Der Geflügelschütze. Александр Дюма
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Читать онлайн книгу Der Geflügelschütze - Александр Дюма страница 4
Mit achtzehn Jahren war Alain Montplet der Lovelace aller Schönen in baumwollenen Mützen des Landes Bessin; auch blieb er nicht in den Kreis des Districts der Mädchen von Maisy, von Grand-Camp und Saint-Lo eingeschlossen; er ging zu denjenigen von La-Cambe, von Formigny, von Trevière über und breitete seine Liebesunternehmungen bis zur Delivrande aus.
Damals war er eine von jenen zwitterhaften Personen, Einer jener feinen Stutzer des Landes, halb Bürger, halb Bauer, die man in den kleinen Städten und den großen Marktflecken trifft, welche sich in Hemdärmeln oder in der Blouse in den Schenken, Kaffeehäusern oder in den Gängen jener Häuser umhertreiben, wie die Söhne der pariser Familien, in gelben Handschuhen und die Cigarre zwischen den Lippen, auf dem Asphalt des Boulevarddes-Italiens und auf dem Trottoirs des Stadtviertels Breda umherstolzieren.
Man glaubte nicht nach der Benennung Lovelace – denn der Name des Helden Richardson’s ist vermöge der Elasticität der Sprache ein Beiwort geworden —, die wir mit dem Namen Alain in Verbindung gesetzt haben, daß die Liebe eine Rinde geglättet, seine Manieren civilisiert, seinen Charakter gemildert habe.
Nein, die Liebe, die man in der Welt Alain Montplet’s antreffen konnte, war nicht von der Stärke, um ähnliche Verwandlungen hervorzubringen; nein, der junge Bursche aus der Meyerei hatte nicht, wie Phaon von der Venus jene erweichende und parfümierte Essenz erhalten, welche das Elend der glühenden Sappho herbeiführte. Er war schön nach der ursprünglichen Weise, er war stark wie ein Titane, und er theilte sein Leben zwischen seiner Liebe, einem Fischfange mit dem Vater Henin – von Diesem werden wir später zu sprechen Gelegenheit haben – und seiner Jagd in den Sümpfen der Vire und auf den steilen Felsenufern an der Bucht von Vays.
Es versteht sich von selber, daß Jean Montplet bei einer unbegrenzten Liebe für seinen Sohn, sobald als der Knabe ein Mann wurde und seine Bedürfnisse sich vermehrten, die Schnure einer Börse weiter löste.
Aber bald vermehrten sich eine Bedürfnisse sehr und stiegen bis zur Verschwendung.
Bald auch wurde diese Verschwendung von der Art, daß sie Jean Montplet zu erschrecken begann. Er wagte einige furchtsame Vorstellungen, worauf ein junger Mann, der seit seiner Kindheit gewöhnt ist, nach seinen eigenen Einfällen zu leben, nicht viel achten konnte und in der That auch nicht viel achtete.
Auch hörte Alain nicht auf, in Folge der Partien der Jagd, des Fischfanges und des Schwimmens, wozu er alle seine Freunde einlud, seine Rolle als Amphitryo in den Wirthshäusern fortzusetzen und die Buden auf allen Jahrmärkten in der Umgegend auszuleeren, um sich in der Gunst der hübschen Mädchen der Departements von la-Manche und Calvados zu erhalten.
Da seine Kameraden von Maisy, Geffosse und Saint-Pierre-du-Mont lauter Arbeiter, die sich und ihre Familie nur durch die Anstrengung ihrer Hände ernährten, nicht immer geneigt waren, ihren Tag seinen Launen zu opfern, so weigerten sie sich oft, ihm die Last seines Müßigganges tragen zu helfen, und wie Alain Ausflüge gemacht hatte, um hübsche Mädchen zu entdecken, so suchte er jetzt muntere Kameraden auf und ging bis Isigny, bis Balleroy und selbst bis Bayeux, wo er als Theilnehmer seiner Vergnügungen Schreiber der Notare, Officianten und reisende Handlungsgehilfen fand, die es mit ihren Berufsgeschäften nicht allzu genau nahmen, wenn es sich darum handelte, einen tollen Streich auszuführen.
Wenn aber die Gesellschaft dieser Herren angenehm war, müssen wir gestehen, daß sie verderblich wurde. Indem er ihnen Diners gab und nach diesen Diners Bouillotte und Ecarté spielte, nahm er die Freigebigkeit eines Vaters übermäßig in Anspruch und begann Schulden zu machen, die zu bezahlen er sich wohl hütete. Die Gläubiger warteten einige Zeit, denn sie wußten, daß der Vater Montplet, wenn sein Sohn sie nicht zahle, die einst zahlen würde; als sie aber endlich lange genug vergeblich gewartet hatten, ob es dem Sohne passend sein würde zu zahlen, gingen sie in die Meyerei, um ihre Klagen vorzubringen.
Als ihm die ersten Rechnungen überreicht wurden, zahlte Jean Montplet ohne viel zu schreien, da er sich nicht träumen ließ, von welchen Lawinen von Zahlen er bedroht werde.
Die bezahlten Gläubiger sagten dann zu ihren unbezahlten Collegen, wie sie es angestellt hätten, um zu ihrem Gelde zu kommen, und man ging beständig zwischen der Meyerei und den benachbarten Städten und Dörfern hin und her.
So groß auch die Zärtlichkeit eines Vaters für feinen Sohn sein mag, so verschwindet dieselbe, wenn dieser Vater ein Normand ist, fast immer, um der Kaltblütigkeit Platz zu machen, wenn die Geldfrage zur Verhandlung kommt.
Jean Montplet war aus diesem Lande; und um jeder Anforderung dieser Art zu begegnen, kündigte er in dem Journal des Departement an, daß es jedem frei stehe, dem Alain Montplet Credit zu geben oder Geld zu borgen, aber von jetzt an werde er keine von einem Sohne gemachte Schuld anerkennen, viel weniger noch bezahlen.
Das Mittel war heroisch, aber es verfehlte seinen Zweck.
Wenn es sich darum handelt, den Kindern der Familie Geld zu borgen, gibt es weitsichtige Leute, welche sich jagen, daß in Ermangelung der Börse des lebenden Vaters die Erbfolge des todten Vaters eintreten wird, und die so gut die Zinsen von Zinsen zu berechnen wissen, daß man ihnen einen um so größeren Dienst leistet, je länger man sie auf das Kapital warten läßt.
Alain, der sich durch die Gewohnheiten von drei Jahren und den vollständigen Müßiggang Bedürfnisse angeeignet hatte, welche das ihm von seinem Vater bewilligte Jahrgeld nicht befriedigen konnte, fügte sich nicht, sondern empörte sich im Gegentheil.
Er suchte daher einen von jenen verbindlichen Geldverleihern auf, von welchen wir gesprochen haben, und zum Unglück durften seine Augen nicht lange suchen, ehe sie auf Das fielen, was er bedurfte.
Der geeignete Mann befand sich in Maisy selber, das heißt im Bereiche seiner Hand.
Dieser wohlwollende Kapitalgeber hieß Thomas Langot, und war kein Anderer, als der erste Materialhändler des Fleckens.
Wir wollen sagen, was Thomas Langot war, der eine gewisse Rolle in dieser Erzählung spielen soll.
Thomas Langot war der jüngste Sohn einer Fischerfamilie in Saint-Pierre-du-Mont. Die Natur, die ihn in socialer Hinsicht wenig begünstigte, hatte ihn in physischer Hinsicht noch mehr gemißhandelt. Er war schwach, mit der englischen Krankheit behaftet und hinkend. Das am Knie nach innen gebogene Bein ließ immer glauben, daß er, wenn er ging, einen Halbzirkel beschreiben wolle, und nur vermöge gewisser mathematischer Combinationen gelang es ihm, die gerade Linie zu behaupten und zu dem Ziele zu kommen, welches er sich vorgesetzt hatte. Die Schwäche seiner Constitution, vereint mit seinem fehlerhaften Körper, hatte ihm eine elende Kindheit bereitet in einer Welt, wo man die Körperkraft vor allen Dingen schätzt.
Von seinem Vater gemißhandelt, der in ihm nur einen unnützen Mund sah, so wie von seinen Brüdern, deren Aufpasser er wurde, da er nicht ihr Gefährte werden konnte, verhöhnt von seinen kleinen Kameraden, welchen er nur aus der Ferne folgen konnte, und die ihm den Beinamen Säbelbein gegeben hatten, welcher Name ihm blieb, schöpfte der junge Langot aus den frühzeitigen Schmerzen seiner Jugend einen falschen, verbitterten und neidischen Character, aber zu gleicher Zeit einen festen und beharrlichen Entschluß, zu einem Vermögen zu gelangen und so dem Drucke der Beleidigung und der Schmach zu entgehen, welche das beständige Erbtheil des Armen und Schwachen hier auf der Erde zu sein scheinen.
Mit fünfzehn Jahren reiste er, ohne sich um die Entfernung zu kümmern und ohne sich von seiner Gebrechlichkeit zurückhalten zu lassen, mit zwei Fünfrankenthalern in der Tasche nach Paris ab.
Wie legte er den Weg zurück?
Gott