Gabriele. Александр Дюма
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»Und der König, wo ist er?« rief der junge Officier.
»Er entfernt sich, weil ihm Gefahr droht,« erwiderte Simon.
»Mein Platz ist bei ihm,« sagte Yves ruhig; »also leben Sie wohl; wein Wohlthäter wird mir vielleicht unbekannt bleiben, aber so lange ein Herz in meiner Brust schlägt, wird Ihr Name, Herr Simon, in dasselbe eingegraben sein.«
Herr Simon drückte die ihm dargebotene Hand des jungen Mannes, zögerte ein wenig und sagte dann verlegen: »Sie wollen fort? wer weiß, ob es Ihnen möglich sein wird, wieder Eintritt in Paris zu erhalten? Jetzt können Sie nicht mehr nach Hause gehen, morgen werden Sie vielleicht verfolgt . . . Nehmen Sie!«
Und ohne seine Rede zu vollenden, ohne den Gang seiner Gedanken zu erklären, gab er d«m jungen Manne eine kleine Brieftasche und entheilte seinen Fragen so schnell, daß er ihm nicht ein Wort mehr sagen konnte»Er öffnete die Brieftasche, hoffend, in derselben einige Erklärung zu finden; sie enthielt aber nichts, als einen Tausendfranken – Schein.
Der Tag begann zu sinken; einige Officiere kamen durch die Straße Rivoli, um Paris zu verlassen, und nahmen ihren jungen Kameraden mit, den seine Geistesgegenwart ganz verlassen hatte.
Den folgenden Tag machten sie sich zusammen auf den Weg nach Rambouillet, und gingen von da nach Cherbourg, wo der König sich einschiffte.
Dort wartete Yves Nachrichten von Paris ab, er hatte an seine Großmutter geschrieben, und auch gebeten, Herrn Simon die tausend Franken zurück zu zahlen. Nachdem er Geld und die Einwilligung seiner Großmutter zu der von ihm beabsichtigten Reise erhalten hatte, ging er nach London.
So verschwanden in Zeit von drei Tagen die glänzenden Hoffnungen, die zu hegen er die gegründetsten Ursachen gehabt hatte, und sein Eintritt in's praktische Leben war also rauh und sonderbar genug, und entsprach nicht den Träumen, mit denen er die Schule verlassen hatte. Yves wurde dadurch verwirrt, aber nicht entmuthigt; die großen Ereignisse, selbst die traurigsten, haben das Gute, daß sie dem Geiste, indem sie ihn an das Außerordentliche gewöhnen, die Hoffnungen aller möglichen Umgestaltungen darbieten. Wenn die Schläge des Schicksals so plötzlich zerstören, wie sollte man da nicht auch eine eben so plötzlich»Wiederherstellung für möglich halten? Yves fühlte, ohne sich Rechenschaft davon zu geben, daß das Leben ihm das weite Feld darbot, welches die Revolutionen jedem Ehrgeizigen öffnen, und daß, wenn die vortheithaften Verhältnisse, in die der Zufall ihn gesetzt hatte, zerrüttet oder gar zerstört würden, derselbe Zufall ihm auch zu andern verhelfen könne, die er nur ihm zu danken haben würde.
Indessen hatten die wichtigen Begebenheiten, indem sie die tollen Freuden des jungen Mannes durch ernste Betrachtungen verdrängten, ihm keineswegs alle Neigung zu den Genüssen und Zerstreuungen geraubt, nach denen er sich so sehr gesehnt halte.
Der junge Herzog kam nach London mit einem, alten berühmten Namen, der Glorie der Verbannung, dem Verdienste der Treue, achtzehn Jahren und einer schönen sehr edlen Persönlichkeit; er wurde von der Londoner Aristokratie, die man mit Recht die große Welt nennen kann, weil sie alle Arten Größen, den Rang, das Vermögen, die Macht und das Genie in sich vereinigt, ausgezeichnet aufgenommen.
Yves bewunderte zuerst die Christliche ätherische Schönheit der jungen Engländerinnen, dann die ausgezeichnete Würde vieler Männer und ihre hohen Fähigkeiten. Er empfand ein Gefühl von Verehrung für das Land, wo man noch groß in's Leben eintreten sich darin erhalten kann, wo der Eine mit zwei und zwanzig Jahren Minister werden und der Andere diese Würde bis zum achtzigsten Jahre behaupten kann. Er empfand auch einen peinlichen Eindruck bei dem Rückblick auf sein Vaterland, Frankreich, wo seit fünfzig Jahren die Helden nur so kurze Zeit gelten; wo die Anerkennung sich eben so schnell abnutzt als die Personen; wo Jeder zerstört, um auch zerstört zu werden; wo alle Berühmtheiten, eine nach der andern, verschwinden, und nicht« beständig ist, als der Wechsel.
Ohne die schnell entstandene Revolution, von der Yves Zeuge gewesen war, würde er in England vielleicht nur die geselligen Interessen und die Sitten beachtet haben; wichtige Ereignisse hatten seine Augen für politische Wahrnehmungen geschärft, und er hatte für die politische Einrichtung des Landes, das ihn gastlich aufgenommen hatte, mehr Aufmerksamkeit als für seine Sitten und Gebräuche. Er sah also dieses Land in seinem schönsten Lichte, und da er weder Zeit noch Gelegenheit hatte, gründliche Betrachtungen anzustellen, blieb er befangen von dem ersten Eindrucke und behielt seine hohe Bewunderung; vielleicht auch, weil er fühlte, daß da, in dem Range, in dem er geboren war, er dem Glanze desselben den des Talentes hätte hinzufügen und Beides in Ehren genießen können.
Yves suchte die Vergessenheit seiner getäuschten Hoffnung in den Vergnügungen seines Alters, und sein Leben verfloß drei Monate in den Salons und den übrigen Theil des Jahres in den Schlössern angenehm genug, als es sich die Laufbahn der Gefahren und des Ruhmes in den Feldern der Vendeé, öffnete. Er glaubte die Theilnahme an diesen Kämpfen seiner Ehre schuldig zu sein und reiste ab.
Frankreich, hatte man ihm gesagt, erwartete nur ein Signal, um die, welche es unter fernem Himmel betrauerten, zurückzurufen: in Paris war Verwirrung, in der Armee Unmuth, in der Bretagne Gefahr. Dahin begab er sich. Unterweges träumte seine jugendliche Phantasie von Aufopferung und Ruhm; als er ankam, war schon keins von beiden mehr möglich.
Seine alte Großmutter, die Marquise von Fontenoy-Mareuil, wünschte ihn wieder zu sehen; sie wollte, sagte sie, ihn noch einmal sehen, ehe sie stürbe, Er kehrte nach Paris zurück.
Was er dort fand, warf Unruhe im seine Gedanken und Unsicherheit in seine Seele. Welche Pläne für die Zukunft sollte er entwerfen? an welche Hoffnung sich halten? und die erste Folge der Unsicherheit ist innere Leere und Langeweile! Heinrich von Martinay war da, mit seiner spöttischen Sorglosigkeit und seinen kleinlichen, immer zufriedenen, aber niemals befriedigten Eitelkeiten. Er bemächtigte sich des aus London Zurückgekehrten. Es war eine Gelegenheit, seine Kunstgriffe auszuüben, theils in der Wirkung, die er auf die Seele des jungen Mannes, theils in der, die er durch ihn bei Andern hervorbrachte.
Herrn Simon suchte Yves umsonst, er konnte ihn nicht wiederfinden; desto besser gelang es ihm mit Frau von Savigny, die er sehr oft sah und zuletzt so oft zu ihr ging, daß die Welt darüber sprach; seiner Langeweile wurde auch hierdurch nicht abgeholfen.
Eines Tages, als er mit Heinrich spazieren ging, erblickte er endlich Herrn Simon, und verließ stürmisch seinen Freund, um zu ihm zu eilen. Die Freude des Einen bei dieser unerwarteten Begegnung war eben so sichtbar, als die Verlegenheit des Anderen. Herr Simon kündigte Yves sogleich an, daß er im Begriff stehe, denselben Abend eine Reise anzutreten, damit Yves durchaus keine Versuche, ihn wieder aufzusuchen, machen sollte; aber bei der Annäherung Heinrichs, der sie eingeholt hatte, stammelte Herr Simon eine Art Entschuldigung, und verließ sie eiligst.
»Wirklich, mein Freund,« sagte Heinrich, »dies ist eine sonderbare Bekanntschaft für den Herzog von Mauléon!«
»Wissen Sie, wer dieser Mann ist,« rief Yves, Heinrich beim Arm nehmend und so ganz von Neugierde erfüllt und beschäftigt, daß er nicht einmal den höhnischen Ton, in dem Heinrich geredet, bemerkt hatte.
»Dieser Mann!« antwortete Heinrich verächtlich, »Jedermann kennt ihn und Niemand will ihn zu kennen scheinen; man weicht ihm gewöhnlich mit derselben Sorgfalt aus, die Sie anwenden, um ihn aufzusuchen.«
»Was hat man denn gegen ihn?« fragte Yves beunruhigt.
»Meiner Treu, ich weiß nicht einmal recht,« antwortete Heinrich mit gleichgültiger Nichtachtung; »man sagt, daß er in die blutigen Scenen