Die Welt auf Schienen. Fürst Artur

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Die Welt auf Schienen - Fürst Artur

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wenn irgend etwas auszubessern war, so daß man ihm erlaubte, solche Arbeiten auszuführen, ohne daß einer der leitenden Männer zugegen war.

      Seine Hauptbeschäftigung aber war, am Schacht zu Water-Row den großen Aufzug zu bewachen und zu bedienen. Da die Kohlengefäße nur in größeren Abständen hinauf- und hinabgingen, so hatte Stephenson hier viele längere Ruhepausen. Er benutzte sie, um den Arbeitern die Schuhe auszuflicken und fertigte fleißig auch mancherlei Näharbeit an. Das Geld, das er auf diese Weise verdiente, setzte ihn in den Stand, eine Abendschule zu besuchen, wo er sich nun notdürftig die ersten Kenntnisse im Lesen und Schreiben verschaffte. Wie stolz war er, als er mit 19 Jahren seinen Namen schreiben konnte. Er kaufte jetzt ein paar Bücher und begann, sich ein wenig Bildung anzueignen.

      Trotz seiner ärmlichen Verhältnisse, und weil er damals wohl glaubte, daß es ihm niemals sehr viel besser gehen würde, ging Stephenson bereits 1802 an die Gründung eines Hausstands. Er heiratete ein Dienstmädchen aus einem benachbarten Bauerndorf, Fanny Henderson mit Namen. Im folgenden Jahr wurde dem Paar ein Sohn geboren, der einer der größten Ingenieure Englands werden sollte. Robert Stephenson hat an dem großen Eisenbahnwerk seines Vaters mitgeschafft, es fortgesetzt und hat neben vielen anderen sehr bedeutenden Leistungen die für die damalige Zeit großartigsten und kühnsten Brückenbauten geschaffen.

      Der Vater tat alles, um seinen Sohn Robert vor den Kümmernissen zu bewahren, die er selbst infolge seiner mangelnden Schulbildung hatte durchmachen müssen. Schon nach zweijähriger Ehe starb ihm die Gattin, und er zog nun nach Killingworth, wo er als einfacher Maschinenwärter Dienste nahm. Aber hier sollte endlich ein wenig Helligkeit in sein trübes Dasein kommen.

      Auf der Grube war eine sehr große Pumpmaschine aufgestellt worden, die aber, als sie fertig war, die in sie gesetzten Erwartungen nicht erfüllte. Es war unmöglich, sie in regelmäßigen Gang zu bringen. Zahlreiche Ingenieure hatten sich vergeblich darum bemüht. Da erbot der einfache Maschinenwärter Stephenson sich dazu, die Pumpe herzurichten. Man vertraute ihm das Werk an, weil man der Meinung war, daß an der Maschine doch nichts mehr zu verderben sei. Aber siehe da, schon nach vier Tagen lief die Pumpe wirklich, und da sie dauernd in Betrieb blieb, war den Grubenbesitzern eine große, bereits verloren gegebene Summe erhalten geblieben. Kein Wunder, daß sie den Retter in der Not reich belohnten und ihn zum Maschinenmeister aufsteigen ließen.

      Stephenson erhielt nun häufig Aufträge zur Instandsetzung von Pumpwerken, und so war er bald in der Lage, seinen Sohn Robert fortab auf eine höhere Schule zu schicken. Rasch hatte dieser den Bezirk erreicht, bis zu dem das Wissen seines Vaters reichte. Es ist rührend, sich vorzustellen, wie nun Vater und Sohn allabendlich zusammensaßen, um gemeinschaftlich zu lernen und in gleicher Weise sich fortzubilden. Robert hat später die Universität in Edinburgh besucht, während der Vater immer sein eigener Lehrer geblieben ist.

      Jene Rettungsarbeit an der widerspenstigen Pumpe ist als ein Wendepunkt im Leben des späteren großen Eisenbahnbauers zu bezeichnen. Der Vorgang ist zugleich ein treffender Beweis für die innere Unwahrheit der so häufig aufgestellten Behauptung, daß der Mensch, um etwas zu leisten, nicht nur Begabung, sondern auch Glück nötig habe. Dem ist nicht so. Das Glück hilft nicht der genialen Begabung, sondern diese zwingt das Glück herbei. Gewiß war es ein „Zufall“, daß die Ingenieure in Killingworth die große Pumpe nicht in Ordnung zu bringen vermochten. Aber wer vermöchte im Ernst zu bezweifeln, daß die reichen in Stephenson schlummernden Kräfte ihm auch bei vielen anderen Gelegenheiten die Möglichkeit gegeben hätten, sein Können zu offenbaren. Ein anderer jedoch als ein so Hochbegabter hätte jenen „Zufall“ nicht zu nutzen vermocht, für ihn wäre er gar kein Glücksfall gewesen, weil er nicht verstanden hätte, das rasch vorüberrollende Glück am Rockzipfel zu fassen. Es gilt nun einmal für alle solche Fälle das tiefe Wort des Mephistopheles:

      Wie sich Verdienst und Glück verketten,

      Das fällt den Toren niemals ein;

      Wenn sie den Stein der Weisen hätten,

      Der Weise mangelte dem Stein.

      Bei der Grube von Killingworth stieg Stephenson bald zur Stellung eines Ingenieurs auf. Seiner ganzen Veranlagung nach begnügte er sich, sobald er auf die Verhältnisse Einfluß zu nehmen vermochte, nicht mit dem Vorhandenen. Er sah, daß es notwendig sei, die Verkehrsverhältnisse in dem Grubenbezirk zu verbessern. Hierfür schien ihm das beste Mittel, die Pferde, welche die Kohlenzüge mühsam schleppten, durch Lokomotiven zu ersetzen. Nun lagen damals die Zeitverhältnisse noch nicht so, daß man irgendwo Lokomotiven bestellen konnte. Überall wurden erst Versuche gemacht, und niemand genoß ein so großes Vertrauen, daß man ihm ein solches Erzeugnis gern in Auftrag gegeben hätte. So war Stephenson gezwungen, für die Kohlenförderung auf der Grube von Killingworth selbst eine Lokomotive herzustellen, die erste, die er geschaffen.

      Der künftige Vater des Eisenbahnwesens war 33 Jahre alt, als er jetzt zum erstenmal mit dem Gegenstand in Berührung kam, dem seine Lebensarbeit gehören sollte.

      Eine eigenartige Schwierigkeit, die nicht technischer Natur war, stellte sich ihm bei diesem Vorhaben entgegen. Die eigentlichen Schlosser und Mechaniker weigerten sich, nach seiner Anordnung zu arbeiten. Sie wollten nicht unter dem früheren Kuhhirten und Schuhflicker stehen. So mußte er die Maschine durch Huf- und Grobschmiede zusammenbauen lassen, und es ist deshalb um so erstaunlicher, daß ihm überhaupt ein Dampfwagen gelang, der zu fahren vermochte. Das hierzu nötige Geld gab ihm Lord Ravensworth, der Hauptbesitzer der Grube.

      Zu gleicher Zeit mit Hedley kehrte Stephenson in weiser Erkenntnis der Tatsachen zur glatten Schiene zurück, die nun zum Glück für die Entwicklung des Eisenbahnwesens nicht mehr verlassen wurde. Am 25. Juli 1814 machte die Lokomotive „Mylord“ ihre erste Fahrt. Sie wurde im folgenden Jahr von den Arbeitern, die damals von dem eben über die Franzosen bei Waterloo errungenen Sieg sehr begeistert waren, in „Blücher“ umgetauft.

      Dieser „Mylord“ oder „Blücher“ war kein Meisterwerk. An dem recht minderwertig gearbeiteten Kessel waren sämtliche Ausrüstungsteile befestigt. Nirgends war eine Federung angebracht, so daß durch die heftigen Stöße beim Fahren leicht Brüche eintraten. Im Kessel wurden die heißen Feuergase sehr schlecht ausgenutzt, da nur ein einfaches Flammrohr vorhanden war, das von der Feuerung am Hinterende zum vorn angebrachten Schornstein hindurchging. Dies bedeutete einen Rückschritt, da schon vorher von vielen anderen Lokomotivbauern das rückkehrende Flammrohr angewendet worden war.

      Die Maschine machte beim Fahren ein furchtbares Geräusch, so daß alle schreckerfüllt davonliefen, wenn das Ungeheuer herankam. Es stellte sich auch heraus, daß die Schnelligkeit der Lokomotive vor dem Kohlenzug nicht größer war als die von Pferden und daß sie auch keine Verringerung der Kosten brachte. Dabei erschien sie durch die angewendete Kesselspannung, die für die damalige Zeit hoch erschien, weit gefährlicher, denn Pferde können ja bekanntlich nicht zerbersten.

      Stephenson erkannte, daß die schlechte Wirkung der Lokomotive in der Hauptsache dadurch entstand, daß die Heizfläche zu klein war, also nicht genügend Dampf erzeugt werden konnte. Um das Feuer lebhafter anzufachen, griff er nun eine Erfindung auf, die Trevithick bereits gemacht hatte. Er baute in seine Lokomotive ein Blasrohr ein. Der Lebensschilderer unseres Erfinders, Smiles, behauptet, daß hier die erste Anwendung des Blasrohrs unter voller Erkenntnis seiner Wirksamkeit vorläge. Trevithick habe sich noch zwei Jahre später eine besondere, außerhalb der Maschine liegende Vorrichtung patentieren lassen, um das Feuer seiner Lokomotive anzublasen. Wenn dies richtig ist, käme Stephenson also auch das Verdienst zu, das Blasrohr in den Lokomotivbau endgültig eingeführt zu haben. Wahrscheinlich gebührt die Ehre, diese Erfindung unter voller Erkenntnis ihrer Wirkung gemacht zu haben, aber doch Trevithick.

      Die Wirkung des zugefügten Bauteils war sogleich sehr bedeutend. Dadurch, daß der mit großer Heftigkeit aus den Zylindern strömende Abdampf durch den engen Schornstein strich, riß er so viel Frischluft durch die Kesselfeuerung, daß diese sehr viel lebhafter brannte als vorher. Die Dampferzeugung war viel stärker, und die

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