Die Welt auf Schienen. Fürst Artur

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Die Welt auf Schienen - Fürst Artur

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auch, seine Maschine auf der Straße zu erproben. Hierbei ereignete sich ein heiterer Zwischenfall. Nachdem die Spirituslampe unter dem kleinen Kessel entzündet war, setzte sich der Wagen in Bewegung und lief so schnell davon, daß der Erfinder ihn nicht mehr einholen konnte. Plötzlich drangen laute Hilferufe an sein Ohr. Als Murdock hinzueilte, sah er den Ortsgeistlichen vor Schrecken gelähmt am Wegrand stehen. Er hatte das feurige, zischende Ungeheuer von nie gesehener Art, das ihm auf seinem Weg nach der Stadt entgegengekommen war, für den leibhaftigen Teufel gehalten und war vor Entsetzen fast gestorben.

      Murdocks Tüchtigkeit und Tatkraft hätten ihn gewiß dazu befähigt, den Bau des Dampfwagens bedeutend zu fördern. Aber gerade als er an die Ausführung eines größeren Fahrzeugs gehen wollte, teilte man ihm aus der Fabrik zu Soho, gestützt auf die Patentrechte, mit, daß man dort eine solche Beschäftigung des für andere Zwecke angestellten Beamten nicht gern sähe. Murdock gehorchte sofort und nahm von weiteren Versuchen Abstand.

      Doch das Samenkorn, das er ausgestreut hatte, war nicht auf steinigen Boden gefallen. Denn in Cornwall lebte einer, der gleichfalls Murdocks Versuche mit angesehen hatte, aber mit ganz anderen Augen als der Geistliche von Redruth.

      Um die Art des Manns verstehen zu können, der Murdocks Pläne mit so bedeutendem Erfolg fortgesetzt hat, muß man sein Geburtsland und den Volksstamm näher kennen, dem er entstammte.

      „Cornwall ist“, so schreibt Max von Weber in seinem Buch „Aus der Welt der Arbeit“, „ein ernstes, in den Ozean hinausragendes Land, von einer rauhen Gebirgskette durchsetzt, über deren kantige Gipfel und schroffe Täler das Meer, von drei Himmelsgegenden her, unablässig seine Winde und Regenwolken jagt, dessen Ebenen nur spärlich das Gold der Ährenfelder und das Silber der Blütenbäume zeigen.

      „Aber seit mehreren Jahrtausenden holt ein Geschlecht von keltischen Bewohnern, das seit den Tagen Cäsars nur wenig seine Physiognomie geändert hat, aus diesem unwirtlichen Gebirge unermeßliche Schätze der, nächst dem Eisen, nützlichsten Metalle, Zinn und Kupfer, deren Fülle seinerzeit hinreichte, Richard von Cornwall den römischen Kaisertitel zu erhandeln und der ganzen Inselgruppe Großbritanniens den Namen der Zinninseln gewann.

      „Der Kampf mit den Gewalten des Meeres an den langen, schroffen Ufern der Halbinsel, die schwere, gefahrvolle Arbeit in den Metallgruben, der Verkehr in rauhem Gebirg und Land erziehen in den Männern Cornwalls ein knorriges, festes Geschlecht von innerlicher, starker Arbeit, von unablässigem, energischen Angriff wohlüberlegten Vorhabens, von eisernem Willen und kräftiger Faust.

      „Aber diesen realen, erzenen Naturen ist in sonderbarer Mischung ein phantastisches Element beigesellt.

      „Uralte druidische Traditionen, lebendig erhalten durch die wunderlich riesigen Steingebilde zahlreicher Stonehenges und Dolmen, verbunden mit der Einwirkung des gespenstischen Wirkens in der gestaltenreichen Welt der Seenebel und Sturmwolken, des Gnomenmärchengetriebes in der unheimlichen Tiefe der Erzgruben, gesellten der derben Natur des ‚Cornishman‘ ein vages Wähnen und dunklen Impulsen Nachgeben, das sein ernstes und tüchtiges Wirken oft in folgeloser Weise von abenteuernden Ideen und Handlungen kreuzen ließ.“

      Aus diesem Volk ging Richard Trevithick hervor, den man mit Weber den Ahnen der Lokomotiverfindung nennen muß, wenn man Georg Stephenson als deren Vater bezeichnet. Trevithick hat alle Höhen und alle Tiefen des Menschenlebens durchgemacht. Er pflegte lange Zeit mit größter Hartnäckigkeit bei der Durchführung eines einmal gefaßten Gedankens zu beharren, um ihn dann plötzlich, fast grundlos, wieder fahren zu lassen. Er war ein echter „Cornishman“.

      Dieser ausgezeichnete, aber heute selbst in technischen Kreisen wenig bekannte Mann wurde am 13. April 1771 in einem Dorf des Kirchspiels Illogan inmitten des Bergwerkbezirks von Cornwall geboren. Sein Vater war Zahlmeister bei einer Zinn- und Kupfermine.

      Wie viele Männer, die später Bedeutendes geleistet haben, hatte der junge Trevithick in der Schule keine großen Erfolge aufzuweisen. Der Lehrer in dem benachbarten Camborne bestätigte ihm, daß er ein ungehorsamer, schmutziger und unaufmerksamer Bube sei. Doch seine Fähigkeit im Rechnen blieb schon damals nicht unbemerkt.

      Lieber als in die Schule ging der Knabe hinauf zu dem Hügel von Castle Carn Brea, wo zwei riesige Dampfpumpen von Watt & Boulton aufgestellt waren. Die hin und her schwingenden mächtigen Balanziers, die sausenden Schwungräder übten auf ihn eine unwiderstehliche Anziehungskraft aus. Er trieb schon seine ersten Jugendspiele im Schatten der Maschinen, deren Poltern und Zischen ihn sein ganzes Leben hindurch begleiten sollten.

      Der alte Murdock faßte rasch eine Zuneigung zu dem Knaben und zeigte ihm seine niedlichen Dampfwagenmodelle. Als Trevithick neunzehn Jahre alt war, trat er als Lehrling Murdock zur Seite. Dieser hatte ein solches Vertrauen zu dem jungen Mann, daß er ihm bald das schwierige Geschäft der Aufstellung großer neuer Maschinen übertrug. Trevithick lohnte dieses Vertrauen glänzend, indem die von ihm hergerichteten Maschinen bald am allerbesten in ganz Cornwall liefen.

      Im Jahre 1791 war Trevithick bereits Ingenieur der Dingdong-Gruben. Er hatte die Wichtigkeit des hochgepreßten Dampfs erkannt und baute bald selbständig Pumpen, deren Dampfkessel weit höhere Spannungen aufwiesen, als Watt sie jemals zu verwenden gewagt hatte. Das war wichtig für den künftigen Bau von fahrenden Dampfmaschinen; denn diese, deren Kessel klein sein müssen, hätten mit Niederdruck niemals genügend Energie hergeben können.

      Als die Hochdruckpumpen sich bewährt hatten, dachte Trevithick bald daran, die Versuche Murdocks fortzusetzen. Auch er stellte zunächst ein kleines Wagen-Modell her, dessen Kesselwasser durch Einlegen von glühenden Bolzen, also durch eine Art rauchloser Feuerung, zum Sieden gebracht wurde. Mit großer Freude sah er, wie sein Maschinchen Spazierfahrten im Zimmer machte. Aber unabhängiger als Murdock und wohl auch mit mehr Phantasie begabt als dieser bloße Gehilfe eines Größeren, beschloß er sofort, einen Versuch im großen mit dem neuen Gefährt zu versuchen.

      Es schien ihm seltsamerweise jedoch zweifelhaft, ob die Reibung von glatten Rädern auf der Straße stark genug sein würde, um einen Dampfwagen auch Steigungen überwinden zu lassen. Als gescheiter Mann stellte er einen Versuch an Ort und Stelle an. Er lieh sich eine Postchaise, spannte vor einem Hügel die Pferde aus und drehte zusammen mit seinem Freund Gilbert die Räder, indem beide in die Speichen griffen. Der Wagen rollte vorwärts, und damit war die genügende Stärke der Anhaftung erwiesen.

      Nun ging es sogleich an die Erbauung der ersten Dampfkutsche. Da es eigentliche Maschinenbauanstalten damals noch nicht gab, entstand sie mühselig in einer Schmiede. Lustig fuhr der Erfinder am Tag vor Weihnachten des Jahres 1801 mit dem neuen Gefährt durch die Straßen von Camborne und lud jeden Vorübergehenden ein, mitzufahren. Bald saßen zehn bis zwölf Personen in dem fauchenden Wagen und fuhren mit diesem hügelan. Einem vermögenden Vetter Richard Trevithicks, Andreas Vivian, gefielen die Versuche so gut, daß er sich mit Trevithick verband. Der Abschluß des Teilnehmervertrags fand gleich beim Christmahl statt. Beide Männer beantragten und erhielten nun ein Patent auf den Bau von Hochdruckdampfmaschinen und deren Anwendung für Wagen. Doch rasch machte ein unglücklicher Zufall, der so oft im Leben Trevithicks eine Rolle gespielt hat, dem Dasein der ersten Dampfkutsche ein Ende. Sie verbrannte eines Tags, als der Erfinder gerade beim Mittagsmahl saß.

      Rasch entstand nach dem ersten ein zweiter Dampfwagen, den unser darstellt. Er wurde glücklich auf den eigenen Rädern bis nach London gesteuert und erregte, als er durch die Straßen der Hauptstadt fuhr, ungeheures Aufsehen.

      Der Kessel mit dem wagerecht hineingebauten Zylinder lag zwischen zwei Rädern, die fast 212 Meter hoch waren und sich infolge ihrer Größe zum Fahren auf den schlechten Straßen besonders gut eigneten. Die Achse der hinteren Treibräder wurde von der Kolbenstange durch eine Kurbel und zwei Zahnräder angetrieben. Der Wagen konnte zehn Personen fassen und soll zuzeiten eine Geschwindigkeit von sechzehn Kilometern in der Stunde erreicht haben.

      Sehr

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