen Brief nicht frankiren kann. Ich schike ihn durch Einschluß bis Dreßden, gebe ihn also nicht hier auf die Post. – Aber über 1 Gr. 3 Pf. darf er nicht kosten, denn er kömmt von Dreßden.

      3b

Meinem Bruder Gotthelf

      Lieber Bruder,

      Daß ich wieder in meinem Vaterlande bin, wirst du nun wißen. – Ich bin gesund, – gesünder, als ich vielleicht je war; das thut das Reisen – muthig, voll Lust und Hofnung. Aussichten, wie ich sie wünsche, habe ich genug, aber ich erwarte sie mit Geduld, und Ergebung. Was mir am meisten fehlt, sind Freunde. Mit gewöhnlichen Studenten mag ich keinen Umgang haben; meine alten Freunde sind alle weg: ich wünsche also oft Dich zu mir, um so ein Gespräch zu führen, wie wir es im Jahr 88 oft hatten. Mit den wenigsten Menschen komme ich im vertrauten Umgange zu rechte. In Dir hatte mir die Natur einen Freund gegeben, wie ich ihn bedarf. Warum musten so verschiedene Lebensarten, und solche Entfernungen uns trennen?

      Erseze, was dem mündlichen Umgange fehlt, durch Briefe. Schreib mir oft, und so viel Du willst und kannst. Ich werde Deine Briefe gern lesen, und beantworten. – Da Du aber nicht postmäßig schreiben kannst, und da ich wünsche, daß Du mir große Briefe schriebest, so gieb sie den Fuhrleuten. Ich wohne auf der Fleischer Gaße, in Weinholds Hause, 1. Treppe hoch, vorn heraus.

      Ich muß mich jezt mit Bücherschreiben ernähren; wenn ich leben will. Das ist mir denn nun keine angenehme Arbeit. Will ich was gutes, nüzliches, schönes schreiben, wie ich wohl möchte, und könnte, so erfordert es viel Zeit, und – der Buchhändler will nichts nüzliches. Schreibe ich, wie der Buchhändler es gern hat, leichte Waare, Mode Zeug, so macht mir das weder Ehre, noch Vergnügen.

      Zur Zeit ist noch nichts erschienen, aber auf die Michaelis-Meße wird einiges von mir die Preße verlassen.

      Sehen möchte ich Dich, und die übrigen aus dem Hause, die mich lieben, wohl gern einmal. Aber – ich hänge in Ansehung des Reisens von meinem Beutel ab, und der verträgt jetzt keine Reise. Auf Michaelis vielleicht komme ich – nicht nach Rammenau; dahin in meinem Leben schwerlich wieder – sondern in eure Nähe, wo mich sehen können, die mich sehen wollen.

      Leb recht wohl. Ich bin Dein

Dich herzlich liebender BruderGottlieb.

      »Weise« ist ohne Zweifel der Kreissteuerrath Weiße, sein treuer Beschützer, der ihm auch die Stelle in der Schweiz verschafft hatte. Der Freiherr von Miltitz war der Edelmann, der so väterlich für Fichte's Ausbildung sorgte. Derselbe nahm den Knaben Fichte zuerst mit nach seinem Schlosse Siebeneichen bei Meißen an der Elbe, welches in der Biographie (I, 9) auch ganz richtig beschrieben ist, obwohl daselbst »Oberau« genannt ist, was aber östlich abseits der Elbe liegt. Herr Pastor Carl Gottfried Beer in Niederau schreibt mir darüber: »Auf Park und Schloß zu Oberau paßt die Beschreibung gar nicht. – Oberau und Niederau gehörten früher mit zu dem manchmal so genannten Miltitzer Ländchen, und die letzten Besitzer dieses Namens haben auch in Oberau gewohnt.« Sodann wurde Fichte dem Prediger in Niederau anvertraut, bei dem er seine schönsten Jugendjahre verlebte. Der Biograph sagt: »Leider wissen wir den Namen des trefflichen Mannes nicht, wol aber erinnern wir uns, daß Fichte noch in seinen spätern Jahren mit Rührung und herzlichem Danke des frommen Predigerpaars gedachte.« Herr Pfarrer Beer, den ich um Auskunft ersuchte, macht mir die dankenswerthe Mittheilung: »Der Pfarrer hieß Gotthold Leberecht Krebel, starb 1795, nachdem er 31 Jahr, von 1764 an, Pastor der Gemeinde zu Niederau gewesen. – In meinem Garten stehen zwei Linden und hinter demselben dicht an der Mauer noch zwei. Von diesen sagte mir

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