Frankenstein oder Der moderne Prometheus . Мэри Шелли

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Frankenstein oder Der moderne Prometheus  - Мэри Шелли

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zwischen dunkelfarbigem Unkraut.

      Als mein Vater von Mailand zurückkehrte, fand er mich auf dem Vorplatze unserer Villa mit der Kleinen spielend, die schön war wie ein Cherub; ein Wesen, aus dessen Augen wundervolle Strahlen leuchteten und das schlank und beweglich war wie eine Gemse. Die Angelegenheit war bald geregelt. Mit Erlaubnis meines Vaters vermochte die Mutter die armen Leute rasch zu bewegen, ihr die Obhut über das Kind zu überlassen. Sie konnten die arme, süße Waise gut leiden und sie war ihnen immer wie ein Sonnenschein im Hause gewesen; deshalb hätten sie es nicht übers Herz gebracht, sie in Not und Elend zurückzuhalten, während ihr die Vorsehung ein solches Glück bescherte. Sie fragten noch den Priester des Ortes um Rat, und das Resultat dieser Unterredung war, daß Elisabeth Lavenza ihren Einzug in das Haus meiner Eltern hielt. Sie wurde mir lieber als eine Schwester – die liebliche, angebetete Gefährtin meines Schaffens und meiner Erholung.

      Jeder hatte Elisabeth gern. Die Liebe und Verehrung, mit der sie alle bedachten, die ihr näher traten, war mein Stolz und meine Freude. Am Vorabend des Tages, an dem Elisabeth zu uns kam, sagte meine Mutter zu mir: »Ich habe ein reizendes Geschenk für meinen Viktor, morgen sollst du es haben.« Und als sie am Morgen das Kind mir als die versprochene Gabe zeigte, faßte ich voll kindlichen Ernstes ihre Worte so auf, daß Elisabeth mein sei, um sie zu schützen, zu lieben und zu verhätscheln. Jedes Lob, das der Kleinen galt, nahm ich so auf, als sei es ein Lob meines Eigentums. Wir nannten einander beim Vornamen. Kein Wort ist imstande zu schildern, was wir uns waren, um so mehr als sie bis zu ihrem Tode meine einzige Schwester sein sollte.

      Kapitel 2

      Wir wuchsen zusammen auf; ich war nicht ganz ein Jahr älter als sie. Ich brauche nicht besonders zu betonen, daß uns Uneinigkeit oder Streit fremd waren. Harmonie bildete die Grundlage unserer Freundschaft, und die Verschiedenheit unserer Charaktere schien uns eher noch fester zu binden als uns zu trennen. Elisabeth war ruhiger und gesammelter als ich; aber bei all meiner Leidenschaftlichkeit war ich doch ein Freund ernster Arbeit und voll Wissensdurst. Ihre Lieblingsbeschäftigung war die Lektüre unserer Dichter und die Schönheit der uns umgebenden Natur, die erhabenen Formen der Berge, der Wechsel der Jahreszeiten, die tiefe Stille des Winters und das lebhafte Treiben der Sommersaison – alles das gab ihrer Phantasie reichliche Nahrung. Während meine Gespielin ernst und staunend sich dem Eindrucke der Dinge hingab, wollte ich ihrem Ursprung auf die Spur kommen. Die Welt war mir ein Geheimnis, das ich unter allen Umständen zu enträtseln mir vorgenommen hatte. Neugierde, der Wunsch hinter die verborgenen Naturgesetze zu kommen, Freude, ja Entzücken, als sich mir so manches Wunder auftat, sind die ersten Gefühle, deren ich mich erinnern kann.

      Als mein Bruder auf die Welt kam, sieben Jahre nach mir, gaben meine Eltern ihr Wanderleben ganz auf und siedelten sich in ihrer Heimat an. Wir besaßen ein Haus in Genf und eine Villa in Belrive, dem östlichen Ufer des Sees, etwas mehr als eine Meile von der Stadt entfernt. Wir wohnten meist in der Villa und führten ein sehr abgeschiedenes Leben. Ich liebte die Menschen in Mengen nicht, aber ich schloß mich gern an Einzelne an. Deshalb war ich gegen meine Schulkameraden ziemlich gleichgültig, faßte aber eine wahre Freundschaft zu einem von ihnen. Henry Clerval war der Sohn eines Genfer Kaufmannes, ein Knabe von hervorragenden Talenten und begabt mit einer glühenden Phantasie. Er war unternehmend, kühn und liebte die Gefahr um ihrer selbst willen. Er war sehr belesen, dichtete selbst Heldensänge und begann Erzählungen von ritterlichen Abenteuern zu schreiben. Er verfaßte für uns Tragödien und Maskenspiele, zu denen ihm das Ringen im Tal von Roncesvalles, die Tafelrunde des Königs Artus und die heldenhaften Kreuzfahrer, die ihr Blut dahingaben, um das heilige Grab den Händen der Ungläubigen zu entreißen, den Stoff gaben.

      Ich kann mir nicht vorstellen, daß ein Mensch eine glücklichere Jugend verbringen kann, als wie es mir beschieden war. Meine Eltern waren erfüllt vom Geiste wahrer Liebe und Güte. Wir empfanden, daß sie nicht die Tyrannen waren, die uns nach ihren Launen lenkten, sondern die Schöpfer all des Schönen und Guten, was wir genießen durften. Wenn ich mit anderen Familien zusammenkam, kam mir das besonders zum Bewußtsein und trug viel zur Befestigung meiner kindlichen Liebe bei.

      Ich war zuweilen heftig und leidenschaftlich; aber meine Begierden richteten sich nicht auf Kindereien, sondern äußerten sich in einem ungeheuren Lerneifer, der sich aber auch wieder nicht unterschiedslos auf alles erstreckte. Ich gestehe, daß ich weder der Struktur der Sprachen, noch gesetzlichen Vorschriften, noch der Politik Geschmack abgewinnen konnte. Es waren die Geheimnisse des Himmels und der Erde, die ich erforschen wollte; und ob ich mich nun gerade mit der äußeren Form der Dinge oder mit den Naturgesetzen oder mit der menschlichen Seele beschäftigte, immer war meine Sehnsucht auf die metaphysischen oder im höchsten Sinne physischen Geheimnisse der Welt gerichtet.

      Ich weile gern bei diesen Erinnerungen aus meiner Jugendzeit, weil damals das Unglück meinen Geist noch nicht getrübt hatte und die Visionen von Glanz und Berühmtheit noch nicht durch düstere Reflexionen über mich selbst gestört waren. Außerdem berichte ich, indem ich die Geschichte meiner Jugend erzähle, die Ereignisse, die unwiderstehlich, aber unmerkbar mich meinem späteren Schicksal entgegenführten; und wenn ich mir selbst Rechenschaft gebe, so erkenne ich, daß die Leidenschaft, die mich regierte, wie ein Gebirgsbach aus kleinen, verborgenen Quellen zusammensickerte. Aber dieser Bach wurde in seinem Weiterlauf zu dem verheerenden Strom, der all meine Hoffnungen, all meine Freuden begrub.

      Naturphilosophie war der Genius, der mein Schicksal leitete. Ich muß deshalb in meiner Erzählung die Tatsachen erwähnen, die diese Vorliebe in mir weckten. Als ich dreizehn Jahre alt war, machten wir alle einen Ausflug zu den Bädern in der Nähe von Thomon. Die Ungunst der Witterung zwang uns, einen Tag in der Wirtsstube zu verbringen. In dem Hause hatte ich zufällig einen Band der Werke des Cornelius Agrippa gefunden. Ich öffnete ihn aus Langweile; plötzlich aber, als ich mich in seine Lehren vertiefte, verwandelte sich diese Gleichgültigkeit in flammenden Enthusiasmus. Ein neues Licht schien vor meinem Geiste zu erstehen; hüpfend vor Freude eilte ich zu meinem Vater und ließ ihn das Buch sehen. Er sah nur flüchtig nach dem Titelblatte und sagte: »Ach, Cornelius Agrippa! Mein lieber Viktor, vertue deine Zeit nicht mit solchen Dingen; es ist trostloser Schund.«

      Wenn statt dessen mein Vater sich die Mühe genommen und mir gesagt hätte, daß die Studien des Agrippa schon längst veraltet und durch die moderne Wissenschaft überholt seien, die mit ganz anderen Mitteln arbeite als die frühere chimärische Halbwissenschaft, hätte ich wahrscheinlich den Agrippa in einen Winkel geworfen und mich wieder mit meiner angeregten Phantasie meinen normalen Studien zugewandt. Es ist gar nicht ausgeschlossen, daß meine Gedanken dann gar nicht die unglückselige Richtung genommen hätten, die zu meinem Untergange führen mußte. Aber da mein Vater das Buch nur mit einem flüchtigen Blick gestreift hatte, ehe er es mir zurückgab, vermutete ich, daß ihm der Inhalt wohlbekannt sei, und vertiefte mich nun erst recht in diese Lektüre.

      Als wir nach Hause zurückgekehrt waren, verschaffte ich mir sofort die sämtlichen Werke des Agrippa, danach die des Paracelsus und des Albertus Magnus. Ich las und studierte die wilden Phantasien dieser Schriftsteller mit Hochgenuß; es kam mir vor, als sammelte ich da Schätze, die außer mir nur wenige kannten. Ich habe Ihnen schon gesagt, mit welch heißem Bemühen ich in die Geheimnisse der Natur einzudringen versuchte. Trotz dieses Eifers und trotz aller herrlichen Entdeckungen der modernen Wissenschaft war ich von meinen Studien nie recht befriedigt gewesen. Hat doch auch Isaac Newton eingestanden, daß er sich vorkomme wie ein Kind, das am Strande des ewig unerforschlichen Ozeans der Wahrheit Kiesel aufliest. Und all die anderen Naturphilosophen, die ich nach und nach kennen lernte, erschienen mir wie Stümper, die sich dem gleichen nutzlosen Beginnen hingaben.

      Der ungebildete Landmann sieht die Dinge an, die um ihn sind, und gebraucht sie; aber auch der gelehrteste Philosoph ist nicht viel weiter. Er hat ja zum Teil das Antlitz der Natur entschleiert, aber ihre feinsten Regungen sind ihm immer noch ein Geheimnis, ein Wunder. Er kann sezieren, zerschneiden, Nomenklaturen erdenken, aber die nächsten Ursachen bleiben ihm unerkannt, geschweige denn die ersten Ursprünge.

      Aber hier waren Bücher und waren Männer, die tiefer

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