Die Heirath im Omnibus. Уилки Коллинз

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Die Heirath im Omnibus - Уилки Коллинз

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es sei nun genug über meinen ältesten Bruder.

      Man gestatte mir, jetzt eine noch empfindlichere Saite meines Herzens zu berühren. Ich will von meiner theuersten Neigung sprechen, der letztem deren ich mich entsinnen kann und die mir in meiner Einsamkeit und Verbannung kostbarer ist als alle Schätze.

      Meine Schwester! Wohl mag ich zögern, ehe ich Deinen geliebten Namen in einer Erzählung figuriren lasse, wie die ist, welche ich hier begonnen. Einige Blätter weiter werden die schwarzen Schatten des Verbrechens und des Schmerzes mich gefangen nehmen; hier aber strahlen die Erinnerungen, die ich an Dich bewahrt, vor meinen Augen wie ein reines, doppelt reines Licht, weil es im Gegensatze zu der verhängnißvollen Finsterniß steht, die darauf folgen wird!

      Möchte Deine sanfte Hand die erste sein, welche diese Blätter umwendet, wenn die meinige kalt sein wird!

      Bis jetzt, Clara, hat jedes Mal,«wo ich in meiner Erzählung die leiseste Erwähnung meiner Schwester zu machen gehabt habe, meine Feder gezittert und sich geweigert, Deinen Namen zu schreiben.

      An dieser Stelle, wo alle meine Erinnerungen sich in Masse in meinem Gedächtnisse drängen, treten mir die Thränen in die Augen, ich habe nicht die Kraft, sie zurückzuhalten, und zum ersten Male, seitdem ich meine Aufgabe begonnen habe, werden Muth und Ruhe mir untreu.

      Vergebens möchte ich meiner Gemüthsbewegung widerstehen. Meine Hand zittert und meine Augen verdunkeln sich immer mehr. Es ist genug für heute.

      Ich will ausgehen und auf den Hügeln, von welchen man die Aussicht auf den Ocean hat, Kraft und Entschlossenheit für morgen sammeln.

      Fünftes Kapitel

      Meine Schwester Clara ist vier Jahre jünger als ich. In der Form des Gesichts, in dem Teint und in dem Gesamtausdrucke der Physiognomie, mit Ausnahme der Augen, hat sie eine auffallende Aehnlichkeit mit meinem Vater.

      Und dennoch muß sie meiner Mutter nachgeartet sein, besonders was den Ausdruck des Gesichts betrifft. Jedes Mal, wenn ich sie in ihren Augenblicken des Schweigens oder des Träumens betrachtet, habe ich in mir die unklaren Erinnerungen aus meiner Kindheit, die mir unsere verstorbene Mutter zurückriefen, wieder erwachen und sich sogar vervielfältigen gefühlt.

      Ihre Augen haben in ihrer Zartheit jenen leichten Anflug von Melancholie und jene den blauen Augen eigenthümliche Sanftheit, wenn der Augenstern unbeweglich bleibt.

      Ihr Teint, der bleich ist wie der meines Vaters, wenn sie nicht spricht und sich nicht bewegt, hat einen noch größeren Hang als der seine, lebhaft roth zu werden, nicht bloß, wenn sie in Aufregung geräth, sondern auch wenn sie geht und von einem Gegenstande spricht, der sie interessirt.

      Ohne diese Eigenthümlichkeit wäre ihre Blässe ein Fehler – diese matte Blässe der Gesichtsfarbe, denn die Röthe, von welcher ich eben gesprochen, ist bei ihr« außerordentlich rasch vorübergehend – und würde in den Augen gewisser Leute ihr jeden Anspruch auf Schönheit rauben.

      Und vielleicht ist sie auch wirklich nicht eine Schönheit in der gewöhnlichen Bedeutung des Wortes.

      Der untere Theil ihres Gesichts ist entschieden zu klein. Ihre Züge sind überhaupt zu niedlich und die außerordentliche Empfindsamkeit ihrer nervösen Organisation ist in ihren Gebärden und in ihren Blicken fortwährend sichtbar. In einer Opernloge sitzend würde sie keine auffallende Bewunderung oder Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Nur wenig Männer würden, wenn sie ihr auf der Straße begegneten, sich umdrehen, um ihr nachzusehen, und nur wenig Frauen würden sie zum Gegenstande einer jener unerbittlichen Analysen machen, welchen eine auffallende Schönheit so oft in Gegenwart von Personen ihres Geschlechts unterzogen wird, die den Vergleich mit ihr nicht auszuhalten vermögen.

      Die größten Reize meiner Schwester strahlen so zu sagen von innen auf die Oberfläche heraus.

      Sobald Du, lieber Leser, sie aber einmal wirklich kennst, sobald sie einmal ohne Rückhalt und wie mit einem Freunde mit Dir gesprochen hat, üben ihre Stimme, ihr Lächeln, ihre Manieren einen unaussprechlichen Eindruck auf Dich aus. Ihre geringfügigsten Worte, ihre unbedeutendsten Gebärden interessiren Dich, entzücken Dich und Du weißt nicht weßhalb. Ihre Schönheit offenbart sich Dir durch die Anmuth und Einfachheit ihrer Gebärden, ihrer Worte, durch die ausgesuchte und – was mehr als Alles ist – die angeborene Güte ihres Herzens. Sobald Du diesen Einfluß ein Mal gefühlt hast, durchdringt er Dich troß aller Gegenwirkungen immer mehr und mehr. Du denkst an sie, Du wünschest sie zu sehen und würdest deshalb die Gesellschaft der brillantesten Frauen und der Schönheiten verlassen, deren Ruf in dieser Beziehung unzweifelhaft feststeht. Du entsinnst Dich einiger rührender Worte, die sie gesprochen und die so wonnig anzuhören waren, während Du die pikanten Bemerkungen der geistreichsten Frauen und die Conversation der gebildetsten vergisst.

      Dieser Einfluß, den meine Schwester, und zwar ohne daß sie es wußte, auf alle Personen, mit welchen sie in Berührung kam, und besonders auf die Männer ausübte, läßt sich, glaube ich, mit Hilfe einiger Bemerkungen sehr einfach definiren.

      Wir leben in einer Zeit, wo nur viele Frauen darnach trachten, sich moralisch ihres Geschlechts zu entkleiden, so sehr lassen sie sich angelegen sein, die Sprache und Manieren der Männer nachzuahmen, und dies vorzugsweise, um sich den erbärmlichen Forderungen des sogenannten guten Tones anzubequemen, welcher darauf abzweckt, jeden freien Aufschwung des Herzens zu hemmen, die mindesten Zeichen von Enthusiasmus zu verbannen und mit Einem Worte die fashionable Gelassenheit der Intelligenz in der fashionablen Unbeweglichkeit des Gesichts widerzuspiegeln.

      Die Schülerinnen dieser ausschließlich modernen Theorie machen in ihrer Conversation gern von verschiedenem Kauderwälsch Gebrauch. Man findet in ihren Manieren nachgeahmte männliche Brüskerie; sie maßen sich an, über Alles zu urtheilen, und suchen Alles, was in das umfassende Gebiet des Gefühls gehört, lächerlich zu machen. Nichts macht Eindruck auf sie, Nichts unterhält sie, und Nichts erfüllt sie mit naivem, natürlichem weiblichem Enthusiasmus. Zeigen sie ja ein Mal Sympathie, so geben sie ihr einen sarkastischen Ausdruck. Die Liebe, wenn sie jemals dieses Gefühl empfinden, scheint für sie eine Sache der Berechnung, wo nicht ein Spiel oder verächtliches Mitleid zu sein.

      Dies nennen sie mit den Männern wetteifern, um den socialen Vorrang zu erringen, um die Emancipation des Geistes herbeizuführen und auf siegreiche Weise allen zwischen den Geschlechtern herkömmlichen moralischen und intellectuellen Unterschieden Trotz zu bieten.

      Meine Schwester Clara mußte, wie man sich leicht denken wird, einen auffallenden Gegensatz zu Frauen darbieten, welche ihre Manieren und Ansichten nach solchen Ideen regeln. Eben in diesem Contraste liegt das Geheimniß ihres Einflusses Er erklärt jenen freiwilligen Tribut von Liebe und Bewunderung, der ihr auf allen Schritten folgt.

      Es giebt wenig Männer, welche nicht ihre geheimen Augenblicke von innerer Sammlung und Bewegung hätten – Augenblicke, wo sich ihnen das Bild eines frischen, unschuldigem aufrichtigen und sanften weiblichen Wesens zeigt, eines Wesens, welches noch für edelmüthige Regungen empfänglich ist, dessen liebendes Herz sich durch seine Gedanken und Thaten verräth, eines Wesens, dem wir unser ganzes Vertrauen schenken würden, als ob wir noch Kinder wären, und welches wir mit Bedauern den schädlichen Einflüssen der Welt Preis gegeben sehen; welches wir nicht in einem Strudel, sondern lieber in der Einsamkeit, mitten unter den Wäldern, Fluren und Thälern sehen möchten,,um es hier verborgen zu halten und die unklaren, verworrenen Wünsche unsers Herzens zu befriedigen.

      So war es mit meiner Schwester.

      Ueberall, wohin sie kam, verdunkelte sie, ohne daß sie zu glänzen gesucht hätte und ohne irgend ehrgeizige Ansprüche zur Schau zu tragen, die Frauen, die ihr an Schönheit und Salonton überlegen waren. Andere glänzten mehr als sie durch ihre Manieren und ihre Conversation ihr einziges

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