Die Schatzinsel. Роберт Стивенсон
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„Gut,“ meinte er, „dann kannst du das Becken halten!“ Und damit zog er seine Lanzette heraus und öffnete eine Ader.
Eine ziemliche Menge Blut wurde dem Kapitän entzogen, ehe er seine Augen öffnete und verwirrt umherschaute. Zuerst erkannte er mit deutlichem Mißfallen den Doktor. Dann fiel sein Blick auf mich und er schien beruhigter, aber plötzlich wechselte er die Farbe, versuchte sich zu erheben und rief:
„Wo ist der schwarze Hund?“
„Hier ist kein schwarzer Hund,“ sagte der Doktor, „es sei denn, Ihr meint Euch selber. Ihr habt Rum getrunken und dann einen Schlaganfall gehabt, genau wie ich es Euch vorhergesagt habe. Und eben jetzt habe ich, mehr gegen meinen Willen, Euch Kopf voran aus dem Grabe gezogen. Nun, Herr Bones – “
„So heiße ich nicht“, unterbrach er.
„Das kümmert mich wenig,“ erwiderte der Doktor, „ein Seeräuber meiner Bekanntschaft heißt so, ich gebe Euch der Einfachheit halber seinen Namen und sage Euch folgendes: Ein Glas Rum wird Euch nicht umbringen, aber wenn Ihr immer wieder noch eines und noch eines trinkt, so gebe ich Euch meine Perücke zum Pfande, daß Ihr bald hin seid. Hin, versteht Ihr wohl? Und jetzt, auf! Ich will Euch für heute ins Bett helfen.“
Endlich gelang es uns mit vereinten Kräften ihn die Treppe hinauf zu bringen und wir legten ihn auf sein Bett. Sein Kopf fiel kraftlos in die Kissen und er war einer Ohnmacht nahe.
„Nun merkt es Euch,“ sagte der Doktor, „ich sage es Euch aus Gewissenhaftigkeit – Rum ist der sichere Tod für Euch!“
Und damit nahm er mich am Arm und wir gingen zu meinem Vater.
„Das ist gar nichts“, sagte er, als ich die Tür hinter uns geschlossen hatte. „Ich habe ihm hübsch viel Blut abgezapft und er wird schon eine Weile Ruhe halten. Er sollte eine Woche so ruhig liegen bleiben, das wäre das beste für Euch und auch für ihn – aber noch so ein Schlaganfall und es ist aus!“
Drittes Kapitel
Um die Mittagszeit ging ich mit kühlenden Getränken und Medizin zum Kapitän hinauf. Er lag ungefähr so, wie ich ihn verlassen hatte, nur etwas höher und war matt und dabei erregt.
„Jim,“ sagte er, „du bist der einzige hier, der was wert ist, und du weißt, ich hab dich immer gut behandelt. Jeden Monat hast du dein silbernes Vierpennystück bekommen. Und jetzt, siehst du, mein Freund, geht’s mir gar nicht gut, und alle haben mich verlassen, Jim! Willst du mir ein Gläschen Rum bringen? Nicht wahr ja, Freundchen?“
„Der Doktor – “ begann ich.
Da fing er mit schwacher Stimme an, aber doch tüchtig, auf den Doktor zu fluchen. „Die Doktors sind alle Waschlappen,“ sagte er, „und was versteht dieser Doktor da von Seeleuten? Ich bin in Orten gewesen, wo es so heiß war wie Pech und rund um mich fielen die Kameraden am gelben Fieber um und der verfluchte Boden schwankte wie das Meer vor Erdbeben – , was weiß der Doktor von solchen Ländern? Und dort lebte ich nur von Rum, sag ich dir! Der war Speise und Trank und Mann und Weib für mich. Und wenn ich jetzt keinen kriegen kann, wo ich armes, altes Wrack am Strande liege, dann soll mein Blut über dich kommen, Jim, über dich und diesen Waschlappen von Doktor!“ – und er fluchte noch eine Weile weiter. „Schau her, Jim, wie meine Finger zittern“, fuhr er in bittendem Tone fort. „Ich kann und kann sie nicht ruhig halten. Diesen ganzen verfluchten Tag lang habe ich keinen Tropfen gekriegt. Dieser Doktor ist ein Narr, sag ich dir. Wenn ich nicht ein bißchen Rum kriege, kommen die Gespenster; ich hab’ schon welche gesehen. Ich habe den alten Flint in der Ecke dort hinter dir gesehen, ganz deutlich, wie gemalt habe ich ihn gesehen, und wenn ich das Gespenstische kriege (und ich hab’ immer ein rauhes Leben geführt), dann gibts einen Mordskrawall. Dein Doktor selbst hat gesagt, ein Glas schadet mir nichts, ich geb dir ein Goldstück, Jim, für ein Gläschen!“
Er regte sich immer mehr und mehr auf und das erschreckte mich meines Vaters wegen, dem es an diesem Tage gar nicht gut ging und der Ruhe benötigte. Und dann beruhigten mich die Worte des Doktors, an die er mich erinnert hatte, und sein Anerbieten mich zu bestechen beleidigte mich.
„Ich brauche kein Geld von Euch außer dem, das Ihr meinem Vater schuldet“, sagte ich. „Ich will Euch ein Glas holen, aber mehr nicht.“
Als ich es ihm brachte, ergriff er es gierig und leerte es auf einen Zug.
„Ach ja,“ sagte er, „das tut gut; und jetzt noch eins, Freundchen: wielange, hat der Doktor gesagt, muß ich hier in dieser alten Koje liegen bleiben?“
„Wenigstens eine Woche“, sagte ich.
„Teufel!“ schrie er. „Eine Woche! Das geht nicht, bis dahin sind sie mit dem schwarzen Fleck da, die Tölpel, die jetzt grad probieren, mir den Wind abzufangen. Solche Tölpel, die das Ihrige nicht zusammenhalten konnten und jetzt holen möchten, was anderen gehört. Ist das ordentliche Seemannsmanier, das möcht ich wissen? Ich freilich bin ein sparsamer Mensch, ich habe nie mein gutes Geld vertan oder verloren, und die werde ich schon noch übers Ohr hauen! Ich fürcht’ mich nicht vor ihnen. Ich werde ein anderes Segel aufziehen, da werde ich sie schon wieder drankriegen.“
Dabei war er schwerfällig aufgestanden und hielt sich an meiner Schulter aufrecht mit so festem Griff, daß ich fast aufgeschrien hätte und seine Füße bewegten sich unbehilflich wie eine tote Masse. So mutig seine Reden dem Sinne nach waren, in solch traurigem Gegensatz dazu stand die Schwäche der Stimme. Er hielt inne und setzte sich auf den Rand des Bettes.
„Dieser Doktor hat mich umgeschmissen“, murmelte er. „In meinen Ohren saust es. Leg mich wieder hin.“
Doch ehe ich ihm helfen konnte, war er wieder in die Kissen zurückgefallen und lag eine Weile still da.
„Jim!“ sagte er schließlich, „du hast den Seemann heute gesehen?“
„Den schwarzen Hund?“ fragte ich.
„Oh, der schwarze Hund,“ sagte er, „das ist wohl ein schlechter Kerl, aber die, die ihn geschickt haben, sind noch ärger. Und jetzt, wenn ich nicht fort kann, werden sie mir den schwarzen Fleck anhängen und weißt du, warum? Hinter meinem alten Kajütenkoffer dort sind sie her! Hör zu! Du setzt dich auf ein Pferd – nicht wahr, du kannst reiten? – und reitest ja, zum Kuckuck! du reitest zu diesem Waschlappen von Doktor hin und sagst ihm, er soll alle seine Beamten zusammentrommeln und soll sie hier in den ‚Admiral Benbow‘ führen und alle niederpfeffern, die ganze Mannschaft des alten Flint, alle, die noch übrig sind. Ich war erster Maat, der erste Maat des alten Flint, und ich bin der einzige, der die Karte hat. Er gab sie mir in Savannah als er todkrank dalag, wie ich jetzt, siehst du. Aber du wirst nichts verraten, nur wenn sie mir den schwarzen Fleck geben oder wenn du den schwarzen Hund wiedersiehst oder einen Seemann, dem ein Bein fehlt, ja, Jim, dann vor allem.“
„Was ist denn das, der schwarze Fleck, Kapitän?“ fragte ich.
„Das ist eine Vorladung, Kamerad, ich werde es dir schon sagen, wenn es so weit ist. Du halte schön die Augen auf, Jim, dann werde ich, bei meiner Ehre, zu gleichen Teilen mit dir teilen.“
Er faselte noch eine Weile weiter, doch seine Stimme wurde schwächer und schwächer und als ich ihm seine Medizin eingeflößt hatte, die er gehorsam wie ein Kind einnahm, meinte er: „Wenn je ein Seemann Medizinen gebraucht hat, so brauch ich sie jetzt“, fiel schließlich in einen schweren, ohnmachtähnlichen Schlaf, und ich verließ ihn. Was ich hätte tun müssen, um alles zu einem guten Ausgang zu führen, weiß ich nicht. Wahrscheinlich hätte ich die ganze Geschichte