Die Heirath im Omnibus. Уилки Коллинз
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Die Heirath im Omnibus - Уилки Коллинз страница 5
Er war in seinen Manieren und in seinem Aeußern uns völlig fremd geworden. Er trug einen stattlichen Schnurrbart, eine Menge Miniaturportraits in kleinen goldenen Medaillons an seiner Uhrkette, und das Bruststück seines Hemdes war ein wahres Wunderwerk von Spitzen und Battist.
Er brachte seine ausgewählten Liqueurflacons und Essenzen mit, ebenso wie seinen französischen Diener, einen frechen, naseweisen, unverschämten Burschen, und seine ganz aus französischen Novellen bestehende Reisebibliothek in einem Kästchen, welches er mit seinem goldenen Schlüsse! öffnete.
Des Morgens genoß er Nichts als Chokolade. Er hatte lange Conferenzen mit dem Koche und brachte in dem Dienste unseres Tisches eine förmliche Revolution hervor.
Sämmtliche Pariser Journale wurden ihm durch eine Londoner Agentur zugesendet Er warf alle Einrichtungen seines Schlafzimmers über den Haufen, und sein Kammerdiener hatte von allen unsern Leuten allein das Recht, es zu betreten. Die Familienportraits, welche an der Wand hingen, ließ er umdrehen und auf die Rückseite die Bildnisse französischer Schauspielerinnen und italienischer Sängerinnen kleben.
Auf seinen Befehl entfernte man einen allerliebsten kleinen Schrank von Ebenholz, der sich seit dreihundert Jahren in unserem Hause befunden, und setzte an die Stelle desselben eine Art kleinen cyprischen Tempel mit krystallenen Thoren, in welchem er Haarlocken, auf parfürmirtes Rosapapier geschriebene Briefchen und andere Liebespfänder und sentimentale Reliquien verschloß.
Sein Einfluß machte sich in unserm Hause überall fühlbar. Er schien eine ähnliche Metamorphose herbeizuführen, wie die, welche aus ihm anstatt eines sorglosen, lärmenden jungen Engländers ein Musterbild fremdländischen Stutzerthums gemacht hatte. Es war, als wenn die überreizende und mit warmen Dünsten der Boulevards von Paris gesättigte Atmosphäre frecher Weise in das alte englische Familienhaus eingedrungen wäre und die heimische reine und ruhige Luft mit Gewalt in die abgelegensten Winkel zurückgedrängt und inficirt hätte.
Diese Aenderung der Gewohnheiten und Manieren meines Bruders schien meinen Vater noch mehr zu erbittern als sie ihm mißfiel. Ralph entsprach jetzt weniger als jemals der Idee, die mein Vater sich von einem ältesten Sohne gemacht.
Was unsere Freunde und Landnachbarn betraf, so war seit Ralphs Rückkehr noch keine Woche vergangen, als sie ihn auch schon herzlich verabscheuten und fürchteten. Er hörte ihre Conversationen mit spöttischer Geduld an, besaß eine ironisch ehrerbietige Art und Weise, ihre guten, alten, eingewurzelten Ansichten und Meinungen zu Nichte zu machen und ihre unschuldigsten Schnitzer hervorzuheben, was sie, trotz aller Schonung heimlich erbitterte. Noch schlimmer ward die Sache, als mein Vater, der nun keinen Ausweg mehr wußte, versuchte, ihn zum Heirathen zu bewegen, um vielleicht aus diesem Wege seine Besserung herbeizuführen, weßhalb er die Hälfte der jungen heirathsfähigen Damen unserer Bekanntschaft zu uns einlud.
Daheim hatte Ralph niemals großen Gefallen an einer ausgewählten Gesellschaft von Damen verrathen. Außer dem Hause hatte er sich so ausschließlich als er konnte mit, gelind gesagt, zweideutigen Frauen umgeben, abgesehen von denen, welche der tiefsten Sprosse der socialen Stufenleiter angehörten.
Die jungen englischen Schönheiten mit ihrer vornehmen Geburt, ihrer raffinirten Eleganz, ihrer vollendeten Erziehung und Bildung, hatten keinen Reiz für ihn.
Er erfaßte augenblicklich die Fäden des häuslichen Complotts, dem er zum Opfer fallen sollte.
Oft kam er in der Nacht in mein Schlafzimmer, stieß verächtlich meine Kleider und Toilettengegenstände, die sehr einfach waren, mit dem Fuße hinweg, spottete nach seiner frühern Gewohnheit über meine friedlichen Manieren und mein monotones Leben und ließ dabei alle Arten von Epigrammen und Sarkasmen in Bezug auf die jungen Damen unterlaufen, die wir in unserm Hause empfingen.
Nach seinem Urtheile waren ihre Manieren abscheulich, steif und maschinenartig; ihre Unschuld war weiter Nichts als eine ihnen anerzogene Heuchelei; die Frische der Gesichtsfarbe, eben so wie die Regelmäßigkeit der Züge, war an und für sich allerdings etwas sehr Gutes; wenn aber ein junges Mädchen nicht zu gehen weiß, wie es sein soll, wenn ihre Hand kalt ist, wenn sie schöne Augen hat, ohne einen herausfordernden Gebrauch davon zu machen zu wissen, wenn das galante Kauderwelsch der Opernlogen sie verletzt oder erröthen macht, dann kann man diese Frische des Teints und diese Regelmäßigkeit der Züge wieder in die Kinderstube zurückschicken, woher sie gekommen sind. Was ihn betraf, so sehnte er sich nach der Conversation seiner geistreichen polnischen Gräfin und hätte gern wieder mit seinen geliebten Grisetten soupirt.
Die Nutzlosigkeit des letzten Versuchs meines Vaters in Bezug auf Ralph, ward sehr bald offenkundig. Die besorgten und erfahrenen Mütter begannen zu argwohnen, daß die Art und Weise, auf welche mein Bruder sich gegen junge Damen benahm, gefährlich, und daß seine Manier zu walzen unanständig sei. Zwei oder drei noch ängstlichere Väter beeilten sich, verletzt durch die Ungenirtheit seines Benehmens und die Lockerheit seiner Grundsätze, ihre Töchter seiner verderblichen Nähe zu entziehen, indem sie die Besuche abkürzten.
Die andern hatten gar nicht nöthig, erst zu diesem äußersten Entschlusses zu kommen. Mein Vater entdeckte nämlich auf einmal, daß Ralph einer jungen Frau, die auf einige Zeit zum Besuche bei uns war, Aufmerksamkeiten erzeigte, die viel zu auffällig und bedeutsam waren.
Noch an demselben Tage, wo er diese Entdeckung machte, hatte er mit meinem Bruder eine lange Unterredung unter vier Augen. Was dabei zwischen ihnen gesprochen ward, weiß ich nicht, aber es mußte etwas sehr Ernstes gewesen sein. Ralph trat sehr bleich und sehr schweigsam wieder aus dem Kabinett meines Vaters heraus und gab Befehl sofort seine Koffer zu packen. Am nächsten Morgen reiste er mit seinem französischen Diener und seinen französischen Siebensachen wieder nach dem Continete ab.
Abermals verging einige Zeit und Ralph machte uns einen zweiten, ebenfalls kurzen Besuch. Er war ganz derselbe geblieben. Mein Vater empfand diese neue Täuschung schmerzlich. Sein Temperament ward zurückhaltenden mürrischer und empfindlicher als es jemals gewesen. Ich erwähne diese in seinem Charakter geschehene Veränderung absichtlich, weil sie schon kurze Zeit nachher eine verderbliche Wirkung auf mich äußern sollte.
Bei diesem zweiten Besuche brach die Uneinigkeit zwischen Vater und Sohn ebenso wieder aus wie bei dem ersten, und Ralph verließ England so ziemlich wieder unter denselben Umständen, wie er schon ein Mal abgereist war.
Kurze Zeit nach dieser Trennung erfuhren wir, daß er seine Lebensweise geändert hatte. Er hatte, um sich wie man zu sagen pflegt, zu »rangiren,« ein Verhältniß mit einer Dame angeknüpft, welche älter war als er und, als er sie kennen lernte, getrennt von ihrem Gatten lebte.
Der Ehrgeiz dieser Dame bestand darin, sowohl die Minerva als auch die Venus meines Bruders, sein Mentor und seine Geliebte zu gleicher seits zu sein, und bald bewies sie, daß es ihr nicht an den nöthigen Eigenschaften fehlte, um dieses Unternehmen durchzuführen.
Ralph überraschte Alle, die ihn kannten, dadurch, daß er anfing, ökonomischen Geschmacksrichtungen zu huldigen. Es dauerte nicht lange; so gab er seinen Posten bei der Gesandtschaft auf, um die Verführung von sich fern zu halten.
Später kehrte er nach England zurück.
Er widmet sich dem Studium der, Kunst des Violinspiels und sammelt Tabaksdosen. Gegenwärtig lebt er ruhig in einer Vorstadt London’s, immer noch unter der Aufsicht der entschlossenen Frau, welche zuerst sich die sehr christliche Aufgabe gestellt hat, seine Besserung zu beginnen.
Es kommt mir wenig darauf an, zu wissen, ob er jemals ein Landedelmann mit noblen und erhabenen Grundsätzen werden wird, so wie mein Vater ihn zu sehen gewünscht. Vielleicht werde ich niemals wieder meinen Fuß auf den Boden setzen, den er erben soll. Die Zimmer jenes Hauses, in welchem