Die Heirath im Omnibus. Уилки Коллинз
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Читать онлайн книгу Die Heirath im Omnibus - Уилки Коллинз страница 10
Dies waren die Fragen, welche ich damals nicht beantworten konnte, denn ich fühlte, daß meine Ideen verworren und meine Geisteskräfte in ihrer Ausübung gestört waren. Ich begann weiter zu gehen und träumte am hellen Tage, denn ich hatte keine deutliche Wahrnehmung außer der Erinnerung an die schöne Unbekannte.
Je mehr ich mich bemühen, zu überlegen, jene Gleichheit des Temperaments, jene Freiheit des Geistes wiederzugewinnen, die ich besaß, als ich an diesem Morgen unser Haus verlassen, desto weniger erlangte ich meine Selbstbeherrschung wieder.
Es giebt zwei Umstände, in welchen der klügste und weiseste Mann sich von seinen ersten Regungen hinreißen läßt, ehe er überlegt.
Der eine dieser Umstände ist, wenn er sich zum ersten Male von einem Weibe beherrscht fühlt, und der andere, wenn zum ersten Male ein Weib ihn beleidigt hat.
Ich weiß nicht, seit wie lange ich in dem Park umher spazierte und meinen Träumen nachhing, als es endlich auf der Uhr einer benachbarten Kirche Drei schlug.
Nun fiel mir ein, daß ich meiner Schwester versprochen hatte, sie um zwei Uhr zu unserem Spazierritte abzuholen; ich brauchte aber wenigstens eine halbe Stunde, um unser Haus zu erreichen.
Zum ersten Male war ich einem meiner Schwester gegebenen Versprechen untreu geworden.
Die Liebe hatte mich noch nicht egoistisch gemacht, wie sie mehr oder weniger mit allen Männern und Frauen thut. Aergerlich über die Nachlässigkeit, deren ich mich so nach schuldig gemacht, beschleunigte ich doch meinen Schritt. Der Groom führte mißlaunig und mürrisch mein Pferd noch vor dem Hause hin und her. Clara’s Pferd war wieder in den Stall zurückgeführt worden.
Ich trat in das Haus und erfuhr, daß Clara, nachdem sie eine Stunde auf mich gewartet, mit einer Freundin ausgegangen sei und erst zur Stunde des Diners zurückkehren werde.
Es war kein Mensch weiter im Hause als die Dienerin. Alles erschien mir öde, leer und abschreckend. Das ferne Rollen der Wagen in den benachbarten Straßen schlug düster und unheimlich an mein Ohr. Ich fuhr zusammen und ward ärgerlich über eine Thür, die in den Dienerstuben unter mir mehrmals nach einander geöffnet und wieder zugeschlagen ward.
Niemals war mir die Luft von London so schwer zu athmen erschienen als an diesem Tage.
Krampfhaft aufgeregt ging ich im Zimmer auf und ab.
Ein Mal lenkte ich meine Schritte nach meinem Arbeitscabinet, kehrte aber wieder um, noch ehe ich es betreten hatte.
An Lesen oder Schreiben war für den Augenblick nicht zu denken. Der Wunsch, nach Hollyoak Square zurückzukehren, erwachte jede Minute mit neuer Kraft in mir. Warum? Ich wollte versuchen, die junge Dame wiederzusehen oder wenigstens zu erfahren, wer sie wäre. Ich kämpfte – ja ich gestehe es offen und redlich – ich kämpfte gegen diesen Wunsch.
Ich versuchte, mich selbst zu verhöhnen, mich einfältig und lächerlich zu finden. Dann bemühte ich mich, an meine Schwester zu denken, an das Buch, welches ich schrieb – mit Einem Worte, an alles Andere, nur nicht an meine Begegnung von diesem Nachmittage.«
Je mehr ich aber diese Erinnerung entfernen wollte, desto mehr beherrschte sie mich und verknüpfte alle meine anderen Ideen. Die Sirene lockte mich; jeder Kampf war vergeblich.
Ich verließ das Haus, indem ich mich heuchlerischer Weise selbst überredete, ich wolle bloß eine phantastische Neugier befriedigen, einen launenhaften Wunsch, den Namen der jungen Dame zu erfahren, und daß ich sodann, anstatt mir den« Kopf zu zerbrechen, wie ich seit einigen Stunden that, über meinen Leichtsinn und diese frivole Idee lachend wieder nach Hause zurückkommen würde.
Ich kam vor dem Hause wieder an. Die Marquisen waren der großen Hitze wegen vor allen Fenstern der Facade herabgelassen. Der erst halb angelegte Garten war enge und die Sonne versengte ihn.
Auf dem Square herrschte dieselbe Einsamkeit, aber jene schwere, lastende Einsamkeit, wie man sie nur aus dem Square oder freien Platze einer Vorstadt findet.
Ich ging den Platz hinauf und hinab und fühlte mich entschlossen, ihn nicht zu verlassen, bevor ich ihren Namen erfahren hatte.
Während ich mir den Kopf– zersann, um ein Mittel zur Befriedigung dieses Wunsches zu finden, bewog ein gellender Pfiff, der in dem Schweigen dieser Umgegend doppelt hell klang, mich, die Augen aufzuheben.
Ein Laufbursche, eine jener Verkörperungen der frühreifen Schlauheit, der eingefleischten Unverschämtheit und witzigen Frechheit, welche nur in großen Städten heranwachsen können, kam mit einem leeren Korbe am Arme auf mich zu.
Ich sagte ihm, er solle sich nähern und mit mir sprechen. Augenscheinlich war er aus der Nachbarschaft und konnte mir vielleicht von Nutzen sein.
Seine ersten Antworten, die er in ziemlich schleppendem, zögerndem Tone gab, unterrichteten mich, daß sein Herr einer der Lieferanten für die »Nordvilla« war.
Jetzt gab ihm nun einen Schilling, um ihn zu bestimmen, auf die wichtigeren Fragen zu antworten, die ich ihm zu stellen hatte.
Er sagte mir, der Herr des Hauses heiße Sherwin und die Familie bestünde bloß aus Mr. und Mistreß Sherwin und dem jungen Fräulein, ihrer Tochter.
Zuletzt verlangte ich von diesem Burschen Auskunft über Das, was ich vor allen Dingen zu erfahren wünschte, und fragte ihn daher, ob er wisse, welchem Stande oder welcher gesellschaftlichen Stellung Mr. Sherwin angehöre.
Seine Antwort verschloß mir den Mund und die Lust zu weiteren Fragen verging mir! Mr. Sherwin hatte ein großes Modewaarengewölbe in – street! Der Bursche nannte mir die Nummer ebenso wie die Seite der Straße, wo dieses Gewölbe sich befand.
Dann fragte er mich, ob dies Alles wäre, was ich wissen wolle.
Ich besaß nicht mehr Kraft genug, auch nur vier Worte zu sprechen. Ich gab ihm bloß durch einen Wink zu verstehen, daß er gehen könne und daß er mir genug gesagt habe.
Genug? Wenn er mich nicht belogen hatte so war es mehr als zu viel– ein Modewaarengewölbe – die Tochter eines Modewaarenhändlers! War ich noch verliebt? Ich dachte an meinen Vater, an den Namen, den ich trug, und dies Mal, obschon ich die Frage hätte beantworten können, wagte ich es doch nicht.
Wenn aber dieser Bursche sich geirrt hatte? Ich beschloß, die mir von ihm gegebene Adresse aufzusuchen und mich durch mich selbst von der Wahrheit zu überzeugen. Als ich an dem bezeichneten Orte angelangt war, sah ich richtig das Kaufgewölbe Der Name Sherwin stand über der Thür Es blieb mir nun nur noch eine Möglichkeit Dieser Sherwin und der Sherwin von Hollyoak Square konnten ganz verschiedene Individuen sein.
Ich trat in das Modewaarenmagazin, um Etwas zu kaufen. Während der Commis, an welchen ich mich wendete, seine Waaren vor mir ausbreitete, fragte ich ihn, ob sein Principal in Hollhoak Square wohne.
Er schien über diese Frage ein wenig zu erstaunen, dann antwortete er mir bejahend.
»Ich kannte früher einen Mr. Sherwin,« sagte ich und schmiedete mit diesen Worten die ersten Glieder einer langen Kette von Lügen, die mich später knechten und herabwürdigen sollten; »einen Mr. Sherwin, der gegenwärtig, wie ich gehört habe, in der Umgegend von Hollyoak Sauare wohnen soll. Er war unverheirathet und ich weiß nicht, ob mein Freund und Ihr Principal eine und dieselbe Person sind« –
»Das ist wohl nicht möglich, Sir. Unser Pricipal ist »verheirathet und hat