Der Richter und sein Henker. Grieche sucht Griechin / Судья и его палач. Грек ищет гречанку. Книга для чтения на немецком языке. Фридрих Дюрренматт

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Der Richter und sein Henker. Grieche sucht Griechin / Судья и его палач. Грек ищет гречанку. Книга для чтения на немецком языке - Фридрих Дюрренматт Moderne Prosa

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groß sein. Das ist natürlich nur eine Vermutung, Kommissär Bärlach, aber Vermutungen sind nun einmal in unserem Berufe da, um ihnen nachzugehen.“

      Die Untersuchung über Schmieds Aufenthalt auf dem Tessenberg durch die Polizei von Biel, Neuenstadt, Twann und Lamboing habe nichts zutage gebracht, warf der Kommissär ziemlich skeptisch in die überlegungen seines Untergebenen ein.

      Schmied sei eben einem Mörder zum Opfer gefallen[69], der geschickter als die Polizei von Biel und Neuenstadt sein müsse, entgegnete Tschanz.

      Bärlach brummte, wie er das wissen wolle?

      „Ich verdächtige niemanden“, sagte Tschanz. „Aber ich habe Respekt vor dem, der den Schmied getötet hat; insofern hier Respekt am Platz ist.“

      Bärlach hörte unbeweglich zu, die Schultern etwas hochgezogen: „Und Sie wollen diesen Mann fangen, Tschanz, vor dem Sie Respekt haben?“

      „Ich hoffe, Kommissär.“

      Sie schwiegen wieder und warteten; da leuchtete der Wald von Twann her auf. Ein Scheinwerfer tauchte sie in grelles Licht. Eine Limousine fuhr an ihnen Richtung Lamboing vorbei und verschwand in der Nacht.

      Tschanz setzte den Motor in Gang.[70] Zwei weitere Automobile kamen daher, große, dunkle Wagen voller Menschen. Tschanz fuhr ihnen nach.

      Der Wald hörte auf. Sie kamen an einem Restaurant vorbei, dessen Schild im Lichte einer offenen Türe stand, an Bauernhäusern, während vor ihnen das Schlußlicht des letzten Wagens leuchtete.

      Sie erreichten die weite Ebene des Tessenbergs. Der Himmel war reingefegt, riesig brannten die sinkende Wega, die aufsteigende Capella, Aldebaran[71] und die Feuerflamme des Jupiter am Himmel.

      Die Straße wandte sich nach Norden, und vor ihnen zeichneten sich die dunklen Linien des Spitzbergs und des Chasserals ab, zu deren Füßen einige Lichter flackerten, die Dörfer Lamboing, Diesse und Nods.

      Da bogen die Wagen vor ihnen nach links in einen Feldweg ein, und Tschanz hielt. Er drehte die Scheibe nieder, um sich hinausbeugen zu können. Im Felde draußen erkannten sie undeutlich ein Haus, von Pappeln umrahmt, dessen Eingang erleuchtet war und vor dem die Wagen hielten. Die Stimmen drangen herüber, dann ergoß sich alles ins Haus, und es wurde still. Das Licht über dem Eingang erlosch. „Sie erwarten niemand mehr“, sagte Tschanz.

      Bärlach stieg aus und atmete die kalte Nachtluft. Es tat ihm wohl[72] und er schaute zu, wie Tschanz den Wagen über die rechte Straßenseite hinaus halb in die Matte steuerte, denn der Weg nach Lamboing war schmal. Nun stieg auch Tschanz aus und kam zum Kommissär. Sie schritten über den Feldweg auf das Haus im Felde zu. Der Boden war lehmig und Pfützen hatten sich angesammelt, es hatte auch hier geregnet.

      Dann kamen sie an eine niedere Mauer, doch war das Tor geschlossen, das sie unterbrach. Seine rostigen Eisenstangen überragten die Mauer, über die sie zum Hause blickten.

      Der Garten war kahl, und zwischen den Pappeln lagen wie große Tiere die Limousinen; Lichter waren keine zu erblicken. Alles machte einen öden Eindruck.[73]

      In der Dunkelheit erkannten sie mühsam, dass in der Mitte der Gittertüre ein Schild befestigt war. An einer Stelle mußte sich die Tafel gelöst haben; sie hing schräg. Tschanz ließ die Taschenlampe aufleuchten, die er vom Wagen mitgenommen hatte: auf dem Schild war ein großes G abgebildet.

      Sie standen wiederum im Dunkeln. „Sehen Sie“, sagte Tschanz, „meine Vermutung war richtig. Ich habe ins Blaue geschossen und ins Schwarze getroffen.[74]“ Und dann bat er zufrieden:

      „Geben Sie mir jetzt eine Zigarre, Kommissär, ich habe eine verdient.“

      Bärlach bot ihm eine an. „Nun müssen wir noch wissen, was G heißt.“

      „Das ist kein Problem: Gastmann.“

      „Wieso?“

      „Ich habe im Telephonbuch nachgeschaut. Es gibt nur zwei G in Lamboing.“

      Bärlach lachte verblüfft, aber dann sagte er: „Kann es nicht auch das andere G sein?“

      „Nein, das ist die Gendarmerie[75]. Oder glauben Sie, dass ein Gendarm etwas mit dem Mord zu tun habe?“

      „Es ist alles möglich, Tschanz“, antwortete der Alte.

      Und Tschanz zündete ein Streichholz an, hatte jedoch Mühe, im starken Wind, der jetzt die Pappeln voller Wut schüttelte, seine Zigarre in Brand zu stecken.

      Sechstes Kapitel

      Er begreife nicht, wunderte sich Bärlach, warum die Polizei von Lamboing, Diesse und Lignieres nicht auf diesen Gastmann gekommen sei, sein Haus läge doch im offenen Feld, von Lamboing aus leicht zu überblicken, und eine Gesellschaft sei hier in keiner Weise zu verheimlichen[76], ja geradezu auffallend[77], besonders in einem so kleinen Jura-Nest. Tschanz antwortete, dass er dafür auch noch keine Erklärung wisse.

      Darauf beschlossen sie, um das Haus herum zu gehen. Sie trennten sich; jeder nahm eine andere Seite.

      Tschanz verschwand in der Nacht und Bärlach war allein. Er ging nach rechts. Er schlug den Mantelkragen hoch, denn er fror. Er fühlte wieder den schweren Druck auf dem Magen, die heftigen Stiche, und auf seiner Stirne lag kalter Schweiß. Er ging der Mauer entlang[78] und bog dann wie sie nach rechts. Das Haus lag noch immer in völliger Finsternis da.

      Er blieb von neuem stehen und lehnte sich gegen die Mauer. Er sah am Waldrand die Lichter von Lamboing, worauf er weiterschritt. Aufs neue änderte die Mauer ihre Richtung, nun nach Westen. Die Hinterwand des Hauses war erleuchtet, aus einer Fensterreihe des ersten Stocks brach helles Licht. Er vernahm die Töne eines Flügels, und wie er näher hinhorchte, stellte er fest, dass jemand Bach spielte.

      Er schritt weiter. Er musste nun nach seiner Berechnung auf Tschanz stoßen, und er sah angestrengt auf das mit Licht überflutete Feld, bemerkte jedoch zu spät, dass wenige Schritte vor ihm ein Tier stand.

      Bärlach war ein guter Tierkenner[79]; aber ein so riesenhaftes Wesen hatte er noch nie gesehen. Obgleich er keine Einzelheiten unterschied, sondern nur die Silhouette erkannte, die sich von der helleren Fläche des Bodens abhob, schien die Bestie von einer so grauenerregenden Art, dass Bärlach sich nicht rührte. Er sah, wie das Tier langsam, scheinbar zufällig, den Kopf wandte und ihn anstarrte. Die runden Augen blickten wie zwei helle, aber leere Flächen.

      Das Unvermutete der Begegnung, die Mächtigkeit des Tieres und das Seltsame der Erscheinung lahmten ihn. Zwar verließ ihn die Kühle seiner Vernunft nicht, aber er hatte die Notwendigkeit des Handelns vergessen. Er sah nach dem Tier, unerschrocken, aber gebannt. So hatte ihn das Böse immer wieder in seinen Bann gezogen[80], das große Rätsel, das zu lösen ihn immer wieder aufs neue verlockte.

      Und wie nun der Hund plötzlich ansprang, ein riesenhafter Schatten, der sich auf ihn stürzte

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<p>69</p>

Schmied sei eben einem Mörder zum Opfer gefallen – Шмид стал жертвой убийцы

<p>70</p>

Tschanz setzte den Motor in Gang. – Чанз завел мотор.

<p>71</p>

Wega, Capella, Aldebaran – звезды в различных созвездиях

<p>72</p>

Es tat ihm wohl – Ему стало лучше

<p>73</p>

Alles machte einen öden Eindruck. – Все производило безрадостное впечатление.

<p>74</p>

Ich habe ins Blaue geschossen und ins Schwarze getroffen. – Я выстрелил наобум и попал в точку.

<p>75</p>

die Gendarmerie – жандармерия

<p>76</p>

und eine Gesellschaft sei hier in keiner Weise zu verheimlichen – и никакое общество никоем образом не может здесь укрыться

<p>77</p>

auffallend – бросаться в глаза

<p>78</p>

Er ging der Mauer entlang – Он шел вдоль стены

<p>79</p>

Tierkenner – знаток животных

<p>80</p>

So hatte ihn das Böse immer wieder in seinen Bann gezogen – Злость захватывала его все больше и больше