Die Gräfin von Charny Denkwürdigkeiten eines Arztes 4. Александр Дюма
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Читать онлайн книгу Die Gräfin von Charny Denkwürdigkeiten eines Arztes 4 - Александр Дюма страница 7
»Ja, doch wenn Sie mit ihm arbeiten, gibt es immer irgend einen Gewinn?«
»Ei! arbeite ich denn jetzt mit ihm? Vor Allem würde ich mich hierdurch gefährden. Seit der Einnahme der Bastille habe ich keinen Fuß mehr in den Palast gesetzt. Einmal oder zweimal bin ich ihm begegnet: das erste Mal waren Leute auf der Straße, und er beschränkte sich darauf, daß er mich grüßte; das zweite Mal, das war aus der Straße nach Satory, wir waren allein; er ließ seinen Wagen halten und sagte mit einem Seuszer: »»Nun, mein armer Gamain, guten Morgen.«« »»Ah! ja, nicht wahr, das geht nicht, wie Sie wollen, doch das wird Sie lehren . . .«« »»Und Deine Frau und Deine Kindern,«« unterbrach er mich, »»es befindet sich Alles wohl?«« »»Vortrefflich! Alle haben einen Höllenappetit.«« »»Höre, Du wirst Ihnen dieses Geschenk von mir überbringen.«« Und er suchte in seinen Taschen, in allen, und brachte neun Louis d’or zusammen. »»Das ist Alles, was ich bei mir habe, mein armer Gamain,«« sagte er, »»und ich schäme mich ganz, daß ich Dir ein so trauriges Geschenk mache,«« Und, in der That, Sie werden zugestehen, er hatte Ursache, sich zu schämen: ein König, der nur neun Louis d’or in seinen Taschen hat, ein König, der einen, Freunde, einem Kameraden ein Geschenk von neun Louis d’or macht! . . .Auch . . .«
»Sie haben es auch ausgeschlagen.«
»Nein; ich habe mir gesagt: »»Man muß es immerhin nehmen, er könnte einen Andern treffen, der weniger verschämt wäre und es annehmen würde!«« Doch gleichviel, er kann ruhig sein, ich werde keinen Fuß mehr in das Schloß von Versailles setzen, wenn er mich nicht holen läßt, und auch dann, auch dann!«
»Dankbares Herz!« murmelte der Unbekannte.
»Sie sagen?«
»Ich sage, Meister Gamain, es sei rührend, eine Ergebenheit wie die Ihrige das Unglück überleben zu sehen! Ein letztes Glas Wein auf die Gesundheit Ihres Lehrlings.«
»Ah! bei meiner Treue! er verdient es kaum, doch gleichviel! Dennoch aus seine Gesundheit!«
Er trank.
»Und wenn ich bedenke,« fuhr er fort, »wenn ich bedenke, daß er in seinen Kellern mehr als zehntausend Flaschen hatte, von denen die am mindesten gute zehnmal so viel werth war als diese, und daß er nie zu einem Bedienten sagte: »»So und so, nimm einen Korb Wein und trage ihn zu meinem Freunde Gamain!«« Ah! jawohl, er ließ ihn lieber von seinen Gardes du corps, von, seinen Schweizern und von seinen Soldaten vom Regimente Flandern trinken: das ist ihm gut bekommen!«
»Was wollen Sie?« sprach der Unbekannte, während er sein Glas in kleinen Zügen leerte, »die Könige sind so, die Undankbaren! Doch stille! wir sind nicht mehr allein.«
Es waren in der That drei Personen, zwei Männer aus dem Volke und eine Poissarde, in dieselbe Schenke eingetreten und hatten sich an den Tisch gesetzt, der Seitenstück zu dem bildete, an welchem der die zweite Flasche vollends mit Meister Gamain leerte.
Der Schlosser schaute nach ihnen hinüber und betrachtete sie mit einer Aufmerksamkeit, welche den Unbekannten lächeln machte.
Diese drei neuen Personen schienen in der That einiger Aufmerksamkeit würdig.
Von den zwei Männern war der Eine ganz Rumpf; der Andere war ganz Beine.
Der Mann, der ganz Rumpf war, glich einem Zwerge; er war kaum fünf Fuß hoch; vielleicht verlor er auch ein paar Zoll von seiner Höhe durch das Biegen seiner Kniee, welche, wenn er stand, sich innen berührten, so weit auch seine Füße aus einander liefen. Statt den Eindruck dieser Mißstaltung zu schwächen, schien sie sein Gesicht noch viel bemerkbarer zu machen; fett und schmutzig, lagen seine Haare flach auf seiner niedergedrückten Stirne; seine schlecht gezeichneten Brauen schienen durch Zufall gewachsen zu sein; seine Augen waren im gewöhnlichen Zustande glasig, trübe und ohne Flammen, wie die einer Kröte; nur in den Momenten der Aufreizung sprühten sie einen Funken, ähnlich dem, welcher aus dem zusammengezogenen Augapfel einer wüthenden Schlange springt; seine Nase war geplattet und verstärkte noch, von der geraden Linie abgehend, die Hervorragung der Backenknochen; dieses häßliche Gesammtwesen vervollständigend, bedeckte sein krummer Mund mit seinen gelblichen Lippen ein paar spärliche, wackelnde, schwarze Zähne.
Dieser Mensch schien beim ersten Anblick Galle statt des Blutes in den Adern zu haben.
Der Zweite, der das Gegentheil des Ersten bildete, dessen Beine kurz und krumm, schien wie ein Reiher auf ein Paar Stelzen gestellt zu sein. Seine Aehnlichkeit mit dem Vogel, mit dem wir ihn verglichen, war um so größer, als er ebenfalls buckelig und als sein völlig zwischen seinen beiden Schultern verlorener Kopf sich nur durch zwei Augen, welche zwei Blutflecken zu sein schienen, und durch eine lange, schnabelartige Nase kenntlich machte. Im ersten Moment hätte man auch glauben sollen, er habe die Fähigkeit, seinen Hals nach Art einer Feder auszudehnen und auf eine gewisse Entfernung ein Auge demjenigen auszustoßen, dem er diesen schlechten Dienst hätte leisten wollen. Doch es verhielt sich nicht so; seine Arme allein hatten diese seinem Halse verweigerte Elasticität, und, so wie er saß, brauchte er nur den rechten zu verlängern, um ein Taschentuch aufzuheben, das er hatte fallen lassen, nachdem er sich seine zugleich vom Schweiß und vom Regen befeuchtete Stirne abgewischt.
Der Dritte oder die Dritte, wie man will, war ein amphibisches Wesen, dessen Gattung man wohl zu erkennen vermochte, während sich sein Geschlecht schwer unterscheiden ließ. Diese Person war ein Mann oder eine Frau von dreißig bis vier und dreißig Jahren, in der eleganten Tracht einer Poissarde, mit goldenen Ketten und Ohrringen, mit Halbschleier und Spitzensacktuch; ihre Züge waren, so weit man sie durch eine Lage von weißer und rother Schminke, die ihr Gesicht bedeckte, und durch die Schönpflästerchen von allen Formen, welche diese Schminke besternten, leicht verwischt, wie man dies bei den ausgearteten Racen gewahrt. Hatte man sie einmal gesehen, war man einmal bei ihrem Anblick in den Zweifel eingetreten, den wir so eben ausgedrückt haben, so wartete man mit Ungeduld, daß sich ihr Mund öffne, um ein paar Worte zu sprechen, denn man hoffte, der Ton ihrer Stimme werde ihrer, ganzen zweifelhaften Erscheinung einen Charakter geben, mit dessen Hilfe diese Ungewißheit sich lösen ließe. Doch es war nicht so. Ihre Stimme, welche die eines Sopran zu sein schien, versenkte den Neugierigen und den Beobachter noch tiefer in den Zweifel, welchen ihre Person erregt hatte; das Ohr klärte das Auge nicht auf; das Gehör ergänzte den Gesichtssinn nicht.
Die Strümpfe und die Schuhe der zwei Männer, sowie die Strümpfe der Frau zeigten an, daß diejenigen, welche sie trugen, sich schon lange aus der Straße herumtrieben.
»Es ist erstaunlich,« sagte Gamain, mir scheint, »das ist eine Frau, die ich kenne.«
»Das mag sein; doch sobald diese drei Personen beisammen sind, mein lieber Herr Gamain, darf man annehmen, daß sie etwas mit einander zu thun haben,« sagte der Unbekannte, indem er seine Flinte ergriff und seine Mütze tiefer aus das Ohr drückte; »sobald sie aber etwas zu thun haben, muß man sie beisammen lassen.«
»Sie kennen sie also?« fragte Gamain.
»Ja, vom Sehen,« antwortete der Unbekannte. »Und Sie?«
»Ich, ich wollte dafür stehen, daß ich diese Frau auch irgendwo gesehen habe.«
»Bei Hofe wahrscheinlich,« sagte der Unbekannte.
»Ah! ja wohl! eine Poissarde!«3
»Sie gehen seit einiger Zeit oft dahin.«
»Wenn Sie sie kennen, so nennen Sie mir doch die zwei Männer; das wird mir sicherlich die Frau erkennen helfen.«
»Die
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Man erlaube uns, obgleich wir das gute deutsche Wort Fischweib dafür haben, die in der Revolution von 89 so historisch gewordene Benennung Poissarde beizubehalten, D. Uebers.