Der Mondstein. Уилки Коллинз

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Der Mondstein - Уилки Коллинз

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»Ja.«

      Die dritte und letzte Frage des Indiers war: »Wird der Fremde, wie er es versprochen hat, gegen Abend hierherkommen?«

      Der Junge antwortete: »Das kann ich nicht sagen.«

      Der Indier fragte: »Warum?«

      Der Junge entgegnete: »Ich bin erschöpft, es wird trübe und wirr in meinem Kopf. Ich kann heute nichts mehr sehen.«

      Damit war das Catechisiren zu Ende. Der Anführer sagte etwas auf indisch zu den beiden Andern, indem er bald auf den Knaben, bald nach der Stadt hin wies, wo sie, wie wir nachher erfuhren, Wohnung genommen hatten. Darauf machte er wieder Zeichen über dem Kopf des Kindes, hauchte seine Stirn an und brachte ihn so plötzlich wieder zu sich. Worauf sie sich Alle nach der Stadt zu auf den Weg machten und von dem Mädchen nicht weiter gesehen wurden.

      Die meisten Dinge, sagt man, tragen eine Moral in sich, wenn man nur genau zusteht. Was war die Moral von dieser Geschichte?

      Die Moral war nach meiner Meinung: erstens, daß der Anführer der Gauklerbande die Dienstboten vor dem Hause von der Ankunft des Herrn Franklin hatte reden hören und das für eine gute Gelegenheit hielt, ein bischen Geld zu machen. Zweitens, das er mit seinen Kameraden und dem Jungen zu obigem Zweck, bis sie Mylady nach Hause kommen sähen, um das Haus herumlungern und ihr dann Herrn Franklins Ankunft prophezeihen wollten. Drittens: daß Penelope einer Probe ihres Hokus Pokus, die sie wie Schauspieler vorher machten, beigewohnt habe. Viertens: daß ich gut thun werde, diesen Abend ein Auge auf das Silbergeschirr zu haben, und fünftens, daß Penelope gut thun werde, sich abzukühlen und ihren Vater in seinem Schläfchen in der lieben Sonne nicht weiter zu stören.

      Das schien mir eine verständige Auffassung der Sache, wer aber die Art und Weise junger Mädchen kennt, wird es nicht überraschend finden, daß Penelope für diese Auffassung nicht zugänglich war. Nach ihrer Meinung war die Moral der Sache eine viel ernstere. Die Ernsthaftigkeit meiner Tochter machte mich Verdrießlich.

      »Wozu in aller Welt braucht Herr Franklin von diesen Possen etwas zu wissen?« fragte ich sie.

      »Frag’ ihn selbst,« erwiderte Penelope »und sieh zu, ob er es auch für Possen hält.«

      Mit diesem Trumpf verließ meine Tochter mich. Als sie fort war, überlegte ich mir die Sache und kam zu dem Entschluß, Herrn Franklin die Sache wirklich mitzutheilen, hauptsächlich um Penelope zu beruhigen. Was zwischen ihm und mir darüber verhandelt wurde, als ich noch an demselben Tage spät ihm davon sprach, wird seiner Zeit ausführlich mitgetheilt werden. Da ich aber den Leser nicht zu spannen und später zu enttäuschen wünsche, so erlaube ich mir, bevor ich in meinem Bericht fortfahre, schon hier zu bemerken, daß man in unserer Unterhaltung über die Jongleurs nicht die Spur eines Scherzes finden wird.

      Zu meiner größten Ueberraschung nahm Herr Franklin, wie vordem Penelope, die Sache ernsthaft. Wie ernsthaft wird man ermessen, wenn ich erzähle, daß nach seiner Ansicht mit jenem geheimnisvollen »ihn« des Indiers der Mondstein gemeint gewesen sei.

      Viertes Capitel

      Es thut mir wirklich leid, den Leser bei mir und meinem Gartenstuhl aufhalten zu müssen. Ein alter Mann, der sein Schläfchen im Sonnenschein macht, ist kein interessanter Gegenstand, das weiß ich sehr gut; aber die Dinge müssen nun einmal niedergeschrieben werden, wie sie sich wirklich begeben haben und so muß ich den Leser bitten, sich’s noch eine Weile bei mir gefallen zu lassen, bis wir zu der später am Tage erfolgenden Ankunft des Herrn Franklin Blake gelangen.«

      Ehe ich noch Zeit gehabt, wieder einzuschlafen, nachdem meine Tochter Penelope mich wieder verlassen hatte, wurde ich durch ein Geklapper von Tellern und Schüsseln im Domestikenzimmer aufgerüttelt und das bedeutete, daß das Mittagessen fertig sei. Da ich meine Mahlzeiten in meinem eignen Wohnzimmer zu nehmen gewohnt war, so ging mich das Mittagessen der Leute nichts an und ich legte mich wieder in meinen Stuhl zurück, nachdem ich ihnen Allen guten Appetit gewünscht hatte. Eben hatte ich meine Beine wieder ausgestreckt, als ein anderes weibliches Wesen auf mich losstürzte, diesmal nicht meine Tochter, sondern nur das Küchenmädchen Nancy. Ich war ihr mit meinem Stuhl gerade im Wege, und als sie mich bat, ich möge sie vorbeilassen, fand ich daß sie mürrisch aussah, was ich nun einmal als Vorgesetzter der Domestiken aus Princip niemals ohne nachzuforschen vorübergehen lasse.

      »Na,« frage ich, »warum läufst denn Du vom Mittagessen fort? Was ist Dir widerfahren, Nancy?«

      Sie versuchte mir ohne Antwort zu entwischen, was ich verhinderte, indem ich aufstand und sie beim Ohr ergriff. Sie ist ein hübsches rundes Ding und das Zupfen am Ohr ist meine Gewohnheit, wenn ich den Mädchen mein Gefallen an ihnen bezeigen will.

      »Was ist Dir widerfahren?« fragte ich noch einmal.

      »Rosanna ist wieder nicht da zum Mittagessen,« antwortete sie, »und ich soll sie holen. Alle schwere Arbeit im Hause fällt mir zu. Lassen Sie mich in Ruhe, Herr Betteredge!«

      Die genannte Rosanna war unser zweites Hausmädchen. Da ich für dieses zweite Hausmädchen eine gewisse Sympathie empfand (warum, wird man gleich erfahren), und da ich aus Nancy’s Mienen die Besorgniß schöpfte, daß sie ihre Collegin mit härteren Worten, als gerade nothwendig, herbeiholen werde, fiel mir ein, daß ich nichts Besonderes zu thun habe und daß ich ja Rosanna selbst holen und sie dabei ermahnen könnte, in Zukunft pünktlich zu sein, was sie, wie ich gewiß wußte, gut aufnehmen würde.

      »Wo ist denn Rosanna?« fragte ich.

      »Natürlich am Strande« antwortete Nancy mit zurückgeworfenem Kopfe. »Sie ist heute Morgen wieder einmal in Ohnmacht gefallen und hat um die Erlaubniß gebeten, ein bischen frische Luft schöpfen zu dürfen. Ich habe keine Geduld mehr mit ihr.«

      »Geh Du nur zu Tisch, mein Kind Ich habe Geduld mit ihr, ich will sie selbst holen.«

      Nancy, die sich eines guten Appetits erfreute, lächelte beifällig; wenn sie beifällig lächelt, sieht sie sehr gut aus, und wenn sie gut aussieht, fasse ich sie unter’s Kinn, nicht aus Unsittlichkeit, sondern aus Gewohnheit.

      Ich nahm also meinen Stock und machte mich auf den Weg nachdem Strande.

      Aber nein! wir kommen immer noch nicht weiter, ich muß leider abermals innehalten; aber ich muß hier wahrhaftig erst die Geschichte des Strandes und die Geschichte Rosanna’s erzählen – denn beide stehen mit der Diamantenangelegenheit in naher Beziehung. Ich gebe mir die redlichste Mühe, meinen Bericht ohne Weitschweifigkeit abzufassen, und doch gelingt es mir so schlecht. Aber die Sache ist, daß Personen und Dinge auf so wunderliche Weise in unser Leben eingreifen und uns so, zu sagen zwingen, von ihnen Notiz zu nehmen. Aber wir wollen die Sache leicht nehmen und kurz machen. Nur noch eine kleine Geduld und wir sind mitten in unserer geheimnißvollen Geschichte.

      Rosanna, um die Person der Sache voranzustellen, was dem Gebot der einfachsten Höflichkeit gehorchen heißt, war die einzige neue Magd in unserm Hause. Ungefähr vier Monate vor der Zeit, über die ich berichte, war Mylady in London gewesen und hatte dort eine Besserungsanstalt besucht, die zu dem Zwecke errichtet war, um unglückliche Frauenzimmer, nachdem ihre Gefängnißstrafe abgesessen, vor dem Rückfall zu bewahren. Als die Hausmutter sah, daß die Anstalt Mylady interessire, machte sie sie auf ein Mädchen mit Namen Rosanna Spearman aufmerksam und erzählte ihr eine höchst klägliche Geschichte, die ich hier zu wiederholen nicht den Muth habe, denn ich mag weder mich noch meine Leser traurig stimmen. Das Kurze von der Sache war, daß Rosanna Spearman eine Diebin gewesen war, und da sie nicht zu denen gehörte, die in ganzen Gesellschaften Tausende anstatt eines Einzigen berauben, so verfiel sie dem Gesetz, und Gefängniß und Besserungshaus folgten dem Gesetz. Die Meinung der Hausmutter über Rosanna ging dahin, daß sie trotz ihres Vergehens ein seltenes Mädchen

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