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Kleine Ursachen, große Wirkungen.
Mag uns die Liebe vergeben, daß wir sie unter die kleinen Ursachen zählen.
Die Ursache, ob klein oder groß, hatte eine unermeßliche Wirkung.
Den Namen des Neffen kennen wir bereits; es war Don Inigo Velasco Graf von Haro.
Die Tante war Beatrice, Marchesa de Moya, und die Königin hatte keine liebere Freundin, keine innigere Vertraute.
Velasco nun hatte den festen Vorsatz gefaßt seinem Leben ein Ende zu machen und er wurde nur darum nicht, zehnmal getödtet, weil der Tod vor ihm zurückwich wie vor allen entschlossenen Herzen. In den Kriegen, welche die katholischen Könige gegen die Mauren führten, hatte er stets in der vordersten Reihe gekämpft; er war bei der Erstürmung der Festen Ilosa und Moclin gewesen, jener so wichtigen Bürgen der königlichen Stadt, die matt die Augen Granadas genannt; er hatte sich bei der Belagerung von Velez befunden, als der Zagal Abdallah dieselbe aufzuheben versuchte und mit ungeheuerem Verluste zurückgeschlagen wurde; er war bei der Einnahme von Gibaltar gewesen, als die Stadt Ibrahims mit Sturm genommen und geplündert wurde; er hatte sich endlich unter den Mauern der Hauptstadt Boabdils befunden, als die katholischen Könige, nachdem sie eine Stadt des Reiches nach der andern genommen, die belagerte Stadt mit einer neuen Stadt einschlossen, mit Häusern, Kirchen und Wäldern, die sie Santa Fe nannten zum Zeichen ihrer Hoffnung und ihres Gelübdes, die Belagerung Granada‘s nicht aufzugeben, bevor Granada sich ergeben.
Granada ergab sich am 25. November 1491, im Jahre 897 der Hedschira, am 22. Tage des Mondes Moharrem.
Für Columbus, der seit acht Jahren wartete, war dies der Augenblick, sein Gesuch zu erneuern. Der König Ferdinand und die Königin Isabella hatten das Werk vollendet, das war vor sieben Jahrhunderten begonnen worden.
Die Ungläubigen waren in Spanien überwunden.
Columbus gab als Hauptzweck seiner Unternehmung die Belehrung der Ungläubigen in der Neuen Welt an.
Um diesen Zweck zu erreichen, verlangte er nur hundert Mann und dreitausend Kronenthaler.
Neben dem religiösen Zwecke machte er als auf das materielle Resultat, auf unerschöpfliche Goldlager und unschätzbare Diamantengruben aufmerksam. Was also konnte den habsüchtigen Ferdinand und die fromme Isabella abhalten ein Unternehmen zu wagen, das in weltlicher und kirchlicher Hinsicht aller Berechnung nach eine glückliche Speculation seyn müßte, sobald das Daseyn jener unbekannten Welt gegeben war?
Wir wollen es sagen, was sie abhielt.
Christoph Columbus, der gleich im voraus die Belohnung nach der Größe des Dienstes bemaß, verlangte den Rang eines Admirals der spanischen Flotte, den Titel eines Vicekönigs aller Länder, die er entdecken würde, den zehnten Theil des Gewinnes von dem Unternehmen und die Vererbung der ihm ertheilten Würden auf seine männlichen Nachkommen.
Diese Forderungen erschienen um so übertriebener, als Christoph Columbus, obwohl er von einer der angesehensten Familien Piacenzas abstammen wollte, obwohl er der Königin Isabella schrieb, er würde nicht der erste Admiral in seiner Familie seyn, wenn er zum Admiral ernannt würde, keinen Nachweis über seinen Adel hatte beibringen können und am Hofe sich das Gerücht verbreitete, er sey nichts als der Sohn eines Webers in Logoreo oder Nervi.
Seine Forderungen hatten demnach den Unwillen des Erzbischofs von Granada, Ferdinand von Talavera, errregt, der von den katholischen Majestäten beauftragt worden war, den Antrag des genuesischen Schiffers zu prüfen, wie man am Hofe Christoph Columbus allgemein nannte.
Namentlich dieser zehnte Theil des Gewinnes, welcher genau der Abgabe gleichkam, welche die Kirche unter dem Namen des Zehent erhob, verletzte das Gewissen des Don Ferdinand von Talavera.
Der arme Christoph Columbus hatte Unglück, denn seine drei anderen Forderungen: zum Range eines Admirals erhoben zu werden, den Titel eines Vicekönigs zu erhalten und diesen Titel wie in einer königlichen oder fürstlichen Familie zu vererben, verletzten den Stolz Ferdinands und Isabella’s, da die Herrscher damals noch nicht daran gewöhnt waren, einen Privatmann als ihres Gleichen zu behandeln, und Columbus, so arm und unbekannt er war, so stolz sprach, als trage er auf seinem Haupte bereits die doppelte goldene Krone Guacanagaris und Montezumas!
Die Folge davon war gewesen, daß nach einer lebhaften Erörterung in dem geheimen Rathe, in welchem Columbus nur zwei Vertheidiger hatte, Don Luys de San-Angel, den Einnehmer der Kirchenabgaben von Aragonien und Don Alonso de Qiuntatille, den Finanzdirector Castiliens, der Antrag definitiv verworfen wurde, zur großen Befriedigung Ferdinands, des Mannes des Zweifels, und zur großen Betrübniß der Königin Isabella, der Frau der Poesie und des Glaubens.
Die Feinde des Christoph Columbus, und er hatte; deren viele am Hofe, hielten die Entscheidung für unwiderruflich und glaubten für immer von dem lächerlichen Träumer befreit zu seyn, neben dessen versprochenen Diensten alle bereits geleisteten klein und unbedeutend erscheinen mußten.
Aber sie hatten ohne Don Inigo de Velasco und ohne dessen Tante, die Marquise Beatrice von Moya gerechnet.
Am Tage nach dem, an welchem die Ablehnung der katholischen Majestät dem Columbus durch den Erzbischof Don Ferdinand von Talavera mitgetheilt worden war, trat Dona Beatrice in das Betgemach der Königin und bat die selbe mit merklich bewegter Stimme um eine Audienz für ihren Neffen.
Isabella staunte über das verlegene Aussehen ihrer Freundin und sah sie einen Augenblick an, dann fragte sie mit jenem sanften Tone, der ihr den Vertrauten gegenüber gewöhnlich war:
»Was sagst Du, meine Tochter?«
»Meine Tochter« war eine freundschaftliche Benennung, welche sie meist ihren besonderen Freundinnen gab, ohne sie jedoch sehr zu verschwenden.
»Ich sage Ew. Hoheit, mein Neffe, Don Inigo Velasco, habe die Ehre Euch um eine Abschiedsaudienz zu bittend.«
»Don Inigo Velasco?« wiederholte Isabella, die sich offenbar auf die Person zu besinnen suchte. »Ist er nicht der junge Capitän, der sich in unserem letzten Kriege bei der Erstürmung von Ilosa und Moclin, bei der Belagerung von Velez, bei der Einnahme von Gibalfaro und sonst noch auszeichnete?«
»Er ist‘s,« entgegnete Dona Beatrice erfreut und stolz darauf, daß der Name ihres Neffen solche Erinnerungen, in dem Herzen der Königin weckte. »Ja, ja, Hoheit, er ist‘s.«
»Und er reiset fort?« fragte Isabella.
»Ja, Hoheit.«
»Eine lange Reise?«
»Ich fürchte es.«
»Verläßt er Spanien?«
»Ich glaube es. Er sagt, er habe im Dienste Ew. Hoheit nichts mehr zu thun.
»Wohin geht er?«
»Die Königin wird ihm gnädig erlauben, selbst darauf zu antworten.«
»Sage ihm, er möge eintreten.«
Während die Marquise, die ihren Neffen selbst einführen wollte, nach der Thür ging, setzte sich die Königin Isabella und nähte, mehr um die Hände zu beschäftigen, als um wirklich zu arbeiten, ein Fähnchen, das sie zu Ehren der Jungfrau stickte,