Gabriele. Александр Дюма
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Gabriele - Александр Дюма страница 11
Sie war dreißig Jahre alt.
In dem Alter von dreißig Jahren hat alle Klugheit und Einsicht, die der Himmel einer Frau gegeben hat, den höchsten Grad ihrer Stärke und ihres Umfanges erreicht; dieses Alter ist das der höchsten physischen und moralischen Kraft; es ist der Punkt der vollendeten Entwickelung aller bis dahin im Wachsen und der Ausbildung begriffenen Fähigkeiten, und ist auch das Alter, wo die Schönheit die höchste Gewalt hat und den mächtigsten Reiz ausübt. Wie kommt es denn, daß man auf den umwölkten Stirnen so vieler Frauen dieses Alters einen Ausdruck von Schwäche, ja selbst von bitterem Schmerz sieht? Warum zeigen ihre abgemagerten Züge, ihre schon verblühten Wangen, die Spuren tausend heftiger innerer Bewegungen? Warum scheinen ihre, gebrechlichen Körper Leidende Seelen zu umschließen? Hat eine Frau in dem Alter schon die Freuden und Gefahren der Welt, die Wonnen und Schmerzen des Herzens, die Vorzüge und die Nachtheile der Schönheit kennen gelernt? Weiß sie schon, was die Gesellschaft Ehrenvolles und Nichtswürdiges bietet, was sie für Opfer verlangt und welches ihre Entschädigungen sind? Und diese verschiedenen Bilder verdrängen und verlöschen in der Seele die einfachen, reinen und trostreichen Eindrücke, die der Himmel der Jugend zur Stütze ihrer Schwäche gewährt! Die Fesseln der Moral und der Religion sind in den Stürmen der Leidenschaften zerbrochen! Die Leidenschaften sind zuletzt auch entflohen und alle süßen Täuschungen mit ihnen, und haben nichts zurückgelassen, als den Ueberdruß an der Vergangenheit, die Furcht vor der Zukunft, die Überzeugung von der Unbeständigkeit dieses und die Ungewißheit im Betreff des zukünftigen Lebens.
Frau von Savigny schien alle diese traurigen Einflüsse erlitten zu haben, denn ihr melancholisches Wesen zeigte noch den Eindruck derselben. Sie legte also den Weg von der Poststraße bis zu der Universitätsstraße, wo sie wohnte, traurig und sorgenvoll zurück, während die Marquise in dem Wagen des Grafen zurückkehrend, zufrieden genug mit der Tochter war, um die Mutter darüber zu vergessen, und während Yves, um durch Bewegung die seinen Geist beunruhigenden tausend widerstreitenden Gedanken zu bannen, zu Fuß nach Hause ging. bewegte sich nicht Alles vor dem Spiegel seiner Seele! Das bleiche Gesicht Elénorens, die heiteren, frischen Farben Gabrielens, das traurige Lächeln der Frau von Savigny! Die Erinnerung an Simon, diesen sonderbaren Mann, der diese Heirath für ihn eingeleitet hatte; die Hoffnungen seiner Großmutter, seine eigenen Pläne – oder vielmehr das Nichtvorhandensein aller eigenen Pläne, das ihn dem Willen Anderer unterwarf! Es waren eine Menge Erinnerungen – Bande, die ihn an die Vergangenheit fesselten, ohne ihm auch nur einen Wunsch, eine Hoffnung, ein Interesse für die Zukunft zu lassen, die die verächtliche Gleichgültigkeit, die seinen Zügen eingeprägt war, hätten verscheuchen können. Er hatte viel gelebt, das heißt, er hatte in wenig Jahren sich mit einer Menge Empfindungen und Verhältnissen umgeben, die sich nur gebildet hatten, um schnell zerstört zu werden; er hatte Wesen in sein Geschick verflochten, um sie bald wieder aus seinem Herzen und Gedächtniß zu verstoßen! Er hatte viel gelebt, weil er in wenigen Jahren eine Menge Freuden genossen hatte, die hingereicht hätten, manchem Anderen seine ganze Lebenszeit zu schmücken; weil er seine Freunde und seine Geliebten gewechselt hatte; weil er Alles versucht, Alles genossen hatte, ohne Vortheil für sich oder Andere daraus zu ziehen; weil er seine Zeit vergeudet hatte, um seine Genüsse zu verderben, seine Wünsche abzunutzen, seine Täuschungen zu zerstören: kurz, es blieb seiner Seele weder eine schone Hoffnung, noch eine wahrhafte Empfindung; er hatte keinen heiligen Glauben, keine kindliche Unbefangenheit mehr. Und das nannte er viel gelebt haben!
Drittes Kapitel
Yves von Mauléon
Um den aus sehr verschiedenen Nuancen zusammengesetzten Charakter des jungen Herzogs Yves von Mauléon beurtheilen zu können, muß der Leser wissen, wie er bisher gelebt hatte.
Ein Tag war wichtig in seinem Leben: der fünfundzwanzigste July 1830.
Es war für ihn ein wirklich sehr schöner Tag.
Um fünf Uhr Morgens war er schon aufgestanden, obgleich er die Nacht wenig geschlafen hatte; die Gedanken, die sich in seinem Geiste drängten, erregten ihn zu sehr, aber alle diese Gedanken waren beglückend, glänzend und heiter.
Yves von Mauléon war eben achtzehn Jahr alt geworden; er kam aus der Militairschule, er war Offizier! An diesem Tage sollte er seine Uniform zum ersten Male anprobiren und dem Kriegsminister seinen Dank abstatten, welcher seinem Oheim, dem General L.G., erlaubt hatte, ihn als General-Adjutant mit sich zu nehmen.
Um die Freude zu empfinden, oder nur zu begreifen, die sich seiner bemächtigt hatte, diese unendliche Freude, die in unaufhaltsamen Worten ausströmte, die auf seinem Gesichte glänzte und an seinen leisesten Bewegungen zu erkennen war, müßte man wissen, welche glühende Sehnsucht nach Freiheit seinen Geist in seiner letzten Schulzeit gequält hatte.
Mehrere Jahre hindurch hatten die Spiele in den Erholungsstunden, die Arbeiten in den Klassen und der Erfolg der Nacheiferung sein Leben befriedigend ausgefüllt; aber seit einem Jahre behielt eine unsägliche Langweile bei den Studien, wie bei den Vergnügungen die Oberhand, und Alles, auch die Gesellschaft und Fröhlichkeit feiner Kameraden war ihm in diesem Schülerleben lästig und unerträglich. Es ist unmöglich zu beurtheilen, was die Gleichförmigkeit dieses geregelten Lebens, diese kleinliche Strenge und besonders die scharfe Abgesondertheit von einer Welt, die im Alter von achtzehn Jahren so schön erscheint, zuweilen für unbeschreibliche Neugierde und Gluth, in den Seelen junger Leute erwecken. Es gibt deren, bei denen der Ueberdruß an dem, was sie umgibt, und die Sehnsucht nach neuen, unbekannten Gegenständen so weit gehen, daß ihre Gesundheit unter dieser verzehrenden Ungeduld leidet, und der junge Herzog von Maulcon gehörte zu denen, die diese ihrer Auflösung so nahe Kette wund rieb.
An dem Tage, wo er frei würde, fühlte er sich einer Last entledigt, die seiner Brust das Athmen, seinem gepreßten Herzen den ungehinderten Schlag, seinen Füßen das Gehen erschwert hatte; er fühlte mit Einem Worte, daß er frei war, daß kein Band, kein Hinderniß künftig seinen Willen hemmen konnte, daß alle Güter der Erde sich seinen Freuden darboten.
Und mit solchen Gefühlen zog er diese Uniform an, die, um Alles zu sagen, ihn vortrefflich kleidete und das billigende Lächeln rechtfertigte, welches jeder Spiegel von ihm erhielt. Den Abend vorher hatte seine Großmutter gesagt: »Yves, Du gleichst Deinem Vater,« und Frau von Savigny war da; und Frau von Savigny, in seinen Augen die schönste aller Frauen, die ihm alle entzückend schienen, hatte etwas verlegen hinzugefügt: »Der Herr Herzog von Mauléon galt, wie ich gehört habe, für den schönsten Mann in Paris.« »Ja,« antwortete die Marquise seufzend, »als er meine Tochter heirathete, gab es Niemand, der ihm die Schönheit der Figur und den Adel der Sitten hätte streitig machen können. Er sah vornehm aus, das heißt, seine ganze Erscheinung zeigte den Rang an, in dem er geboren war.«
Aber als Yves sich am folgenden Tage der Worte und der Verlegenheit der Frau von Savigny erinnerte, zeigte sich eine drohende Miene in seinem fröhlichen Gesichte, und die Freude, die er über dieselbe empfand, glich einer Aufforderung, und dies hatte folgenden Grund: Zwei Jahre zuvor, war er eines Tages, wo er Ferien hatte, bei seiner Großmutter eingetreten, während Frau von Savigny bei ihr war, und an diesem Tage erhob sie nicht einmal den Kopf, als er eintrat; ober, aufgefordert durch die Marquise, welche sagte: »Sehen Sie, Liebe, wie Yves wachst,« maß sie die ganze Person des jungen Mannes mit einem schnellen, aber so gleichgültigen, so sonderbar eisigen Blicke, den ein so verächtliches, boshaftes Lächeln begleitete, daß ihm plötzlich Manches klar wurde, was bis jetzt für ihn in tiefer Dunkelheit gehüllt gewesen war. Sogleich suchte